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Lady Punk - Roman

Lady Punk - Roman

Titel: Lady Punk - Roman
Autoren: Beltz & Gelberg
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Fenster gemalt hast.«
    Josef machte eine kleine Bewegung nach rechts. Mit der ausgestreckten Hand zeigte er in die Straße hinein, die direkt neben dem Imbisswagen vom Kudamm abführte. Terry ging ein paar Schritte, um besser sehen zu können. »Komm«, rief sie Josef zu. »Das Haus dort meine ich.«
    Aber es hatte wenig Zweck, das Haus Josef zu zeigen. Er wusste wohl genau, wovon sie gesprochen hatte. Es hatte keinen Zweck, sich zu erinnern, denn das Haus gab es nicht mehr. Sie hatten es inzwischen abgebrochen. Der letzte Rest einer fensterlosen Mauer stand noch da. Direkt davor ein Kran, der eine am Ausleger befestigte Eisenkugel ständig und rhythmisch gegen den Mauerrest schleuderte.
    Terry verstand Josef. Sie wusste nicht, wie sie ihn trösten könnte. Aus ihrer Hosentasche holte sie eine Mark und legte sie Josef auf die Hand. Er schloss die Hand um die Münze herum zur Faust und ging schnell zum Imbissstand. Er zeigte auf die Tafel mit den verschiedenen Eissorten, aber der Imbissmann hatte sich schon über die Kühltruhe gebeugt. Als er sich wieder aufrichtete, hatte er ein Dolomiti in der Hand. Er nahm zuerst das Geldstück aus Josefs hoch erhobener Hand, dann reichte er ihm das Eis hinunter. Josef begann sofort, die Verpackung vom Eis zu lösen. Der Imbissmann schaute auf Terry, zwinkerte ihr zu und machte mit der Hand eine kreisende Bewegung vor seiner Stirn.
    Terry hasste den Imbissmann. Sie ging zu Josef und klopfte ihm mit der Hand leicht auf die Schulter. »Tschau«, sagte sie, denn sie wusste nicht, was sie sonst sagen sollte zu jemandem, der das Reden aufgegeben hatte.
    Sie sah auf Josef, den Maler, herab und wusste plötzlich, dass sie auf der Sonnenseite des Lebens stand. Josef hatte es nicht geschafft. Er hatte aufgegeben wie der verrückte Herbert, der einfach nicht mehr wollte. Oder es ging alles um Terry herum in die Brüche. Vielleicht hatte der Imbissmann Recht. Die Welt wurde verrückt, nur sie hatte es im letzten Moment geschafft und aus ihrer Stärke heraus vergab sie auch dem Imbissmann seine Handbewegung.
    Josef biss in sein Eis. Terry hoffte, dass es ihn irgendwie glücklich machte. Als sie ging, hatte sie ein schlechtes Gefühl bei dem Gedanken, dass er den ganzen Herbst und Winter hindurch Dolomiti essen würde, und als sie in den Bus stieg, der sie bis Tiergarten bringen würde, dachte sie, dass es doch was anderes geben müsste, das Josef, der Maler, brauchte und das ihn dahin bringen müsste, dass er es auch schaffte. Ihr fiel es nicht ein, die ganze Busfahrt lang nicht. Erst zu Hause, als sie die große Eingangstür öffnete und in die leere Empfangshalle trat, wusste sie, was Josef, der Maler, brauchte, Papier und Bleistift, und sie würde es morgen besorgen und ihm bringen und ihn auch auf die Sonnenseite des Lebens ziehen.
    Zu Hause hielt Terry es nicht durch. Sie ging in ihr Zimmer und öffnete den Briefumschlag mit einem Bleistift. Sie wollte den Umschlag möglichst unverletzt halten.
    Drei Briefbogen aus einer Art Pergamentpapier, die ebenso großflächig beschrieben waren wie der Umschlag, entnahm Terry. Mitten zwischen den gefalteten Seiten befand sich auch ein Foto. Es waren eine Menge Leute darauf zu sehen, nur C. W. Burger nicht, und Terry legte es schnell und uninteressiert zur Seite.
    Sie las den Brief, so gut es ging, hatte den Eindruck, dass auf diesen drei Bogen viel weniger draufstand, als je ein Mensch annehmen konnte, und glaubte zunächst, überhaupt den falschen Brief bekommen zu haben.
    Sie begann von vorn, übersetzte ihn sich aus dem Englischen, Stück für Stück, um ihn zu begreifen, aber viel mehr als beim ersten Überfliegen kam auch nicht heraus.
    Liebe Terry , stand da, also musste es schon der richtige Brief sein, einer, der sie erreichen sollte, den sie aber nicht erwartet hatte. Liebe Terry, dein recht ulkiger Brief war eine große Überraschung für mich. Your very funny letter . Wie geht es dir? Auf dem beiliegenden Foto siehst du mich und meine Familie. Wir sind alle sehr glücklich, wie du sehen kannst. Ich bin der große Kerl in der Mitte des Bildes. That big chap. Du bist sicher auch schon ein großes Mädchen. Vielleicht besuchst du uns mal, wenn du in den USA sein solltest. Die Familie würde sich freuen. Leider hat das mit deiner Mutter und mir damals nicht geklappt. Mach dir nichts draus. Never mind . Schreibe, wenn du Lust hast, bald wieder. If you feel like it . Es grüßt dich die ganze Familie C. W. Burger.
    Das war alles und es war
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