Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lady Punk - Roman

Lady Punk - Roman

Titel: Lady Punk - Roman
Autoren: Beltz & Gelberg
Vom Netzwerk:
wie ich dachte. Er ist irgendwie widerlich und dazu noch mein Vater und diesen C. W. Burger hat’s nie gegeben.«
    Terry merkte, wie sie sich wiederholte, und sie hätte das auch noch stundenlang weitertun können. Aber wie sie die Sache auch sah, von links oder von rechts, es kam immer auf dasselbe heraus.
    Lieschen setzte sich jetzt auf diesen unbequemen, aber herrlich wienerisch aussehenden Schaukelstuhl, über den sie sich doch jedes Mal, wenn sie darin gesessen hatte, wieder beschweren musste. Sie räusperte sich einige Male. Schließlich sagte sie: »Den hat’s schon gegeben.«
    Terry dachte schon, dass Lieschen aufgehört hatte zu reden, sie schwieg ziemlich lange, aber es war doch nur eine Pause, in der sie sich vielleicht zurückerinnern musste.
    »Ich wollte eigentlich nie darüber reden«, sagte Lieschen. »Schon gar nicht zu dir.«
    »Wie war er denn?«, fragte Terry.
    »Eigentlich war er ein netter Kerl«, sagte Lieschen. »Ja, wirklich. Er war sehr nett. Ich hatte zuerst was gegen ihn. Ich wusste, dass es schief gehen würde. Er war Amerikaner, das erstens, und zweitens kannte ich deine Mutter. Sie wollte ihn haben, das war alles, sie wollte ihn partout haben.«
    »Warum ist es dann schief gegangen?«, fragte Terry.
    »Ich wusste, dass es schief gehen würde«, sagte Lieschen. »Ich hatte geredet und geredet. Vorher. Was aber nichts nutzte. Bei deiner Mutter nutzt gar nichts. Die macht, was sie will, und damals wollte sie ihn.«
    »Und dann?«, fragte Terry.
    »Sie waren zu unterschiedlich«, sagte Lieschen. »Er war ganz nett. Mittelmäßig, aber nett. Er war hier bei einer amerikanischen Gesellschaft beschäftigt. Er sah gut aus, war sportlich. Deine Mutter wollte ihn einfach haben. Sie ging nur nach dem Äußeren.«
    »Aber nett war er?«, fragte Terry.
    »Er war zu allen nett und anfangs auch zu deiner Mutter. Aber du weißt, wie sie ist. Sie will immer anders als die anderen. Wollte er hierhin, wollte sie dorthin, sagte er dies, sagte sie das. Es ging auf die Dauer nicht gut.«
    »Wieso hat er sie geheiratet?«, fragte Terry.
    »Sie sah auch gut aus. Sie hat, glaube ich, mit ihm gespielt. Ja, es war wie ein Spiel. Sie waren zuerst wie verrückt aufeinander. Am Schluss haben sie sich geprügelt wie die Kinder. Ich wusste, dass es nicht gut gehen würde.«
    »Und er ist so einfach gegangen?«
    »Nicht so einfach. Sie wollte nicht, wie er wollte, und umgekehrt. Sie machte, was sie wollte, und er ließ sich nicht alles gefallen. Dann schlug er zu. Er war schwach und mittelmäßig. Er wurde nicht mit ihr fertig. Dann erst recht nicht. Schließlich konnten sie sich nicht mehr ansehen. Dann haben sie Schluss gemacht. Ich wollte das alles vergessen.«
    »Und ich?«, fragte Terry. »Was war mit mir?«
    »Sie wollten gleich Kinder. Sie waren so verrückt aufeinander. Sie wollten fünf Kinder. Aber deine Mutter hätte gar keins haben sollen. Sie ist gar nicht dafür geeignet.«
    »Und er?«
    »Er hat sich um dich gekümmert, wie er eben dachte, dass es richtig war. Aber es war alles falsch. Zuerst war sie eifersüchtig und dann wollte sie einfach die ganze Geschichte vergessen. Nach der Scheidung. Aber du hast sie ständig daran erinnert. Weil du anders bist als sie. Das heißt, manchmal bist du wie sie und manchmal bist du anders. Sie kann alles nicht ausstehen, das eine nicht und das andere auch nicht.«
    »Ich kann das auch alles nicht ausstehen. Sie konnte ich noch nie leiden und ihn jetzt auch nicht.«
    »Wahrscheinlich ist er so nett geblieben. Wahrscheinlich hat er seinen Traum erfüllt, eine nette Familie und viele Kinder. Wahrscheinlich ist er glücklich.«
    »Wahrscheinlich«, sagte Terry. »Aber ich? Was habe ich davon?«
    »Ich weiß nicht«, sagte Lieschen. »Dich selber. Du musst dich selber mögen. Ich dachte, du kannst das. Ich dachte, du brauchst keinen anderen.«
    Dann stand Lieschen auf. Sie hielt die Hand an ihren Rücken. »Dieser Stuhl ist unmöglich«, sagte sie. »Er sieht gut aus, aber er taugt nichts. Erinnere mich daran, ich darf mich nicht mehr auf ihn setzen.«
    Terry setzte sich auch auf. Ihr Gesicht spannte, als ob die Haut darauf knapp würde. »Wasch dich«, sagte Lieschen. »Du siehst fürchterlich aus.«
    Terry ging zur Kommode, über der ein blau gerahmter Spiegel mit schwarz aufgedruckten Beatlesköpfen hing. Sie sah tatsächlich fürchterlich aus. Ihr Gesicht war verschwollen. Unterhalb ihrer fast zugepressten Augen war die Wimperntusche zerflossen und hatte sich über
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher