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Lady Punk - Roman

Lady Punk - Roman

Titel: Lady Punk - Roman
Autoren: Beltz & Gelberg
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Verwirklichung dieses Wunsches mit der magischen Altersgrenze von achtzehn Jahren zu tun hatte. Ihr fiel auch nicht ein, was sie im Einzelnen verändern wollte. Wenn sie konkret darüber nachdachte, wichen ihre Gedanken immer vom eigentlichen Punkt ab.
    Es blieb Terry nicht viel anderes übrig, als sich äußerlich zu verändern. Am liebsten wäre sie den ganzen Tag in der Clownsmaske herumgelaufen und hätte die Leute verschreckt, so wie die Mutter und Onkel Bernd zusammengefahren waren, als sie Terry in der Aufmachung auf dem Kühlschrank hocken sahen. Sie suchte aber etwas Permanenteres, etwas, das sie anhaltend im Äußeren veränderte.
    Am Sonnabend vor Schulbeginn ließ sich Terry verändern. Ihre Haare hatten unter der Schere stark gelitten, es gab wahre Löcher im Schopf, so dass der Friseur noch ein Stück kürzen musste, um eine Einheit herzustellen. Was herauskam, war ein bisschen wie Katzenfell, kurz und dicht und leicht gesträubt, und drückte die abweisende Stimmung aus, in der sich Terry befand. Sie ließ ihr Haar in der Mitte scheiteln und die eine Hälfte schwarz, die andere flaschengrün färben.
    Zu Hause arbeitete sie an einem grüngrundigen Make-up, das ihr Katzenwesen unterstreichen würde. Sie wusste nicht, ob sie sich so mochte, eigentlich nicht, aber es kam nicht darauf an, sondern auf die Wirkung, die sie erzielte. Wenn sie in den Spiegel sah, fand sie sich fremd, und das war wichtig.
    Die Mutter und Onkel Bernd hatten es aufgegeben, mit ihr zu streiten. Sie kümmerten sich nicht mehr um Terry. Die Mutter hatte nur ein Ziel, den Kampf mit Isabel um Onkel Bernd zu gewinnen, und ihre Chancen standen gut. Onkel Bernd war schon abhängig geworden, die Mutter hatte zu viel Geld in das Geschäft gesteckt.
    Lieschen schien an gar nichts mehr Interesse zu haben. Sie kommentierte auch Terrys Aussehen nicht. Nachmittags ging sie aus. Terry war sich sicher, dass sie ihre Zeit im Café Kranzler verbringen würde. Vorher fragte sie, wie immer, ob Terry Geld genug fürs Essen habe. Es war alles wie immer, aber etwas schien zu fehlen. Terry wusste nicht, was. Vielleicht standen all die Geschichten der letzten Zeit zwischen ihnen und die dann doch ausgesprochenen Gedanken, die besser hätten begraben sein sollen. Lieschen jedenfalls schien darauf bedacht zu sein, alles mit Schweigen zu überdecken. Nichts war geschehen. Nie war etwas geschehen.
    Am Montag früh passierte ein kleines Wunder. Frau Krosanke war wiedergekommen. Sie hustete noch etwas und verbreitete sofort ihren Zwiebelgeruch, von dem Terry wohl wach geworden war. Auch machte sie gleich einen fürchterlichen Lärm, noch eine halbe Stunde, bevor Terry aufzustehen vorgehabt hatte.
    Aber Terry vergab Frau Krosanke alles. Es war ein gutes Gefühl, dass sich jemand wieder kümmerte und wenigstens das Haus in Ordnung brachte. Dieses Gefühl hielt auch an, obwohl Frau Krosanke Terrys Aussehen bemängelte. »Du lieber Gott«, sagte sie. »Wenn du meine Tochter wärest.« Aber Terry war nicht. Ob sie darüber froh sein sollte, wusste sie nicht.
    »Und der verrückte Kerl von unten ist gestorben«, sagte Frau Krosanke. »Er war mir immer etwas unheimlich.«
    Frau Krosanke verstand nichts. Aber heute wollte Terry ihr das nicht übel nehmen. Sie saß in der Küche und aß zwei frische Brötchen, dick mit Erdbeermarmelade beschmiert. Frau Krosanke hatte die Brötchen mitgebracht. »Ich weiß doch, wie es bei euch zugeht«, sagte sie.
    »Hm«, sagte Terry nur, stopfte sich den Mund voll und konnte nicht genug kriegen. Das hatte sich trotz ihrer Wesensveränderung in eine Katze noch nicht gegeben. Sie hatte stets einen unmäßigen Hunger.
    Frau Krosanke putzte in der Küche herum, sah ab und zu auf Terry herab und verströmte einen immer stärker werdenden Geruch. »Wie kann man selbst beim Einräumen eines Geschirrspülers Schwierigkeiten haben«, sagte sie. »Ich glaube, es liegt am guten Willen.« Sie meckerte an allem herum, aber es machte Terry nichts aus. Es amüsierte sie. Sie stand auf, um sich für die Schule fertig zu machen, was ja unvermeidlich war.
    »Ich würde an deiner Stelle mal in den Spiegel schauen«, sagte Frau Krosanke.
    »Ich weiß, wie ich aussehe«, sagte Terry. »Ich will so aussehen.«
    »Da bin ich mir nicht so sicher«, sagte Frau Krosanke.
    Doch, sie sah okay aus. Der enge Satinanzug passte zu ihr. Er schillerte tiefschwarz wie die rechte Hälfte ihres Katzenkopfes. Sie wollte so aussehen.
    Terry holte sich ihre Schulmappe aus
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