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L.A. Woman

L.A. Woman

Titel: L.A. Woman
Autoren: Cathy Yardley
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dem Ende an und lass nicht das geringste Detail aus. Ich will alles wissen.“
    Das große Badezimmer in Judiths und Davids Haus hatte zwei Waschbecken: seines und ihres. Ein Symbol für Davids Erfolg, das zeigte, dass es nicht mehr lange dauern konnte, bis er von seiner Firma die Partnerschaft angeboten bekam. Seine Seite des Badezimmers sprach Bände, seine Toilettenartikel waren säuberlich aufgereiht wie in einem Schaufenster: angefangen bei dem silbernen Halter für die Zahnbürste und den Rasierer (David würde niemals Einwegrasierer benutzen) und dem kleinen silbernen Becher, in dem er den Rasierschaum zubereitete, bis hin zu dem perfekt gefalteten Handtuch. Die schäbigeren Dinge wie Zahnpasta versteckte er in einer Schublade, obwohl er die teure
Rembrandt
und nicht etwa die billige
Colgate
benutzte.
    Auf Judiths Seite sah es eher steril aus. Dort fand sich die komplette Öko-Skin-Care-Linie, die Tiegel standen einträchtig mit ihren unscheinbaren in Weiß und Orange gehaltenen Etiketten nebeneinander. Reinigungsmilch, Reinigungscreme, Gesichtswasser, Moisturizer, Tagescreme und Rosencreme für Problemzonen. Ihre orangefarbene Zahnbürste steckte in einem cremeweißen Keramikbecher.
    Judith begann mit ihrem allabendlichen Ritual: Die Gesichtshaut peelen, waschen, Gesichtswasser und Feuchtigkeitscreme auftupfen. Obwohl sie erst fünfundzwanzig Jahre alt war und robuste asiatische Haut hatte, die ihre Kolleginnen immer wieder neidisch als ein Wunder bezeichneten, hielt sie nach Falten Ausschau. Danach löste sie das Band aus den Haaren, bürstete das schimmernde Schwarz mit fünfzehn Strichen, warf dann ihre Kleider in den Wäschekorb und zog das Baumwoll-Nachthemd über. Schließlich kletterte sie in das riesige Bett und legte sich auf die rechte Seite an die Wand. Sie streckte sich nach dem Buch aus, das auf dem Nachtisch lag. „Das Oz-Prinzip.“ Etwas, das sie für den Job lesen musste. Sie wollte endlich ein paar Seiten hinter sich bringen, denn in den nächsten Wochen würde sie dafür viel zu beschäftigt sein. Ihr Terminkalender war ziemlich voll.
    Die Geräusche, die David machte, als er sein Ritual durchlief, nahm sie kaum wahr: Er brauchte immer sehr lange im Badezimmer. Ausführlich putzte er sich die Zähne und erkundete ebenfalls die Faltensituation, wobei er bessere Chancen hatte, fündig zu werden, schließlich war er schon zweiunddreißig. Sie spürte mehr als dass sie hörte, wie er seine Geheimratsecken erforschte, um festzustellen, ob er Haare verlor. Dabei gab er ein leises, besorgtes Zungenschnalzen von sich, bevor er sich mit einem Achselzucken abwandte. Er würde sich nie herablassen und zugeben, dass er das ganze abendliche Prozedere inklusive Feuchtigkeitscreme über sich ergehen ließ, doch manchmal ertappte sie ihn dabei, wie er ihre Kosmetik ausprobierte. Judith hatte sich vorgenommen, ein paar Töpfchen und Fläschchen mehr zu besorgen, um für alle Eventualitäten gewappnet zu sein.
    Er lief mit tapsigen Schritten und nur mit Boxershorts bekleidet auf das Bett zu. Sie reichte ihm sein Buch, doch er legte es nur auf seinen Nachttisch. Wenn David Boxershorts trug, signalisierte das Sex. Also zog sie Nachthemd und das Höschen aus und reichte ihm beides. Er streifte seine Shorts ab, schlüpfte unter die Decke und strich sie glatt.
    Er brauchte immer noch fünf bis zehn Minuten Konversation, bevor er bereit war.
    „Nun. Hat jemand angerufen, während wir weg waren?“
    „Sarah“, antwortete Judith. „Sie fragte, ob ich morgen mit ihr zu Mittag esse. Ich glaube, das werde ich tun … sie klang ein wenig einsam.“
    „Sarah. Das war doch eine deiner Freundinnen im College, oder?“ Er spielte mit ihrer Schulter und dann, geistesabwesend, mit ihrer Brust.
    Sie lächelte. „Sie war im College meine beste Freundin, fast schon so etwas wie eine kleine Schwester. Wir haben im ersten Studienjahr zusammengewohnt.“
    „Wie eine kleine Schwester? Ist sie jünger als du?“
    Judith zuckte mit den Schultern. Er streichelte sie jetzt ein wenig intensiver. „Sie wirkte immer jünger. Sie hat das Hauptfach vier Mal gewechselt“, sagte sie lachend. „Sie musste einfach immer … ich weiß nicht. Sie hatte einfach Probleme, alles in den Griff zu bekommen.“
    Er lachte auch und unterbrach für einen Moment seine wohl durchdachten Liebkosungen. „Ihr wart bestimmt das
seltsame Paar
am College.“
    „Ich habe ihr ein bisschen geholfen. Sie ist nett. Man hat einfach das Bedürfnis, sie an
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