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Kurt Ostbahn - Kopfschuss

Kurt Ostbahn - Kopfschuss

Titel: Kurt Ostbahn - Kopfschuss
Autoren: Guenter Broedl
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nicht ganz offiziellem Wege befragt wurde und ich daher ersuchen würde, sie bei den anstehenden Gesprächen mit den Behörden nicht zu erwähnen“, sagt der Doc.
    Roman Schindler schüttelt nur noch den Kopf.
    „Wie ist das möglich? Wie kann so etwas passieren?“
    „Wir wissen es nicht“, sage ich zu Roman. „Nachdem du aber nicht tot bist, und das scheint bewiesen, stellt sich die Frage, wer im Burgenland mit drei Schüssen hingerichtet wurde, während du in Payerbach die Schriften des Trainers ins Spanische übersetzt hast.“
    „Eindeutig der Typ, der Romans Auto geklaut und damit ins Burgenland gefahren ist. Is doch logo“, sagt Melanie.
    Roman schüttelt schon wieder den Kopf. Jetzt eine Spur heftiger.
    „Mein Wagen wurde nicht gestohlen, Melanie! Wer behauptet denn diesen Blödsinn? Der Wagen steht seit zehn Tagen auf dem Parkplatz neben dem Theresien-Bad, weil ich mit dem Fahrrad nach Payerbach gefahren bin. Das mach ich jedes Jahr im Herbst so um den Nationalfeiertag. Und überhaupt: Wer sollte mir schon das kleine Spuckerl stehlen?“ „Wahrscheinlich jener Mann, der im Burgenland hingerichtet wurde“, sagt der Doc. Er zieht die Computer-Prints von Romans Ford Ka aus seiner schwarzen Mappe. „Dieser Wagen steht im Hof des Gasthauses Zur Post in Dreikreuz und nicht auf dem Parkplatz neben dem Theresien-Bad.“
    Roman betrachtet die Bilder, schüttelt ein drittes Mal den Kopf, jetzt wieder weniger heftig, und schiebt sie dann dem Doc zurück über den Tisch.
    „Ja, das ist meiner. Und wo genau steht er?“
    „In Dreikreuz. Das ist ein kleines Dorf an der ungarischen Grenze“, sage ich.
    „Dreikreuz?“, sagt Roman.
    „Tres Cruces“, dolmetscht der Trainer unabsichtlich, weil ganz in Gedanken. „Aber es gibt kein Tres Cruces. Das hab ich für den Kopfschuss erfunden.“
    „Aber Dreikreuz gibt’s“, sage ich.
    „Und einen Toten“, sagt der Doc.
    „Und Romans kleines, blaues Auto“, sagt Melanie.

29. DREIKREUZ,
BURGENLAND

    Im fahlen Licht des Allerseelentages ist Dreikreuz noch trostloser als auf den Fernsehbildern, die ich mir mit dem Doc angesehen habe. Das Gasthaus Zur Post hat heute Ruhetag. Die Kinder haben schulfrei und spielen Krieg. Sie schießen mit automatischen Plastikwaffen und stürzen wie Stuntmen vom Rad in die nasse Wiese, wo sie regungslos liegen bleiben, bis sich die Nässe durch die Hosen und Pullover gefressen hat. Dann stehen sie auf und leben wieder. Die Fahrt nach Dreikreuz war kurz, aber beschwerlich. Jede Autofahrt mit dem Trainer am Steuer birgt zirka zehntausend Gefahren, aber heute vervielfachten Schlafmangel und Restalkohol des Lenkers unser Risiko.
    Es war eine lange Nacht im Rallye, und so gegen vier gebar der Doc im Schnaps die Idee, heute ins Burgenland zu fahren und Romans kleines, blaues Auto sicherzustellen. Melanie wollte unbedingt auch mit. Aber nach einem langen Vier-Augen-Gespräch mit dem Doc, einem kurzen Vier-Augen-Gespräch mit dem Trainer und dem abschließenden Vier-Augen-Gespräch mit mir kam sie zu der Überzeugung, dass alte Männer manchmal besser unter sich bleiben sollten, wie zum Beispiel beim Fischen, Pokern, in einer Rock’-n’-Roll-Band oder bei ihrer privaten Ermittlungsarbeit.
    Außerdem ist die froschgrüne Rostlaube mit einem schweigsamen Doc, einem sehr blassen Roman, dem beinah frischen und munteren Kurt und einer Zeitbombe namens Trainer am Steuer voll besetzt.
    „Der Kaufmann hat offen“, sagt Roman, als wir mitten im Kriegsgebiet vor dem ADEG-Laden aus dem Wagen steigen. „Wenn der Ermordete bei ihm Kunde war, dann kennt er mich nicht.“
    Und so ist es auch.
    „Der Herr Ostbahn, oder?“, sagt Ernst Reithofer, der von Burgenland heute interviewt wurde, aber nicht auf Sendung ging, als wir vor seiner Wurst- und Käsevitrine stehen. „Spielts ihr heut bei uns in der Gegend?“
    „Leider nein“, sage ich. „Wir sind nur auf der Durchreise.“ „Auf Ungarn?“, erkundigt sich der Kaufmann und ruft nach hinten in die der Greißlerei angeschlossenen Wohnräume. „Anita, kumm, der Ostbahn-Kurti is da!“
    „Wo? Im Radio? Aber es spielt gar kein Radio“, hören wir die Stimme von Anita, vermutlich Ernst Reithofers Ehefrau.
    „Sie glaubt’s ned“, lacht der Greißler. „Sie glaubt, ich halt sie am Schmäh.“
    „Wir müssen gleich weiter und hätten nur gern ein paar Wurstsemmeln und ein paar Dosen Bier“, sagt der Trainer. „Selbstverständlich“, sagt der Kaufmann. „Was soll’s denn sein, Herr
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