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Kullmann

Kullmann

Titel: Kullmann
Autoren: Elke Schwab
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Fluchtweg versperrt. Leider war es so schnell gegangen, dass sie nicht hatte sehen können, wer das Fenster verschlossen hatte.
    Schnell verließ sie Rondos Box, der ganz aufgeregt mit den Hufen scharrte.
    Der schwache Lichtschein, der durch den Vollmond in den Stall schien, ließ sie genau erkennen, wo sie sich befand. Sie stand genau in der Mitte der langen Stallgasse. Da hörte sie, wie eine Stalltür auf der andere Seite des Stalltraktes zugeschlagen wurde. Also war der Fremde nun im Stall. Hastig rannte sie an eine andere Boxentür mit der Absicht, durch diese Box zum offenen Fenster zu gelangen, um von dort in den Hof zu flüchten, als sie eine dunkle Gestalt auf sich zulaufen sah. Das ging zu schnell, sie musste ihr Vorhaben ändern. Außerdem begann das ihr völlig fremde Pferd aufgeregt herum zu springen, so dass Anke die Boxentür erschrocken wieder zuwarf und durch die Stallgasse zur unteren Stalltür rannte, durch die sie in den Hinterhof kommen wollte; aber die Tür war verschlossen. Voller Panik drehte sie sich um und wollte gerade überlegen, was sie tun sollte, als die große, dunkle Gestalt am anderen Ende des Ganges ganz langsam auf zukam. Fieberhaft überlegte Anke, welcher Fluchtweg für sie in Frage käme, denn aufgeben wollte sie noch nicht. Schnell sprang sie auf eine andere Pferdebox zu, aber der Schatten schien ihr Spiegelbild zu sein; sie hörte seinen Atem in bedrohlicher Nähe. Dieses Mal ließ sie sich nicht von dem völlig verrückt herumspringenden Pferd abschrecken, sondern hastete auf das Fenster zu und sprang mit einem Hechtsprung hinaus. Im Hof gelandet, rannte sie so schnell sie konnte; doch der Schatten war einfach schneller. Er war aus einem benachbarten Fenster gesprungen und hatte sie mit wenigen Schritten eingeholt. Mit einem kräftigen Stoß rammte er sie zu Boden, doch Anke kämpfte weiter. Blitzschnell drehte sie sich um und trat ganz gezielt zwischen die Beine ihres Gegners. Der Angreifer krümmte sich vor Schmerzen, da erkannte Anke ihn. Es war Helmut Keller. Was um alles in der Welt hatte das zu bedeuten, überlegte sie. Was war in ihn gefahren? Doch ihr blieb keine Zeit zum Überlegen. Schnell rannte sie auf ihr Auto zu, als sie wieder seine Schritte hinter sich hörte. Gegen den Riesen hatte sie einfach keine Chance. Schnell hatte er sie eingeholt. Mit roher Gewalt hob er sie wie eine Puppe hoch und trug die zappelnde Anke in Richtung Heuschober.
    »Jetzt ist es aus mit dir, mein Fräulein«, hörte sie seine hämische Stimme. »Das könnte dir so passen, dich hier einzuschleichen und herumzuspionieren. Dieses Spielchen treibe ich dir jetzt aus!«
    »Warum? Was habe ich dir denn getan?«, versuchte Anke ihn hinzuhalten, denn die Wut des Mannes war nicht zu übersehen.
    »Tu bloß nicht so unschuldig. Dein Spiel ist aufgedeckt; du spielst nie mehr falsch. Mit mir treibt man keine solchen Spiele, das hat schon einer bereut«, zischte er.
    Anke verstand kein Wort, nur eines erkannte sie. Ihre Situation war völlig aussichtslos. Er zerrte sie trotz all ihrer Bemühungen, sich freizustrampeln, in die Scheune, warf sie auf den Boden und wollte gerade diesen finsteren Ort verlassen, doch Anke war schneller. In Sekunden war sie auf den Beinen und rannte an ihm vorbei hinaus auf den Hof. Damit hatte sie Keller so sehr überrascht, dass er sich erst orientieren musste. Diese Zeit nutzte Anke, wieder durch ein Boxenfenster in das Innere des Stalls zu kommen, um sich dort in der Dunkelheit zu verstecken. Nur dort hatte sie eine Chance, ihr Handy zu bedienen und Hilfe herbeizurufen.
    Die Box, in die sie nun sprang, war lebensgefährlich, weil das erschreckte Pferd stieg und mit den Vorderhufen ausschlug. Sie öffnete die Boxentür, rannte durch die Stallgasse und versteckte sich in Nepomuks Box, von dem sie wusste, dass er sehr geduldig und ungefährlich war. Kaum war sie dort angekommen, zog sie ihr Handy vom Gürtel ab und wollte Kullmanns Nummer eingeben; aber da erst sah sie, dass ihr Handy nicht eingeschaltet war. Als sie es einschalten wollte, geschah nichts. Das kleine Mobiltelefon war zerstört worden. Plötzlich wurde es schwarz vor ihren Augen. Sie glaubte zu ersticken, sie rang nach Atem. Hastig versuchte sie sich von dem schwarzen Etwas, das sie einschnürte, zu befreien. Doch ihre Hände umklammerte ein eiserner Griff.
    Ihr Kopf steckte in einer Nylontüte.
    *
    »Was haben Sie herausgefunden?«, fragte Kullmann neugierig.
    Erik antwortete: »Helmut Keller, der
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