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Verzeihen ist immer moeglich

Verzeihen ist immer moeglich

Titel: Verzeihen ist immer moeglich
Autoren: Bernard Jakoby
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Einleitung
    Verzeihen zu können oder Vergebung zuzulassen ist für viele Menschen ein außerordentlich schwieriger Schritt. Manche wissen nicht, warum sie überhaupt verzeihen sollen. Eng verknüpft damit sind Schuldgefühle bzw. Schuldprojektionen auf andere. Was dabei jedoch oft zu wenig beachtet wird: Solange das Versagen eines Menschen oder eine tief gehende Verletzung nicht vergeben werden können, bleiben wir entweder durch Schuldgefühle oder beständigen Groll an diese Person gebunden, selbst nach ihrem Tod. Das ist der Grund, weswegen zahlreiche Verstorbene mit uns in Kontakt treten und um Vergebung bitten wollen.
    Vergebung bedarf der Entscheidung, sich von alten ungelösten Problemen freizumachen. Wer verzeihen kann und sich aus freiem Willen dazu entscheidet, wird mit sich selbst ins Reine kommen. Aufgestaute Wut, Hass, Groll, Zorn oder Aggression lösen sich auf, und der Betroffene findet seinen Frieden.
    Ich selbst wurde vor einigen Jahren in einer medialen Sitzung mit dem Thema Verzeihen konfrontiert. Ich hatte damals die Absicht, mit meiner verstorbenen Mutter in Kontakt zu treten. Was jedoch geschah, war, dass plötzlich mein Vater da war. Das war für mich sehr überraschend, denn wir hatten immer ein äußerst schwieriges Verhältnis. Ich war von meiner Persönlichkeit her anders, als er sich den idealen Sohn gewünscht oder vorgestellt hätte. Darüber hinaus war er Alkoholiker und häufig unberechenbar und ablehnend. Das änderte sich auch während seiner Krebserkrankung nicht, und so ließ mich sein Sterben relativ unberührt. Das führte natürlich dazu, dass ich nach seinem Tod lange Zeit negative Gefühle hatte, wenn ich an ihn dachte. Sehr vielen Menschen wird es da ähnlich gehen.
    Zu meiner großen Überraschung sprach mein Vater in dieser medialen Sitzung mit mir. Er bat inständig um Vergebung und zeigte sogar Verständnis dafür, wenn ich ihm nicht verzeihen könnte. Ich weiß nur noch, dass sich in jenem Moment aller Groll auflöste und ich von Dankbarkeit erfüllt war. Endlich konnte ich meinen Vater so annehmen, wie er gewesen war. Solange Wut oder Zorn auf einen Verstorbenen nicht losgelassen werden können, bleiben wir auf ungute Weise mit ihm weiterhin verstrickt.
    Sie werden in diesem Buch eine Reihe von ähnlichen Fallbeispielen vorfinden. Denn Verstorbene versuchen immer wieder, auf die Notwendigkeit des Verzeihens hinzuweisen. Vergebung ist ein Akt der Liebe, damit alte Wunden heilen können.
    Auch in den Sterbeprozessen zeigt sich in aller Deutlichkeit, dass die unerledigten Dinge an die Oberfläche des Bewusstseins treten. So mancher Sterbende sehnt sich noch in seinen letzten Tagen nach Aussöhnung, Vergebung und Verzeihen, um seinen inneren Frieden zu finden.
    Es liegt in der Natur des Menschen, stets Gleiches mit Gleichem vergelten zu wollen. Doch gerade Menschen, die etwas Schreckliches erlebt haben, erinnern uns oft daran, dass das keinen Frieden bringt. Die Eltern des zehnjährigen Mirko, der 2010 auf brutalste Weise missbraucht und ermordet wurde, gaben in einem Zeitungsinterview zu Protokoll, dass sie sich nicht durch Wut, Zorn und Hass auf den Täter zerstören lassen wollten. Deswegen hätten sie beschlossen, ihm zu vergeben.
    Das ist eine Entscheidung, die nicht leichtfällt, doch sie entgiftet das Herz. Besonders bemerkenswert war ihre Aussage, alles Weitere Gott zu überlassen, der als Einziger den Wert eines Menschen zu beurteilen vermöge. Etwas so Belastendes an Gott abzugeben befreit den Menschen innerlich.
    Täter und Opfer sind eingebunden in einen übergeordneten Gesamtzusammenhang, so unvorstellbar das für manche Zeitgenossen auch sein mag. Wir alle tragen den göttlichen Funken in uns, ohne den wir gar nicht lebensfähig sind – unabhängig davon, ob es dem Einzelnen bewusst ist oder nicht. Deswegen ist das Thema Verzeihen stets mit der Frage verbunden: »Wer bin ich? Bin ich der Körper, bin ich das Ego, bin ich die Krankheit, bin ich mein Schicksal?« Wer sich damit auseinandersetzt, wird vielleicht die Entdeckung machen, dass wir weit mehr sind als das kleine Erden-Ich. Er wird erkennen, dass wir Menschen geistige ewige Wesen sind und dass der Tod nur eine Umwandlung in eine andere Form des Seins darstellt. Wer das versteht, sieht auch die Notwendigkeit, alte schwelende Konflikte und Verletzungen in sich wahrzunehmen, um sich endgültig von ihnen befreien zu können.
    In unserem Leben werden wir verletzt, und wir verletzen auch andere. Durch
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