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Kühlfach vier

Titel: Kühlfach vier
Autoren: Jutta Profijt
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ziemlicher Sicherheit vorher die Leiche im Kofferraum entdeckt. Sein Kontakt
     in den Osten … In diesem Moment wurde mir alles klar: Sein Kontaktmann war ein großer, schlanker, gut aussehender, schwarzhaariger
     Kerl, den ich zum ersten Mal am Tag meines Todes, danach in |244| Ollis Halle und zuletzt im rechtsmedizinischen Institut gesehen hatte. Alle Fäden, die in diesem Fall irgendeine Rolle spielten,
     liefen in den fetten Händen des einen Mannes zusammen:
    »Olli.« Ich dachte es mir, aber Martin rief den Namen laut und deutlich.
    »Stimmt«, sagte eine Stimme, die ich sofort als Ollis erkannte, kaum fünf Meter neben uns und vollkommen ruhig. »Und deshalb
     gehört die Kohle mir und du nimmst ganz schnell deine gepflegten Hände da weg.«
    Martin und ich standen da wie schockgefrostet. Wir hatten Olli nicht kommen gehört, er trat plötzlich aus dem halb verfallenen
     Gebäude. Vielleicht hatte er ja schon die ganze Zeit dort herumgelungert. Ich weiß es nicht, ich hatte ihn nicht bemerkt.
    »Oh, oh …«, sagte Martin, als auch er den fetten Autoschieber wiedererkannte. Sein Hirn sprühte vor Aktivität.
    »Natürlich«, sagte er. »Sie mussten gar nicht erst herausfinden, wer der Halter des SLR waren, Sie hatten ja bereits den Diebstahl
     dieses speziellen Wagens in Auftrag gegeben.«
    Olli nickte.
    »Und als der Wagen mit einer Leiche im Kofferraum abgeliefert wurde, bot sich eine Erpressung ja förmlich an«, sagte Martin.
    Olli nickte wieder. »Ich wäre ja blöd gewesen, wenn ich die Kohle nicht mitgenommen hätte.«
    »Aber warum musste Pascha Lerchenberg sterben?«, fragte Martin.
    Olli stutzte. »Wie kommen Sie denn auf den?«
    |245| »Der hat den SLR doch geklaut«, sagte Martin, als sei es das Natürlichste der Welt, dass er das wusste.
    Ollis Augen wurden zwischen dem von oben und von unten schwabbelnden Fett zu noch winzigeren Schlitzen.
    »Du bist der Typ, der wusste, dass ich den BMW deiner Freundin habe«, sagte er.
    Martin nickte.
    »Und jetzt weißt du, dass Pascha den SLR geklaut hat«, sagte Olli.
    »Das wusste ich schon vorher«, stellte Martin richtig.
    »Und woher stammt all das Wissen?«, fragte Olli.
    Martin rang mit sich. Sollte er ihm sagen, dass er Kontakt zu meiner unsterblichen Seele hatte? Er entschied sich für die
     Wahrheit, weil ihm keine passable Lüge einfiel. Das ist so ziemlich der dämlichste Grund, die Wahrheit zu sagen, aber meine
     Kreativität war in dieser speziellen Situation auch vollkommen gelähmt, also konnte ich ihm keinen Vorwurf machen.
    Olli reagierte wie erwartet. Mit bereits zitternder Stimme fragte er: »Ist das wirklich wahr? Wie Patrick Swayze und Demi
     Moore in ›Ghost – Nachricht von Sam‹?«
    Martin nickte.
    Und dann flossen bei Olli schon wieder die Tränen, das Fettkinn wackelte, der ganze Mann befand sich in Auflösung.
    Das war unsere vermutlich letzte Chance!
    »Hau ab«, bedrängte ich Martin. »Schnell, solange er noch abgelenkt ist.«
    Martin wollte nicht. Er wollte Antworten, und zwar alle. Er verhielt sich so ruhig und besonnen wie in seinem Sektionssaal,
     in dem er die Leiche so lange untersucht, bis |246| er die Todesursache definitiv geklärt hat. Dort darf er das natürlich gern tun, aber hier war seine Beharrlichkeit unangebracht
     und lebensgefährlich. Ich flehte und drängte, vergeblich. Er schien mich gar nicht wahrzunehmen, war ganz mit der Aufklärung
     der diversen Todesfälle und Erpressungen beschäftigt.
    »Sie hätten Dr. Eilig doch auch erpressen können, ohne Pascha umzubringen«, schlug Martin vor.
    »Ich habe den kleinen Scheißer nicht ermordet«, schniefte Olli und schnodderte sich die Nase. Er gewann seine Fassung zurück.
     Chance vertan.
    Martin dachte angesichts der neuen Erkenntnisse kurz, aber zielstrebig über den Fall nach und kam zu einem Ergebnis: »Dann
     hat Semiras Bruder ihn umgebracht?«
    Olli wurde weiß wie die Wand. »Du kennst ihren Namen?«
    »Natürlich«, sagte Martin. »Semiras Bruder kam ja ins Institut, um ihre Leiche nach Hause überführen zu lassen. Er hatte ihre
     Papiere dabei.«
    »Semiiiira«, heulte Olli schon wieder los.
    Martin glotzte ihn ungläubig an, aber dann fiel uns beiden gleichzeitig wieder ein, was uns Semiras Nachbarin erzählt hatte.
     Sie hatte von einem Mann gesprochen, der Semira besuchen kam. Ein dicker Mann mit dicken Autos. Olli!
    »Sie waren Semiras Zuhälter«, sagte Martin.
    Olli schüttelte den Kopf. »Agent«, murmelte er.
    »Wusste Semiras Bruder,
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