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Kühlfach vier

Titel: Kühlfach vier
Autoren: Jutta Profijt
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die Küche – immerhin hatte ich keine Sehdeckel, die ich gnädig hätte schließen können, und
     konnte den Kasten auch nicht abschalten. Vor ein paar Tagen war ich verzweifelt, weil ich das Ding nicht einschalten konnte,
     jetzt war es umgekehrt. Das Leben ist schon seltsam, vor allem, wenn man tot ist!
     
    Nach einem ordentlichen Tee, einem Schüsselchen zuckerfreiem Müsli und einer Dusche fühlte Martin sich am nächsten Morgen
     fit genug, die Ermittlungen weiterzuführen. Ich fühlte mich gerädert und war grantig, weil ich keine Ahnung hatte, wie es
     weitergehen sollte. Dr. Seltsam und
il papa
waren Phantome (eigentlich hatte ich sagen wollen, sie seien so wenig fassbar wie Wichsflecken am Duschvorhang, aber ich bemühte
     mich ja inzwischen ernsthaft um eine bessere Sprache), die in Erzählungen auftauchten oder Leute umbrachten, aber keine Spur
     hinterließen, der man folgen könne, aber Martin war ganz anderer Ansicht. |229| »Wir haben einen Hinweis, wo wir nach den beiden suchen müssen«, sagte er.
    »Wo?«, muffelte ich zurück.
    »Da, wo du das Auto geklaut hast«, sagte er zufrieden.
    »Super«, sagte ich. »Dann lass uns in dieses Kongresszentrum spazieren, wo täglich einige Tausend Menschen ein- und ausgehen,
     und fragen, ob an dem betreffenden Tag vielleicht Herr Dr. Seltsam oder
il papa
einen der diversen angebotenen Vorträge gehört oder Seminare besucht haben.«
    Martin ließ sich durch meine schlechte Stimmung nicht beeinflussen.
    »Wir erkundigen uns, welche Veranstaltungen an dem Tag stattgefunden haben, und dann schauen wir weiter.« »In welche Richtung
     schauen wir dann?«, fragte ich.
    »Wenn es einen Vortrag vor Unternehmern gab, könnte uns das einen Hinweis auf Dr. Seltsam geben«, sagte Martin. »Vielleicht
     kann man dann noch einen Angestellten finden, der sich an einen Teilnehmer mit diesem außergewöhnlichen Auto erinnert.«
    Die Idee war nicht doof, das musste selbst ich zugeben. Und die Wahrscheinlichkeit, dass ein pickeliger angehender Gastronomiediener
     es erfährt, wenn so ein Geschoss auf dem Hof steht, ist nicht gerade klein. Man geht gucken, irgendein wichtigtuerischer Kollege
     weiß immer, wem die Karre gehört … Ja, vielleicht konnten wir wirklich auf diese Art die Identität des Halters herausfinden.
     Des Halters, der vermutlich mein Mörder war! Mir wurde heiß und kalt bei der Vorstellung.
    Wir überlegten noch einmal ausgiebig, welche Informationen wir über die beiden infrage kommenden Männer |230| hatten: Dr. Seltsam muss irgendwie seltsam sein, wobei wir nicht wussten, ob sich der Name auf sein Äußeres bezog. Er war
     Unternehmer in Sachen Stahl. Er besaß mehrere Autos. Er lebte in Köln, war verwitwet und hatte zwei erwachsene Töchter, war
     also mindestens vierzig, vermutlich sogar fünfzig oder älter.
    Il papa
war verheiratet, unterhielt in Köln nur eine Zweitwohnung, weil er beruflich hier zu tun hatte. Der Spitzname könnte damit
     zu tun haben, dass er schon älteren Semesters war. Vielleicht hatte Semira ihn aber auch nur so getauft, weil er sie »mein
     Kind« nannte, wir wussten es nicht. Vielleicht war er Italiener UND ein alter Sack UND er nannte sie »mein Kind«. Keine Ahnung.
     Wir würden in dieser Sache einfach die Augen und Ohren offen halten müssen. Also los.
    Auf dem Weg überlegten wir noch, mit welcher Begründung wir nach den Veranstaltungen des betreffenden Tages fragen sollten,
     aber nachdem wir hin und her überlegt hatten und auf keine einzige auch nur einigermaßen glaubwürdige Idee gekommen waren,
     winkte Martin ab.
    »Wir tun einfach so, als sei es das Normalste der Welt, dass wir nach den Veranstaltungen fragen, und geben gar keinen Grund
     an.«
    Gesagt, getan, es funktionierte nicht.
    »Darf ich fragen, wofür Sie diese Information benötigen?«, fragte die hübsche Empfangsdame in ihrem hübschen Kostümchen mit
     ihrem hübschen Lächeln auf dem hübschen Gesicht. Martin blickte blöd drein.
    »Es geht um eine Ermittlung in einem Todesfall«, sagte er nach einem kurzen Moment. Er zückte seine Visitenkarte |231| , hielt sie der hübschen Maus hin und zog sie, als sie danach greifen wollte, wieder zurück.
    »Sollte dann nicht die Polizei diese Ermittlungen anstellen?«, fragte sie vorsichtig.
    »Kein Problem«, sagte Martin mit einem freundlichen Lächeln, das nur ein ganz klein wenig verkniffen aussah. »Wenn Sie die
     Polizei im Haus haben wollen, kann ich das mit einem einzigen Anruf erledigen. Wir
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