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Krumme Touren in Texas

Krumme Touren in Texas

Titel: Krumme Touren in Texas
Autoren: Deborah Powell
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Texaco-Tankstelle, die noch nicht
    geöffnet hatte, stieg aus und spülte den Hundedreck
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    von meinen Schuhen. Anice hopste raus, um sich
    einen Schluck Wasser zu genehmigen, während ich
    mich auf den Betonsockel neben die rote runde
    Zapfsäule setzte und verschnaufte. Sie hüpfte herum
    und prahlte, wie sie den anderen Hund in die Flucht
    geschlagen hatte, während ich mir das Gesicht unter
    dem Hydranten wusch. Sie redete nur davon, wieviel
    Spaß es gemacht hatte, wohingegen ich mich fragte,
    wie viele Jahre meines Lebens mich dieses kleine
    Abenteuer gerade gekostet hatte.
    Anice wollte auf dem Weg zu Charlottes
    Wohnung einen Abstecher nach Hause machen, um
    eine Notration Ingwerkekse zu holen, und als ich
    nein sagte, blähte sie sich auf, starrte aus dem Fenster
    und redete den Rest der Fahrt kein Wort mehr mit
    mir.Ich rechnete halb damit, daß es hier von Polizisten
    nur so wimmeln würde, aber die Gasse war immer
    noch dunkel und still. Wir gingen die Treppe hoch,
    und ich stöberte in Schubladen und unterm Bett auf
    der Suche nach etwas, das Licht auf die Sache werfen
    könnte. Nichts.
    Da Charlotte als Buchhalterin zu Hause arbeitete,
    nahm ich mir ihren großen Walnußschreibtisch sowie
    zwei Holzaktenschränke vor und überflog mehrere
    Aktenmappen, wurde aber nicht schlau daraus. Von
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    den vielversprechendsten schnappte ich mir einen
    Armvoll und brachte sie runter in den Kofferraum
    meines Wagens, dann machte ich mit dem Filzen der
    Wohnung weiter.
    Nachdem ich vergeblich unter Kissen, hinter
    Bildern, in Kleider- und Büroschränken gewühlt
    hatte, rief ich schließlich die Polizei an. Es gab nichts
    mehr zu tun, als zu warten, also gingen Anice und ich
    raus und setzten uns auf die Stufen.
    Nach fünf Minuten fuhr der erste Polizeiwagen
    mit kreischenden Reifen in die Gasse. Zwei Männer
    sprangen mit gezogenen Pistolen heraus und
    näherten sich vorsichtig dem Haus. Die Sonne war
    aufgegangen und strahlte mild. Noch hatte sie
    keinerlei Ähnlichkeit mit dem weißglühenden Ball, in
    den sie sich am frühen Nachmittag verwandeln
    würde.
    »Hallo, Toby! Guten Morgen, Brady!« schrie ich.
    Ich stand auf und winkte den beiden uniformierten
    Männern zu, die am Zaun entlangschlichen, der mit
    Geißblatt und Weinranken überwuchert war.
    »Hallo, Hollis. Du hast mich halb zu Tode
    erschreckt. Was machst du hier? Hast du das
    gemeldet?« Der jüngere, kürzere mit dem dicken
    Bierbauch nahm seine Schirmmütze ab, um sich den
    Schweiß von der Stirn zu wischen.
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    »Meine Güte, Toby! Hast du dir die Haare
    schneiden lassen oder einfach die Spitzen abgekaut?«
    Ich zauste sein schwarzes Haar.
    »Warum willst du mir nur immer das Leben sauer
    machen, Hollis?« Toby grinste breit und sabberte
    bloß ein bißchen Tabaksaft, den er taktvoll wieder in
    den Mund schlürfte.
    Wir quatschten immer noch, als der zweite Wagen
    eintraf und Lieutenant Jerry Ingram ausstieg. Er hatte
    O-Beine und einen Militärhaarschnitt, gemeine
    Augen und dünne Lippen, die sich auf der rechten
    Seite zu einem höhnischen Dauergrinsen verzogen.
    Er bleckte die Zähne wie ein wütender Hund, als er
    auf uns zuging. Entweder lächelte er, oder seine
    Lippen klebten am Zahnfleisch fest. Die Augen in
    seinem braunen Gesicht waren zusammengekniffen
    und sahen aus wie zwei Zigarettenbrandlöcher in
    einem alten Stiefel.
    »Mist«, brummte ich. Die beiden Uniformierten
    blickten mich mitfühlend an.
    »Soso, na, wen haben wir denn da – Houstons
    beliebteste Briefkastentante«, sagte Ingram laut und
    rieb sich die Hände. Er wandte sich den Männern zu
    und stierte sie an. »Habt ihr beiden Witzbolde nichts
    Besseres zu tun, als hier herumzustehen und mit Miss
    Carpenter zu schwatzen?«
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    Nickend und kopfschüttelnd zugleich standen sie
    da und murmelten betretene Jawohl-Sirs und Nein-
    Sirs.»Schauen wir uns die Leiche an – mal sehen, was
    wir hier haben. Ich hoffe, Sie retten den Tag für mich,
    Miss Carpenter, und erzählen mir, daß Sie das
    gemeldet haben.« Er saugte an seinen Zähnen und
    rückte einen leuchtend orangefarbenen Schlips
    zurecht, der seinem billigen braunen Zweireiher den
    letzten Pfiff gab.
    Mein Mut sank, als wir die Stufen zur Wohnung
    hochstiegen. Ich wartete im Wohnzimmer, während
    Ingram die Leiche in Augenschein nahm. Ich war
    wohl daran gewöhnt, tote Leute zu sehen, aber ich
    machte sie nicht extra ausfindig, um sie angaffen zu
    können.
    Als er aus dem Schlafzimmer schlenderte, grinste
    er
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