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Krumme Touren in Texas

Krumme Touren in Texas

Titel: Krumme Touren in Texas
Autoren: Deborah Powell
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mich frostig an. »Was haben Sie eigentlich damit
    zu tun, Miss Carpenter? Sie haben ihn doch nicht
    selbst kaltgemacht?«
    Ich grinste liebenswürdig zurück und schüttelte
    den Kopf. »Töle und Häufel, nee, Lieutenant Ingram,
    hab’ ich nicht. Am Wochenende versuche ich
    kürzerzutreten. Tut mir leid, daß ich Sie enttäuschen
    muß.«
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    »Hm, hm.« Er ging wieder ins Schlafzimmer und
    durchsuchte die Taschen der Kleider, die auf dem
    Stuhl mit der Sprossenlehne hingen. Er nahm die
    Brieftasche und zog den Führerschein heraus. Seine
    Lippen zuckten, als er still die Informationen las.
    »Erzählen Sie mir jetzt, was Sie mit der Sache zu tun
    haben, oder nicht?«
    »Ungefähr um halb sechs heute morgen bekam ich
    einen Anruf, ein Mann wäre in dieser Wohnung
    ermordet worden. Statt Sie unnötig zu belästigen,
    falls es nur ein Scherz sein sollte, bin ich hingefahren,
    um es selbst nachzuprüfen. Die Tür war offen, also
    ging ich rein und fand das.« Ich deutete auf die
    Leiche im Bett.
    Ingram
    hörte
    auf,
    an
    den
    Kleidern
    herumzufummeln, und stierte mich an – mit seinem
    Blick hätte man den Rumpf eines ganzen
    Schlachtschiffs schweißen können. Seine stechenden
    kleinen Augen verengten sich noch mehr. Er langte
    vorsichtig in seine Manteltasche, fischte einen
    Zahnstocher hervor und machte sich daran, langsam
    und systematisch seine Zähne zu bearbeiten. Er
    glotzte niederträchtig, während er schlürfte und
    stocherte. Vermutlich war das eine neue
    Foltermethode, die sie sich im Polizeipräsidium
    ausgedacht hatten, um Verdächtige zu zermürben,
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    bis sie geständig waren, schuldig oder nicht. Ich war
    nicht sicher, ob ich dem Druck standhalten würde –
    Zahnpuler hatte ich noch nie ausstehen können. Ich
    spürte kalten Schweiß von meiner Stirn und
    Oberlippe tropfen.
    »Es war also ein Mann, der Sie angerufen hat?«
    Schmatz. Stocher.
    »Ja, jedenfalls glaube ich das. Ich schätze, ich bin
    einfach davon ausgegangen, daß es ein Mann war,
    allerdings flüsterte die Person«, sagte ich und hoffte,
    daß er mir das abkaufte. Sein Gesauge und
    Gestochere zehrte mächtig an meinen Nerven. Ich
    wußte nicht, wie lange ich durchhalten konnte, bis
    ich durchdrehen und jedes zwischen Houston und
    der mexikanischen Grenze verübte Verbrechen
    gestehen würde.
    Vom Hof klangen Stimmen herauf, und Schritte
    ertönten auf der Treppe. Bald wimmelte es in der
    Wohnung von Fotografen und Männern von der
    Spurensicherung, die sich den Tatort vornahmen.
    »Mist, Lieutenant, jemand hat die Wohnung blank
    poliert wie einen Operationssaal«, sagte einer von
    den Fingerabdruckmännern, der gerade Möbelteile
    einstäubte.
    »Na so was, wie ärgerlich«, sagte ich mit einem
    besorgt anteilnehmenden Blick und vergrub meine
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    Hand schuldbewußt in der Hosentasche, um das
    Taschentuch zu umklammern, das ich für die
    Missetat benutzt hatte.
    Es war ungefähr halb elf, als Ingram sagte, wir
    müßten in die Innenstadt, damit ich meine Aussage
    zu Protokoll geben könnte. Er bestand darauf, daß
    Anice und ich in seinen Wagen stiegen. Ein
    Streifenpolizist fuhr mein Auto zum Präsidium Ecke
    Caroline und Preston Street.
    Ingram schmatzte und stocherte, während ich
    meine Aussage bei einem freundlichen jungen
    Polizeibeamten zu Protokoll gab und dann wartete,
    daß sie getippt wurde, damit ich unterschreiben und
    gehen konnte. Das Hinterteil gegen die Ecke seines
    Schreibtischs gelehnt, sah Ingram auf mich herab. Ich
    saß auf dem harten Eichenstuhl, grinste ihn an und
    wackelte mit den Augenbrauen.
    »Wissen Sie was, Miss Carpenter? Ich glaube kein
    verdammtes Wort von dem, was Sie gesagt haben.«
    Er lächelte verkniffen, seine kalten Augen blinzelten
    nicht. »Ich denke, Sie wissen, was los ist, und ich
    schlage vor, Sie packen besser gleich aus.«
    »Tut mir leid, Lieutenant, ich weiß überhaupt
    nichts. Ich wünschte, ich könnte Ihnen helfen.«
    Anice warf den Kopf nach hinten gegen meine
    Brust und schnaubte wütend. Ich bleckte die Zähne
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    und schnappte nach ihr, und sie schnaubte wieder
    und schnappte zurück.
    »Nehmen Sie diesen verfluchten Hund und
    verschwinden Sie! Unterschreiben Sie bloß die
    Aussage auf dem Weg nach draußen.« Er ging um
    den Schreibtisch herum, setzte sich und beäugte die
    Papierstöße, die sich darauf türmten. Einen
    Augenblick lang saß er still da, dann packte er einen
    Stapel und warf ihn angewidert in die Luft.
    Ich nahm Anice auf den Arm und ging zu
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