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Sie kamen nach Bagdad

Sie kamen nach Bagdad

Titel: Sie kamen nach Bagdad
Autoren: Agatha Christie
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    C aptain Crosbie trat mit der zufriedenen Miene eines Mannes aus der Bank, der einen Scheck eingelöst und dabei bemerkt hat, dass ein klein wenig mehr auf seinem Konto ist, als er dachte. Crosbie gehörte zu jenen Männern, die oft selbstzufrieden aussahen. Er war klein und untersetzt, mit einem ziemlich roten Gesicht und einem militärisch gestutzten Schnurrbart. Er stolzierte ein wenig beim Gehen, war vielleicht eine Spur zu auffallend gekleidet, liebte gute Witze und war bei Männern beliebt. Ein munterer Knabe, durchschnittlich, gutmütig, ledig. Es gibt eine Unmenge von Crosbies im Orient.
    Die Straße, auf die Captain Crosbie hinaustrat, hieß Bank Street, aus dem einfachen Grund, weil die meisten Banken der Stadt sich dort befanden. Im Innern der Bank war es kühl und dunkel und eher muffig. Das vorherrschende Geräusch war das Klappern einer Menge Schreibmaschinen im Hintergrund. Draußen auf der Straße dagegen brannte die Sonne, der Staub wirbelte umher und ein fürchterliches Lärmkonzert stürmte auf einen ein. Das hartnäckige Hupen der Autos, das Geschrei der Verkäufer mannigfaltigster Waren, die hitzigen Dispute kleiner Gruppen von Leuten, die im Begriff schienen, einander zu ermorden, in Wirklichkeit aber die besten Freunde waren. Männer, Burschen, Kinder boten alle erdenklichen Waren feil: Süßigkeiten, Orangen und Bananen, Badetücher, Kämme, Rasierklingen und andere bunt zusammengewürfelte Dinge wurden auf Tabletts im Eiltempo durch die Straßen getragen. Dann das ewige Räuspern und Spucken und alles übertönend das heisere, melancholische Schreien der Esel- und Pferdetreiber, die ihre Tiere durch den Strom der Autos und Fußgänger mit dem Ruf Balek – Balek lotsten.
    Es war elf Uhr vormittags im Herzen von Bagdad.
    Captain Crosbie hielt einen mit einem Arm voller Zeitungen vorbeieilenden Jungen an und kaufte ihm ein Exemplar ab. Er bog um die Ecke der Bank Street und gelangte in die Rashid Street, die Hauptstraße von Bagdad, welche die Stadt in einer Länge von ungefähr vier Kilometern parallel zum Tigris durchquert.
    Captain Crosbie überflog die Schlagzeilen der Zeitung, steckte sie dann unter den Arm, ging ungefähr zweihundert Fuß weiter, bog in ein Seitengässchen ein und betrat einen großen Hof. Am anderen Ende des Hofes stieß er eine Tür mit einem Messingschild auf und befand sich in einem Büro. Ein sauberer, junger irakischer Beamter verließ seine Schreibmaschine und kam lächelnd auf ihn zu, um ihn zu begrüßen. »Guten Morgen, Captain Crosbie. Womit kann ich dienen?«
    »Ist Mr Dakin in seinem Zimmer? Schön, ich gehe hinauf.«
    Crosbie ging durch eine Tür ein paar sehr steile Stufen hinauf und einen schmutzigen Gang entlang. Er klopfte an die Tür am Ende des Ganges und eine Stimme rief »Herein«.
    Es war ein hohes, kahles Zimmer. Das elektrische Licht brannte und das Tageslicht war sorgfältig ausgeschlossen. An einem schäbigen Schreibtisch saß ein etwas schäbiger Mann mit einem müden, unentschlossenen Gesicht – dem Gesicht eines Mannes, der es in der Welt zu nichts gebracht hatte, der das weiß und dem nichts mehr daran gelegen ist.
    Die beiden Männer, der muntere, selbstsichere Crosbie und der melancholische, müde Dakin, blickten einander an. Dakin sagte: »Hallo, Crosbie! Gerade von Kirkuk zurück?«
    Der andere nickte und schloss sorgfältig die Tür hinter sich. Es war eine alte, schlecht gestrichene Tür, aber sie besaß einen unerwarteten Vorzug. Sie schloss rundum tadellos ab. Sie war nämlich tatsächlich schalldicht.
    Mit dem Schließen der Tür ging im Benehmen der beiden Männer eine ganz leichte Veränderung vor sich. Captain Crosbie wurde weniger aggressiv und selbstsicher und Mr Dakins Schultern strafften sich, er wirkte plötzlich weniger unsicher. Wäre ein Lauscher dabei gewesen, hätte er zu seinem Erstaunen gemerkt, dass Dakin der Vorgesetzte war.
    »Irgendwelche Neuigkeiten, Sir?«
    »Ja.« Dakin seufzte. Er hatte ein Schriftstück vor sich liegen, das er eben dechiffriert hatte. »Sie soll in Bagdad stattfinden.« Er ließ ein Streichholz aufflammen, zündete das Schriftstück an und sah zu, wie es verbrannte. Als es zu Asche verglommen war, blies er leicht hinein. Die Asche flog auf und zerstreute sich.
    »Ja«, wiederholte er. »Sie haben sich für Bagdad entschieden. Am Zwanzigsten des nächsten Monats. Wir sollen es strengstens geheim halten.«
    »Sie sprechen im Souk schon seit drei Tagen davon«, sagte Crosbie.
    »In
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