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Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E

Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E

Titel: Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E
Autoren: Ich liebte eine schöne Frau: Miniaturen
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Bürger. Die Lehre von der Hehren Liebe aber war untrennbar mit dem Stand und der Gedankenwelt der Ritter verbunden; die neue bürgerliche Literatur hat diese Lehre in Nachahmung des alten Ideals später aber doch übernommen (wie das Beispiel Hadlaubs zeigt), sie sogar weiterentwickelt und vertieft und mit ihr einen echten Höhepunkt der bürgerlichen Dichtung erreicht. Ihre großen Protagonisten waren jedoch nicht die provenzalischen oder deutschen Ritter, sondern die italienischen Schüler der Ritter aus der Provence, obwohl das Rittertum eigentlich in Italien nie tiefe Wurzeln geschlagen hat.
    Am Ende des 13. Jahrhunderts begannen einige florentinische Poeten in heimischer Sprache zu dichten statt wie bislang auf Lateinisch, und sie schufen den sogenannten
dolce stil nuovo
, mit dem sie das süße neue Gefühl, die Hehre Liebe, besangen. Die Nachwelt hat die Namen der großen Meister dieses »neuen, süßen« Stils nicht vergessen, sie nennt die beiden Größten bis heute voll Ehrfurcht und Ergriffenheit, nämlich Dante und Petrarca.
    Dantes gestrenge Riesengestalt verkörpert für uns den Wanderer, der alle drei Reiche des Jenseits durchschritten hat. Aber er gilt zugleich als der dichterische Inbegriff der Hehren Liebe. Seine Liebe zu Beatrice, der er in der ›Divina Commedia‹ ein unsterbliches Denkmal setzte und deren Leben er detailliert in der ›Vita Nuova‹ beschrieben hat, war viel hoffnungsloser als die der provenzalischen Ritter, eine transzendente, aussichtslose Liebe, denn Beatrice starb, bevor die Liebe Dantes bis zur Erfüllung reifen konnte, und Dante sah die Dame seines Herzens erst auf dem Gipfel des Purgatoriumsberges wieder, als Beatrice ihren Schleier lüftete und der Dichter erneut die große Macht der alten Sehnsucht verspürte.
    Aber es war nicht der unnahbare und unnachahmlicheDante, sondern Petrarca, der die nachfolgenden Jahrhunderte die Kunst der unerfüllten Liebe wirklich lehrte, denn Petrarca hat die klassische Versform der unerfüllten Liebe, das Sonett, geschaffen. Er war ein hochgelehrter Dichter, mit seinen Versen schenkte er dem sehnsüchtigen Schmachten der alten lateinischen und der späteren provenzalischen Dichter wieder eine Stimme, eine noch schönere, fasste das Leid all seiner Vorgänger zusammen und goss es in eine bis heute gültige Form. Keiner vor ihm verstand es, so elegant am gebrochenen Herzen zu leiden wie er. Seither hat jahrhundertelang jeder Dichter so gelitten, wie es Petrarca vorgemacht hat, und die Gesichtszüge aller später besungenen Damen erinnern ein wenig an Petrarcas Laura.
    Petrarcas elegante Dichtung der unerfüllten Liebe ist nach zweieinhalb Jahrhunderten literarischer Wechselfälle und gefiltert durch viele Vermittler gegen Ende des 16. Jahrhunderts in Ungarn angekommen. Unser Petrarca war Bálint Balassa, er hat, in klangvollem Ungarisch intoniert, die Grausamkeit der Anna Losonczy besungen und damit die Kunst der unerfüllten Liebe ins Land gebracht. Aus seinen Gedichten erfuhren die Ungarn zum ersten Mal, dass die Augen des Verliebten zwei lebendige Brunnen sind, die nie versiegen, das Herz des Liebenden glühende Kohle ist, er selbst aber ein Pelikan, der seine Leidenschaft mit dem eigenen Blute nährt; jedes Tier lässt sich zähmen, nicht aber eine Frau, die liebt; Felsen und Paläste stürzen ein, nur das Herz des Verliebten wandelt sich nicht: Mit Balassa hat Petrarcas Arsenal der Gleichnisse in die ungarische Dichtung Einzug gehalten.
    Die Zeit verging, die Welt erfuhr große Veränderungen, und doch, das Herz der Dichter blutete noch immer zurgleichen Melodie und mit denselben Gleichnissen, wie sie der italienische Meister einst eingeführt hatte. Erst zu Anfang des 19. Jahrhunderts meldeten sich in Ungarn zwei Poeten zu Wort, die die schönsten Verse für ihre unerfüllte Liebe fanden: Sándor Kisfaludy und Mihály Csokonai Vitéz. Mit ihnen flammte die alte Tradition kurz vor ihrem Ende noch einmal auf und triumphierte.
    Die wenigen Dichter, die wir namentlich angeführt haben, sind auch selbst Beispiele dafür, dass unerfüllte Liebe nicht ganz und gar, mit totalem Schmerz und Vereinsamung ihr Leben bestimmte, wie man aufgrund ihres dichterischen Schaffens annehmen könnte. Ulrich von Lichtenstein war glücklich verheiratet und Vater einer großen Kinderschar. Dante führte ein ruhiges Familienleben mit ebenfalls vielen Kindern, während er die himmlische Beatrice anbetete; selbst Petrarca lebte als glücklicher Familienvater.
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