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Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E

Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E

Titel: Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E
Autoren: Ich liebte eine schöne Frau: Miniaturen
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täglich einmal, was Ulrich erfreut zur Kenntnis nahm. Aber die Angebetete ließ ihn zugleich wissen, dass sie ihm trotzdem den Minnelohn verweigere, selbst wenn er ihr tausend Jahre getreulich dienen würde.
    Doch Ulrich gab nicht auf, sann vielmehr darüber nach, welch imposante ritterliche Tat er zur Eroberung der Dame noch vollbringen könnte. Mit dreißig Begleitern zog er nach Venedig, ließ für alle Frauenkleider anfertigen und in der Lombardei, in Kärnten, Österreich und Böhmen verkünden, dass Venus, die Königin der Liebe, höchstselbst durch alle diese Länder reisen und ebendort die Ritter zum Kampfe fordern werde. Wer am Turnier teilnähme, solle einen wundertätigen Ring erhalten. Der Sieger über Venus dürfe all ihre Pferde in Besitz nehmen; wen aber Venus besiege, der werde verpflichtet, sich in alle vier Himmelsrichtungen verbeugend, einer bestimmten Dame zu huldigen. Sodann brach Ulrich, in Gestalt der Venus, aus dem nahe Venedig gelegenen Mestre auch tatsächlich auf und zog, während er sich an allen Ritterturnieren, die am Wege lagen, beteiligte, in Richtung Prag, seinem endgültigen Ziel entgegen. Sein merkwürdiger Einfall fand riesigen Beifall: Venus sandteeine nach der anderen weitere freundliche Botschaften aus, und die Ritter strömten von überall her, um sich mit der »Dame« zu messen, insgesamt brach sie 307 Lanzen und verschenkte 271 Ringe; als Venus und ihr Tross in Wien eintrafen, bestand das Gefolge bereits aus achtzig Rittern. Unterwegs traf Ulrich auch seine geliebte Gemahlin (denn er war ja vermählt und hatte sogar eine Schar Kinderchen), und sie verbrachten einen reizenden Tag miteinander.
    Der große Aufzug verfehlte seinen Eindruck auf die Angebetete nicht. Sie war nun bereit, Ulrich zu empfangen, wenn auch nur unter der Bedingung, dass der Ritter als aussätziger Bettler in ihrer Burg erscheinen müsse. Ulrich nahm selbst das auf sich und wartete mit vielen anderen Bettlern vier Tage vor dem Tor auf Einlass, bis man ihn endlich auf höchst romantische Weise, in ein Laken gehüllt, zum Schloss hoch oben auf dem Fels hinaufhievte. Doch die Schlossherrin ließ ihn bald wieder hinausbefördern, ohne seine Huldigung entgegenzunehmen.
    Das brachte sogar den Ritter Ulrich von Lichtenstein zur Verzweiflung, er ging nach Wien, vergnügte sich daselbst mit hübschen Damen, bis ihn die Botschaft ereilte, dass seine Herzensflamme nun doch bereit sei, ihm ihre Gunst zu schenken, wenn er zuvor noch eine große Fahrt nach Übersee auf sich nähme. Ulrich begann auf der Stelle mit den Reisevorbereitungen, doch irgendwann hatte er, wieso und wieso nicht, von den Grausamkeiten der Dame die Nase voll, begab sich nicht nach Übersee, sondern erwählte eine andere Dame, die weniger grausam war. Das hätte er natürlich schon viel früher tun können. Berichtet hat Ulrich selbst dies alles in seiner fiktiven Autobiografie ›Frauendienst‹.
    Etwa ein halbes Jahrhundert später lebte in der Stadt Zürich der Meister Johannes Hadlaub, der es Ulrich von Lichtenstein gleichtun wollte, doch nur zu seiner Parodie geriet. Hadlaub war tatsächlich ein Meister, nämlich Bürgermeister, und er schmachtete nach einer gewissen edlen Dame. Wenn diese seiner ansichtig wurde, pflegte sie ihm den Rücken zuzukehren, worauf Hadlaub sich noch heftiger nach ihr verzehrte. Anscheinend amüsierte sich die ganze Stadt über das Herzeleid des geschätzten Minnesängers, und die Nobilitäten arrangierten, um sich daran zu weiden, spaßeshalber immer neue Begegnungen der Dame mit Hadlaub. Und sie kamen dabei stets auf ihre Kosten: Der wackere Meister brach vor Kummer und Gram zusammen, wenn sich die Angebetete wieder einmal ostentativ von ihm abgewandt hatte, und als er einmal zu sich kam und die Edle schließlich nach gutem Zureden durch die vornehmen Herren Hadlaub die Hand reichte, drückte der in seinem Überschwang der Dame das Händchen so fest, dass sie ihn vor Schreck in die Hand biss.
    Lichtenstein, Hadlaub und zahlreiche andere, ähnlich empfindsame Seelen waren Don Quijotes der Hehren Liebe; sie konnten keinen Unterschied machen zwischen Dichtung und Wirklichkeit, und das ist ihnen übel bekommen, als sie mit der Realität kollidierten wie Don Quijote, der gegen die Windmühlen-Riesen anstürmte.
    Meister Hadlaub war ein Bürgerlicher, er lebte in der Stadt und nicht in einem Kastell: In den späteren Jahrhunderten des Mittelalters gaben in der Dichtkunst eben nicht mehr die Ritter den Ton an, sondern
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