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Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E

Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E

Titel: Krúdy, G u. Szerb, A u. Szép, E
Autoren: Ich liebte eine schöne Frau: Miniaturen
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Sentimentalität noch fremd war. Umso mehr aber entsprach der leidgewohnten mittelalterlichen Seele die Stimmung der unerfüllten Liebe, der Entsagung, der Sehnsucht nach Ferne und selbst auferlegtem Schmerz. Die Dichter des Mittelalters entdeckten die Beschreibung der Liebe bei den alten Griechen, und was die noch als Krankheit gedeutet hatten, war für das Mittelalter bereits moralische Verpflichtung. Zumindest für die Dichter. Und dies bezeichneten sie als hehre Liebe.
    Die dichterische Einstellung zur hehren Liebe entwickelte sich zuerst in der Provence, und sie verbindet sich bis heute im allgemeinen Bewusstsein mit dem Sammelbegriff für die provenzalischen Dichter, den Troubadouren. Diese selbst, also Guilhelm de Montanhagol, der von Dante besungene Sordello, und seine Gefährten, gerieten in Vergessenheit. Es sind auch nicht einmal ihre Dichtungen, die sobedeutsam waren, sondern vielmehr die Anstandsregeln, die sie in ihren Versen aufgestellt und propagiert haben. Mit diesem Verhaltenskodex befassten sich nicht mehr nur die Dichter, er wurde regelrecht zum bevorzugten Zeitvertreib, diente zur geistigen Ertüchtigung der vornehmen Damen und Herren; man setzte sich zusammen und palaverte über die Gesetze der Hehren und der höfischen Liebe, diskutierte, wie sich der wahrhaft verliebte und wohlerzogene Ritter zu verhalten habe. Solche oft in feierlicher oder fast bühnenhafter Form arrangierten Gespräche nannte man
cours d’amour
, Gerichtshöfe der Liebe, denn zum Abschluss einer solchen Sitzung verkündete in der Regel die präsidierende Dame ein Urteil.
    Diese provenzalische Gepflogenheit und Sitte fand nach und nach auch in andere Länder Eingang. Der Franzose André le Chapelain fasste das sich allmählich herausbildende Regelwerk in einem Buch zusammen. Der Titel der uns überlieferten Handschrift lautet ›De Arte Honesti Amandi‹ (Die Kunst der ehrbaren Liebe). Das Buch enthält viele interessante Kapitel, einige nicht ganz ohne Pikanterie; am kurzweiligsten behandelt der Autor die Gesetze der Liebe, die dem bretonischen Dichter direkt von Gott Amor mitgeteilt wurden. Chapelain zufolge gelten in der Liebe einunddreißig Gesetze; einige davon seien hier aufgeführt:
    Die Ehe entbindet nicht von der Liebe.
    Wer keine Eifersucht empfindet, ist auch nicht verliebt.
    Liebe ist in immerwährendem Zunehmen oder Abnehmen begriffen.
    Der toten Geliebten gebührt eine zweijährige Trauer.
    Eine öffentlich gewordene Liebe ist selten von Dauer.
    Jeder Verliebte pflegt blass zu werden, wenn er der Geliebten ansichtig wird.
    Auch schnürt es ihm das Herz zusammen, wenn er die Angebetete erblickt.
    Eine neue Liebe verdrängt die alte.
    Wenn die Liebe erst einmal zu schwinden beginnt, ist sie bald am Ende und wird nur selten wieder zu entfachen sein.
    Ein Verliebter ist immer schüchtern.
    Echte Eifersucht steigert die Liebe.
    Wer an seine Geliebte denkt, isst und schläft wenig.
    Der wahrhaft Verliebte schätzt nur das, womit er die Gunst seiner Angebeteten gewinnen kann.
    Liebe vermag der Liebe nichts zu verwehren.

    Die Lehre von der Hehren Liebe ist nicht allein in Worte gefasste Hilfestellung, sie besteht auch nicht nur aus schönen Sentenzen und Dichtung. Es gab so abenteuerlustige Seelen, die den hohen Anforderungen der Liebesgerichte auch im wahren Leben entsprechen wollten, sie spielten die Rolle des unerfüllt verliebten Ritters, verschwendeten ihr ganzes Vermögen und ihr Leben, um die verqueren Liebesträume und Launen der Dichter Wirklichkeit werden zu lassen.
    Besonders abenteuerlich und lehrreich ist die Lebensgeschichte des österreichischen Adelsherrn und Dichters Ulrich von Lichtenstein aus dem 13. Jahrhundert. Schon als zwölfjähriger Knappe hatte Ulrich sein Leben einer edlen Dame gewidmet. Diese wusste damals womöglich noch gar nichts davon, beachtete ihn aber auch später kaum, als Ulrich schon zum Ritter geschlagen worden war. Der junge Mann hat bei Ritterturnieren zur Ehre dieser seiner Dame viele Lanzen gebrochen; einmal wurde ihm dabei ein Finger durchbohrt. Doch selbst diese Blessur hat das grausame Herz der Dame nicht erweichen können, sie verdächtigte den Freier überdies, sich die schmerzende Wunde gar nicht ihr zu Ehren zugezogen zu haben. Worauf sich Ulrich den Finger abtrennen und ihn der Holden, in ein schmuckes Kästchen verpackt, überbringen ließ. Die Dame war von dem Geschenk, das wahrlich vom Opfermut des Freiers zeugte, doch beeindruckt und öffnete das Kästchen
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