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Die Sternenkrone

Die Sternenkrone

Titel: Die Sternenkrone
Autoren: James Jr. Tiptree
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Non Angli Sed Angeli
(Second Going)
     
     
    Eigentlich wollte ich ganz anders beginnen. Ein ordentlicher offizieller Bericht sollte es werden, ein Appendix für das Archiv. Der Bericht über die erste Begegnung der Menschheit mit einer außerirdischen Rasse – was damals wirklich geschah.
    Doch ich kann kein einziges gebundenes Exemplar des Weißbuches finden, nicht einmal im Büro des Präsidenten, abgesehen von einem, das jemand über und über mit Senf bekleckert hat und einem anderen, über das sich bereits die Ratten hergemacht haben. Ich habe den Verdacht, ja, ich bin mir fast sicher, daß das Buch niemals zu Ende geschrieben wurde. Das einzige, was ichgefunden habe, sind ein paar leere Buchschuber. Dort hinein werde ich diese Disketten hier legen, damit die Leute wissen, daß es sich um etwas Wichtiges handelt.
    Schließlich bin ich die offizielle Archivarin – ich schrieb die Beförderung selbst, nachdem Hattie nicht mehr da war. Theodora Tanton, Leiterin des NASA- Archivs. Und ich bin sechsundsiebzig Jahre alt, keinen Tag jünger. Alt, wie jeder andere auch, der sich noch erinnern kann. Und wer außer denen möchte das Ganze überhaupt hören? Ihr vielleicht mit euren sechs Fingern, zwei Köpfen oder was auch immer?
    Die Menschheit wird jedenfalls weiter existieren. Das haben sie uns versprochen. Wir werden uns nicht selbst in die Luft jagen. Dieses Problem sei gelöst, haben sie gesagt. Und ich glaube ihnen. Nicht, weil ich jedes Wort von ihnen glaube, sondern weil ich denke, daß sie vielleicht eines Tages zurückkehren und etwas mehr von uns vorfinden möchten als nur Asche.
    Dabei haben sie uns gar nicht verboten, Atomwaffen einzusetzen. Wahrscheinlich wußten sie, daß das Verbot eines Gottes – Iß nicht von diesem Baum! Öffne diese Büchse nicht! – bei Männern genau das Gegenteil bewirkt. (Und den Frauen dann die Schuld in die Schuhe geschoben wird, falls das schon mal jemandem aufgefallen ist. Doch ich schweife ab.)
    Nein, sie sagten nur: »Das Problem ist gelöst.« Vielleicht haben die Russen inzwischen herausgefunden, wie sie es bewerkstelligten. Oder die Israelis. Was vom Pentagon übriggeblieben ist, hat zuviel Angst, es auszuprobieren. Deshalb – seid gegrüßt, Ihr Nachkommen! Dies hier gehört zu dem Weißbuch, falls Ihr einmal eines findet – huch! Eine Ratte ... Ich habe eine Gaslaterne bei mir und einen Hockeyschläger wegen der Ratten.
    Beginnen wir also mit der allerersten Begegnung.
    Sie fand auf dem Mars statt, durch die Männer der ersten bemannten Marsexpedition. Ich meine natürlich, durch die beiden, die landeten. Der Pilot der Kommandokapsel, Reverend Perry Danforth, umkreiste den Mars lediglich, wobei er von oben herab ein paar merkwürdige Entdeckungen machte. Die Außerirdischen auf dem Mars anzutreffen, sorgte zuerst für ziemliche Verwirrung. Es waren keine Marsianer.
    Den genauesten Überblick über diese erste Begegnung hatte die Bodenkontrollstation. Ich habe jemanden gefunden, der es dort als Jugendlicher miterlebte, als eine Art Mädchen für alles. In dem großen Raum mit den ganzen Terminals, den ihr schon zigmal im Fernsehen gesehen habt, wenn Ihr euch für diesen Weltraumkram interessiert. Dieser erste Teil hier wird direkt von Kevin (>Red<) Blake diktiert, der inzwischen über neunundneunzig Jahre alt ist.
    Doch bevor er beginnt, möchte ich noch ein Wort darüber verlieren, wie normal uns unser ganzes Das eindamals eigentlich erschien. Gar nicht unheimlich oder dramatisch. Es war wie auf einem Schiff, das sich fast unmerklich zur Seite neigt, ohne daß es jemand erwähnt. Alles liegt unter einem Mantel des Schweigens. Doch ein paar Kleinigkeiten deuten auf das unterschwellige Geschehen hin, wie der Vorfall vor der Landung, von dem Kevin mir erzählte.
    Ihr müßt wissen, daß es ein langer Flug war, der mehr als zwei Jahre dauerte. Drei Männer befanden sich in der Kommandokapsel, die man Mars Eagle getauft hatte: James Arrupa, der Kommandant, Todd Fiske und Reverend Perry, der nicht für die Landung vorgesehen war. (Ich persönlich hätte Todds Arm gebrochen oder so was ähnliches, wenn ich an Perrys Stelle gewesen wäre, um an Todds Stelle landen zu dürfen. Dem Mars so nahe zu sein und dann eine Woche lang um ihn zu kreisen, während die anderen sich auf ihm befinden! Aber Perry schien damit keine Probleme zu haben. Er witzelte sogar einmal darüber, der >teuerste Zubringerservice der Geschichte< zu sein. Äußerst kooperativ und uneigennützig, unser
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