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Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert
Autoren: Karlheinz Deschner
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war »Avignon« in der Tat wohl wegen seines Mammonismus.
    Gewiß hatte schon lange vorher, um nicht gleich auf die Antike zurückzugehn (vgl. bes. III 3. u. 5. Kap.!) der Bischof von Orléans die »Schande« gebrandmarkt, daß an der Kurie alles käuflich sei, daß die Urteile nach dem Goldgewicht abgemessen werden. Und gewiß hatte erst recht im 13. Jahrhundert der Prämonstratenserpropst Burchard von Ursberg die Schleusen der Weltschätze geöffnet gesehen und den von allen Seiten nach Rom fließenden Geldstrom gegeißelt. »Es gibt kein Bistum, keine religiöse Würde und keine Pfarrkirche, um die nicht ein Prozeß geführt würde, welcher dir nicht Leute mit gespicktem Geldbeutel zuführte. Die Schlechtigkeit der Menschen ist die Quelle deines Wohlergehens.«
    Doch wie erst sah das im 14. Jahrhundert aus, als gerade Johann XXII. noch mehr System in den kurialen Fiskalismus brachte, noch mehr Effizienz, als sich in den Gewölben der Papstburg von Avignon, für Petrarca die widerwärtigste und unsauberste Stadt, die er je gekannt, der Reichtum aus allen Ländern staute und der Franziskaner Alvarez Pelajo, Pönitentiar Johanns, niemals die Gemächer seines Herrn betreten konnte, ohne die Seelsorger beim Zählen des Geldes zu treffen. Und während Rom, das ferne, immer mehr verfiel, während in seinen Trümmern bewaffnete Banden, die Fehden des (man muß ja gelegentlich daran erinnern) katholischen Adels tobten, vor allem der einflußreichsten Häuser Colonna und Orsini, aber auch der – durch das weltliche Gericht nicht zu belangende – Klerus Verbrechen um Verbrechen beging, während Tag für Tag Raub, Meuchelmord, Blutrache das Bild bestimmten, indes die Masse der Menschen in Armut und Elend verkam, genoß man in Avignon das Leben, gab man für eine päpstliche Krönungsfeier 10000 Goldgulden, allein für das Mahl fast die Hälfte aus, erhielten die Kardinäle, derzeit etwa zwanzig, bei der Papstwahl Gratifikationen von 2000 bis 5000 Goldgulden.
    Aber die familiaris pape (servitor pape) mußte erhalten werden, vom Vizekanzler, stets ein Kardinal, über die Sekretäre, Notare, Schreiber (von letzteren hatte Johann 70, sein Nachfolger Clemens VI. 100), über die Kämmerer des Papstes, seine Ärzte bis hin zu den Hofämtern, zu der Leibgarde, den Wachen, den Türhütern, insgesamt damals mindestens 300 bis 400 Personen. Für ihren Unterhalt, ihre Bezahlung gab der Hohepriester 1329/1330 rund drei Millionen Goldfranken aus. 10
    Anderes freilich, die Kriege zum Beispiel, kostete noch bedeutend mehr.
    Also mußte unentwegt und von vielen Seiten Geld eingetrieben werden, etwa durch Servitien, Visitationes, Census, die Einkünfte aus den kirchenstaatlichen Gebieten, die Bullentaxen, Prokurationen, Annaten, Zehnten, die Subsidien, Spolien, Interkalarfrüchte, das sind Erträge aus unbesetzten Kirchenpfründen, weiter die Legate, freiwilligen Schenkungen, Strafgelder, Gelübdeablösungen, Einnahmen aus Verkauf von Naturalien, von Häusern, Tieren, besonders von Ochsen, die diesem Papst sehr häufig geschenkt worden sind.
    Johann XXII. war auch der erste Papst, der die Taxen der Pönitentiarie systematisierte. Für jede Art menschlichen Sündenfalls, jede Schuftigkeit und Hinterfotzigkeit gewährte er großzügig Vergebung, hatte er ein Schema der Absolution entwickelt, gestaffelt nach festen Preisen, die von fünf Groschen für Mord und Blutschande reichten bis zu 33 Groschen für eine Ordination vor dem kanonischen Alter.
    Außenstände wurden mit aller Härte eingetrieben. Wer nicht zahlte – genaugenommen ja nicht für den Papst, sondern für sein eigenes Seelenheil –, beschwor den Bannstrahl aus Avignon auf sich herab. So verfielen anno 1328 ein Patriarch, fünf Erzbischöfe, 30 Bischöfe und 46 Äbte der Exkommunikation, der Suspension, dem Interdikt, weil sie der päpstlichen Kammer nicht rechtzeitig ihre Zahlungen geleistet hatten.
    Der Papst schaltete und waltete in mancher Hinsicht wie ein Florentiner Negoziant, etwa ein Bankier, mit dem der »Mann aus Cahors« die seelische Disposition geteilt haben mag. Deshalb überrascht wohl auch nicht die außerordentliche Menge geistlicher Verleihungen gerade an Mitglieder von Bankiersfamilien aus der Arnostadt, überhaupt seine Sympathie für das dortige Geschäftsmilieu, wie er denn auch nicht weniger als zehn Florentiner zu Bischöfen machte.
    Schließlich hat man einem Johann XXII., der das Geld nur so anzog (nicht ohne Zutun!), auch viel geschenkt. So vermachten
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