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Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert
Autoren: Karlheinz Deschner
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öffentlich verbrennen läßt. Dann aber bombardiert er den Papst, dem er »Ketzerei« auf »Ketzerei« nachweist, und Nachfolger mit eigenen Diatriben von beachtlicher Verve und Wirkung. Wie Dante widerlegt er die »Konstantinische Schenkung« (IV 14. Kap!). Er wirft Johann nicht nur Verleugnung des Kaisers, sondern auch Christi vor und lehnt, Trennung von Staat und Kirche fordernd, deren weltliche Macht durchaus ab. Das römische Kaisertum hänge nicht von einer Legitimierung durch den Papst ab, ebensowenig das Königtum in Frankreich, in England. »Die weltliche Gewalt ist älter als die geistliche, folglich unabhängig vom Papst. Dieser besitzt auch nicht das Recht, eine Fürstenwahl zu bestätigen: nicht aus Staatsrecht, denn kein Staat würde das konzedieren; nicht aus Kirchenrecht, denn dieses gilt im Staate nur so weit, als es der Fürst bewilligt; nicht aus Gewohnheit, denn sie ist ungültig, wenn sie dem Gemeinwohl schadet ...«
    Am meisten wurden vom Armutsstreit die Spiritualen betroffen. Ihr führender Kopf in Südfrankreich, Petrus Johannis Olivi, trat für die Armut, die evangelische Vollkommenheit, völlige Besitzlosigkeit, die Erneuerung der Christenheit ein. Dadurch aber geriet er in Gegensatz nicht nur zum Orden, sondern zum ganzen »Sündenbabel« der Kirche, der dieser Radikalismus natürlich denkbar wenig ins Konzept und zu ihrem Reichtum paßte.
    Bereits Ordensgeneral Bonagratia ließ 1280/1281 Olivis Schriften einziehen, wechselte dann aber selbst die Seiten, wurde unter Johann zum Kerker verurteilt und floh, nach scheinbarer Unterwerfung, zu Ludwig dem Bayern, worauf er den Kampf gegen den Papst fortsetzte, der seinerseits die Spiritualen durch die Inquisition verfolgte und schon am 7. Mai 1318 vier von ihnen zu Marseille hatte verbrennen lassen. 12

Frühe Konfrontationen

    Ludwig IV. der Bayer war der Sohn Herzog Ludwigs II. des Strengen, jenes Wüterichs aus Oberbayern und Pfalzgrafen bei Rhein, der seine fälschlich der Untreue bezichtigte erste Frau hatte voreilig liquidieren lassen. Über seines Sohnes frühe Jahre ist kaum etwas bekannt, nicht einmal das genaue Geburtsdatum. Ludwigs Mutter Mechtild, dritte Frau des Vaters, war eine Habsburgerin, die Tochter König Rudolfs I. Nach dem Tod seines Erzeugers 1294 wurde der junge Wittelsbacher am habsburgischen Hof seines Onkels Albrecht in Wien erzogen, zusammen mit dessen Söhnen, u.a. mit seinem Vetter Friedrich dem Schönen (1289–1330), seinem späteren Kontrahenten.
    Doch noch bevor es mit diesem zum Konflikt kam, begann bereits, für christliche Dynasten fast obligatorisch, der Streit mit seinem älteren Bruder Rudolf I. dem Stammler, Pfalzgrafen bei Rhein (1274–1319), den Ludwig aus Bayern verdrängte, zeitweise sogar aus der Pfalz. Nach dem Tod des Vaters hatten beide zunächst zusammen die oberbayrisch-pfälzischen Erblande regiert, bekamen aber beträchtliche, ja lebenslange Differenzen, die auch eine von Ludwig erzwungene Teilung der Herrschaft, ein förmlicher Vertrag 1310, nicht bereinigen konnte. Vielmehr führte alles zum Krieg der Brüder, wobei das Herzogtum, zumal der gegenseitige Besitz, weithin verheert worden und Ludwig anscheinend besonders rabiat gewesen ist. Auch als man 1313 wieder gemeinsam regierte, erloschen Mißtrauen und Feindseligkeit auf keiner Seite, wechselten Versöhnungen und Entzweiungen bis zu Rudolfs Tod.
    Streit aber, wesentlich größeren, bekam Ludwig auch mit seinem Vetter und Jugendfreund Friedrich dem Schönen von Österreich.
    In den Jahren 1309 und 1312 waren die Herzöge von Niederbayern, Stephan I. und Otto III., verstorben, ohne mündige Erben zu hinterlassen. Da einerseits dem Wittelsbacher das Sorgerecht zufiel, andrerseits die Mütter der Herzogssöhne den Schutz der verwandten Habsburger suchten, somit Friedrich der Schöne auch die Pflegschaft beanspruchte und natürlich die Regentschaft in Niederbayern, kam es darüber zum Krieg – einigermaßen kurios, weil die beiden nicht nur verwandt, nicht nur befreundet waren, sondern in vielem auch ähnlich dachten und einander gut verstanden haben sollen, mochte der weniger vitale Friedrich auch nervöser, überhaupt allerlei Krankheiten ausgesetzt gewesen sein. Jedenfalls gewann der Bayer gegen den in mehrfacher Hinsicht überlegenen Habsburger durch geschickte Ausnützung des nebligen, verregneten Geländes am 9. November 1313 die Schlacht von Gammelsdorf, westlich von Landshut, deren Bedeutung indes durch die bayrische Chronistik zwecks
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