Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert
Autoren: Karlheinz Deschner
Vom Netzwerk:
den Papst nicht übermäßig bewegt. Gedrängt durch Robert von Neapel, der, unterdes von ihm zum Reichsvikar in Italien berufen, dort seinen Zielen nachging, ließ er dem deutschen Bürgerkrieg seinen Lauf. Er legte sich, um selbst genügend Spielraum zu haben, nicht fest, gab sich neutral und betitelte jeden als »zum König der Römer Erwählten«. Dabei suchte er aber seine Position auszubauen, seine Ansprüche auf Deutschland wie auf Italien auszudehnen. Denn seit die Päpste in Avignon saßen, seit sie von Frankreich nicht nur abhängig, sondern auch geschützt waren, nahmen sie Rücksicht auf die Interessen Frankreichs und der Anjou in Italien und traten gegenüber den Kaisern noch anmaßender auf.
    So usurpierte Johann die Reichsgewalt, nannte er sich in der Bulle »Si fratrum« vom 31. März 1317 den während der Vakanz rechtmäßigen Verwalter des Reichs. So beanspruchte er das päpstliche Vikariat für Italien, befahl jetzt unter Strafe des Banns auch den von Heinrich VII. in Italien eingesetzten Reichsvikaren, diesen Titel sofort abzulegen. Und als Ludwig nach dem Tag von Mühldorf seine Rechte in der Lombardei, einem Reichsland, geltend machte und als römischer König in Italien auftrat, eröffnete Johann XXII. ein Rechtsverfahren gegen ihn und tat alles, um die »eherne deutsche Schlange«, den »verdammten Bayern«, den »Sohn Belials« in wilder Wut zu vernichten.
    Am 8. Oktober 1323 verfügte eine – auch an das Portal der Kathedrale in Avignon angeschlagene – Bulle, niemand könne als König der Römer auftreten, den der Papst nicht bestätigt, dem er nicht die Approbation gegeben habe. Jeder Akt Ludwigs, der sich Titel und Rechte eines römischen Königs angemaßt, wurde annulliert, er ultimativ aufgefordert, binnen drei Monaten die Reichsverwaltung niederzulegen und um Bestätigung des Papstes nachzusuchen; widrigenfalls werde ihn unverzüglich der Bannstrahl treffen. Niemand im ganzen Reich durfte ihn als römischen König anerkennen, jeder ihm geleistete Lehnseid wurde gleichfalls aufgehoben, allen ungehorsamen Prälaten die Amtssuspension, allen widersetzlichen Staaten und Städten Exkommunikation und Interdikt angedroht.
    Der König bekam derart eine antikuriale Politik aufgedrängt. Er wehrte sich in den noch durchaus moderaten Appellationen von Nürnberg (18. Dezember 1323) und Frankfurt (7. Januar 1324), bestritt die Kompetenz des überdies befangenen Papstgerichts und wurde von diesem am 23. März 1324 mit dem Kirchenbann belegt. Als seinerzeit die Kardinale Napoleone Orsini, Pietro Colonna und der mit Bonifaz VIII. verwandte Jacopo Caetani den Papst daran erinnerten, daß er Jahr um Jahr tatenlos der Verwüstung Deutschlands zugesehen, daß er sie Jahr um Jahr hingenommen habe, als sie ihn auf Ludwigs Rechte verwiesen, schrie Johann: »Übel redet ihr! übel redet ihr! Dann werden wir eben eine Dekretale dagegen erlassen!« Und als Jacopo Caetani ihn vor dem Furor Teutonicus warnte, sagte er: »Bei Gott, ihre Wut soll meiner Wut, und nochmals meiner Wut begegnen!«
    Im Mai 1324 wandte sich der Bayer in einer dritten Appellation, der von Sachsenhausen, dezidiert und grundsätzlich gegen den papalen Zustimmungsanspruch bei der deutschen Königswahl, insistierte nachdrücklich auf der Legalität seiner eigenen Wahl durch die überwiegende Mehrheit der Kurfürsten, leugnete die Rechtgläubigkeit des Papstes und zögerte nicht, ihn einen hartnäckigen »Ketzer« zu nennen. Er unterstellte ihm, die Zerstörung Deutschlands, des Heiligen Reiches, anzustreben, er pflege zu sagen, »die Zwietracht der Fürsten Deutschlands, des deutschen Adels und Volkes sei das Heil und der Friede der Bischöfe und der Kirche von Rom«, was dann noch einmal wiederkehrt in der Wendung: »Johann hat nachweislich gesagt, er wolle die eherne Schlange, das Reich der Deutschen [imperium Alamannorum], zu jeder Zeit zertreten ...« Es gelang dem Bayern, einen Großteil des Volkes für sich zu mobilisieren, papsthörige Bischöfe und Priester wurden behindert, vertrieben, in Basel und Berlin sogar ermordet. 16
    Der eigentliche Kriegsschauplatz aber wurde Italien.

... und der Rückzug

    Der Rückzug artete zum Raubzug aus, wie, genaugenommen, schon der Einmarsch. »Denn die Deutschen waren eine zügellose freche Bande« (Mussato). Und immer wieder blieb es »Ludwigs vornehmste Sorge ... sich Geldmittel zu beschaffen« (Chroust), denn daran fehlte es ihm ständig, nicht zuletzt daran ist sein Unternehmen gescheitert,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher