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Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert
Autoren: Karlheinz Deschner
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Heinrich VI. tritt an
    Am 18. November 1189 war König Wilhelm II. von Sizilien – trotz seines muslimischen Lebensstils ganz der Kirche ergeben – erst sechsunddreißigjährig unerwartet in seinem Palast in Palermo gestorben. Da seine Ehe mit Johanna, der jungen Tochter König Heinrichs von England, kinderlos blieb, erbte seine Tante Konstanze von Altavilla, Halbschwester Wilhelms I. und posthum geborene Tochter König Rogers II. von Sizilien, ausdrücklich auch von Wilhelm als Erbin des süditalienischen Normannenstaates designiert, rechtmäßig Krone und Königreich.
    Die letzte legitime Nachfahrin der Dynastie der Hauteville (VI 212, 227) aber war, bereits zweiunddreißigjährig, am 27. Januar 1186 in Mailand – wo ihren Brautschatz 150 Maultiere schleppten, die Mitgift 40000 Pfund Gold betrug – mit dem neunzehnjährigen deutschen Thronfolger Heinrich VI. vermählt worden. Seit dem Abzug seines Vaters Kaiser Friedrich Barbarossa im Sommer 1189 hatte Heinrich die Regentschaft erst zeitweise, dann, seit des Vaters Tod im Saleph ein Jahr später (VI 562), ohne formalen Akt, auf Dauer übernommen.
    Die Vorgeschichte der Heirat liegt im dunkeln. Die Verlobung, unter strenger Geheimhaltung ausgehandelt, führte zu einem frontenumstoßenden Bündnis zwischen Friedrich Barbarossa und Wilhelm II. von Sizilien, war somit eindeutig politisch intendiert und ein Schritt von großer Tragweite. Zunächst festigte sie den Frieden mit Sizilien, das zuvor die beiden Kaiserreiche des Ostens und Westens gemeinsam hatten erobern und unter sich aufteilen wollen. Durch Wilhelms Tod aber fiel, jedenfalls nach Heinrichs Vorstellungen, das regnum Siciliae, im Lauf des 12. Jahrhunderts gegründet und stabilisiert, an ihn, den deutschen König und römischen Kaiser. 3
    Heinrich VI. (1191–1197), einer der markantesten Herrscher des Mittelalters, kam als Sohn und Erbe Friedrich Barbarossas und seiner zweiten Frau Beatrix von Burgund, Mutter von zehn Kindern, im Herbst 1165 in der Pfalz Nijmegen zur Welt. Unter Übergehung seines älteren, kränkelnden Bruders Friedrich wurde der dreijährige Heinrich im Juli 1169 in Bamberg zum römischen König gewählt, im darauffolgenden August in Aachen gekrönt und bei der Eheschließung mit Konstanze 1186 in Mailand förmlich zum Caesar ausgerufen.
    Im Gegensatz zum Äußeren des Vaters, dessen Lieblingssohn er gleichwohl gewesen sein soll, war Heinrich mittelgroß, hager, unsoldatisch, häufig krank, vorzeitig alternd. Selbst Gottfried von Viterbo, sein geistlicher Erzieher, ein vielgelesener Geschichtsschreiber, der ihm eines seiner Werke gewidmet, nennt ihn unansehnlich. War Heinrich ja überhaupt ohne die heitere Leichtigkeit der Staufer, eher hart, herrisch, verschlossen, doch, wie alle Barbarossa-Söhne, ausgezeichnet erzogen, dazu hochintelligent und bienenfleißig, scharfzüngig, wortbrüchig, mitunter, auch dies freilich Stauferart, eiskalt und grausam, bloß darauf aus, »das Reich noch größer und mächtiger als unter seinen Vorgängern« zu machen. Nur sechs Jahre regierte er. Aber sie genügten ihm, bevor er mit erst 32 Jahren der Ruhr zum Opfer fiel, »die Welt vor seinem Kaiserthron in den Staub zu drücken« (Kantorowicz) – die Welt, immerhin, von der Provence, der Dauphine über Burgund, die Schweiz, Elsaß-Lothringen, über Holland und Deutschland hinweg bis hin nach Böhmen, Mähren, Polen. Gewaltig griff er in den Mittelmeerraum aus; König Amalrich von Zypern erbat von ihm sein Land, ebenso König Leo II. von Kilikien-Armenien. Die Almohaden Afrikas schickten ihm Tribute, England huldigte ihm als Lehnsherrn, das Königreich Aragón und Frankreich lockten seine unersättliche Gier, erst recht Byzanz. Und als er in Sizilien starb, waren bereits die Vorausabteilungen seiner Truppen nach dem Osten unterwegs.
    Nie war Heinrich VI. ausgelassen, nie sah man ihn lachen, vielmehr »immer in Sorgen angespannt«, so Niketas Choniates, der byzantinische Schriftsteller, einer seiner erbittertsten Gegner, »und jedem Genusse feind ... Im Geiste dachte er an die Cäsaren Antonius und Augustus, trachtete verlangend nach ihrem Reich und sprach beinah wie Alexander: dieses und jenes, alles ist mein.« Heinrich konnte nicht genießen, konnte nur handeln, auch wenn er abzuwarten verstand und selbst schlimmste Beleidigungen hinnahm wie nichts; rächte er sich aber, dann furchtbar. Die Form seiner Kanzleischreiben war kühl, knapp, schier untertreibend, das Gegenteil des bombastischen
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