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Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert
Autoren: Karlheinz Deschner
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gegen die Reichskirche wie diese gegen ihn. Unter den überlieferten Urkundenempfängern Heinrichs in Deutschland stehen klerikale Institutionen, vor allem die großen Bischofskirchen, oder einzelne Priester »mit weitem Abstand an der Spitze« (Seltmann); 109 geistlichen Empfängern stehen nur 20 weltliche gegenüber, nur etwa 18 Prozent (möglicherweise auch mitbedingt durch die Überlieferungsgeschichte). Aber schließlich waren, ein altbekanntes Faktum, die Seelenhirten auch stärker auf den Reichsheerfahrten beteiligt und wurden infolgedessen auch mehr belohnt. Denn umsonst tat man nichts (vgl. S. 206 f.). Günter Gattermann schreibt in seinen Studien zur Reichskriegsverfassung der Stauferzeit sogar, die bisherige Geschichte der Reichsheerfahrt sei »eine Geschichte der geistlichen Fürsten im Dienste des Reiches gewesen«. 10
    Heinrich VI. entstanden in den Jahren 1192/1193 immer mehr Gegner, seine Herrschaft wurde immer mehr gefährdet, bis dem jungen Fürsten ein Zufall zu Hilfe kam, den er skrupellos nutzte. Er hatte den englischen König Richard Löwenherz (VI 562 ff.), der während des Winters 1190/1191 auf Sizilien geweilt, wo seine Schwester Johanna mit Wilhelm II. verheiratet gewesen (S. 13), öffentlich zum Reichsfeind erklärt, den er bei der Rückkehr vom Heiligen Land abfangen wollte. Dahinter standen vor allem englischfranzösische Gegensätze, die Rivalität und Rachsucht von König Philipp Augustus, der sich mit Kaiser Heinrich verbündet hatte. Und natürlich malten Anekdoten, Sagen die abenteuerliche Flucht und Gefangennahme des Briten aus, wurde unabsichtlich und absichtlich verändert, entstellt.
    Als Richard 1192 in der Nähe von Aquileja strandete, entkam er bei dem Versuch, Deutschland, verkleidet als einfacher Pilger, Bettler, Templer, als Kaufmann, zu durchqueren, zwar mehrfach seinen Häschern, fiel aber Ende Dezember bei Wien (während er sich in der Küche ein Huhn gekocht haben soll) in die Hände Leopolds V. von Österreich. Ihn hatte der Engländer vor Akkon angeblich durch Niederreißen des herzoglichen Banners und Verweigerung eines Beuteanteils schwer beleidigt. Trotz des obligatorischen freien Geleits für heimkehrende Kreuzfahrer inhaftierte jetzt Herzog Leopold den König auf Dürnstein, einer hochgelegenen Burg in der Wachau, und lieferte ihn am 23. März 1193 in Speyer gegen eine beträchtliche Beteiligung am Lösegeld an Heinrich aus.
    Der Kaiser hatte nun nicht nur ein politisches Druckmittel in der Hand. Er konnte auch, infolge glücklicher Umstände, das Lösegeld – dessen Sammler Hubert Walter, Bischof von Salisbury, noch im selben Jahr Erzbischof von Canterbury, später auch Kanzler und überhaupt einer der mächtigsten Herren Englands wurde – immer weiter steigern und Richard durch 130000 Mark Silber enorm erpressen; insgesamt etwa durch eine Summe, die dem Doppelten der Jahreseinkünfte der britischen Krone entsprach, einen auf mehr als 35000 kg Silber geschätzten Schatz. Zudem nötigte Heinrich den auf dem Trifels, der südpfälzischen Reichsburg, Festgesetzten, das englische Königreich von ihm gegen 5000 Pfund Sterling Jahreszins zu Lehen zu nehmen.
    Erst nach allen geleisteten Zahlungen – Herzog Leopold erhielt 20000 Mark Silber – und nach der Huldigung als kaiserlicher Vasall in Mainz wurde der Engländer am 4. Februar 1194 freigelassen. Heinrichs bedrohliche Lage hatte sich verbessert, die antikaiserliche Opposition am Niederrhein und in Sachsen durch Richards lange Haft ihren bedeutendsten außenpolitischen Partner eingebüßt. Es kam mit den Welfen zur Aussöhnung. Im März traf der Kaiser in der Pfalz Tilleda am Kyffhäuser Heinrich den Löwen, der im nächsten Jahr, 1195, sechsundsechzigjährig starb. Sein ältester Sohn aber, Heinrich von Braunschweig, einst Geisel des Monarchen, heiratete nun dessen Nichte Agnes, die Tochter des staufischen Pfalzgrafen Konrad bei Rhein.
    Damit erlosch vorerst die innerdeutsche Fronde, und Heinrich, durch Richard von England im Besitz von viel Geld, konnte jetzt den seit Jahren von ihm erhofften und auch eifrig vorbereiteten neuen Krieg führen, zumal ihn die Ereignisse begünstigten: der Tod König Tankreds am 20. Februar 1194, nachdem wenige Wochen zuvor bereits der Thronerbe, sein ältester Sohn Roger, gestorben, der Erbe Wilhelm III. aber noch minderjährig, wenn auch, mit Zustimmung des Papstes, zum König gekrönt worden war. So empfahl sich der Kaiser dem Gebet seiner Christen und brach im Mai 1194,
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