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Kriminalgeschichte des Christentums Band 02 - Die Spaetantike

Kriminalgeschichte des Christentums Band 02 - Die Spaetantike

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 02 - Die Spaetantike
Autoren: Karlheinz Deschner
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setzte, dieser fort als »allen Elenden ein bitterer Feind«, wird »wütender Haß« unter den Christen beklagt, »Zwietracht und Streit, Aufruhr und Mord«. 22
    Den Göttern soll Marcellinus samt seinen drei Presbytern und Nachfolgern geopfert haben: den Päpsten Marcellus I. (308 bis 309?), er kam erst nach fast vierjähriger Sedisvakanz, der längsten der Papstgeschichte; Miltiades (311–314?) und Silvester I. (314 bis 335). Doch wie so oft ist die Überlieferung unsicher, verworren, auch durch beschönigende klerikale Aktenfälschung bewußt entstellt. Ja, es kann sein, daß Marcellinus identisch mit Marcellus I. ist (den Kaiser Maxentius, gegenüber Christen in Wirklichkeit betont tolerant: I 218 ff, wiederholt zu Stalldiensten abkommandiert haben und der, laut Legende, auch im Stall, catabulum, natürlich als Märtyrer, gestorben sein soll). Die Kirche jedenfalls verehrt alle drei beziehungsweise vier als Heilige bis heute. Doch bezeichnet selbst der Liber Pontificalis, das offizielle Papstbuch, Marcellinus als Traditor (Überläufer) und berichtet, er habe Weihrauch geopfert, läßt ihn freilich zur Sühne den Märtyrertod sterben; auf Befehl Diokletians wird er enthauptet. In die kurze Regierungszeit des Miltiades fallen die entscheidende Schlacht an der Milvischen Brücke, das Mailänder Toleranzedikt und die Verurteilung der Donatisten.
    Der eigentliche Zeitgenosse Konstantins ist jedoch Silvester I. – »groß wie die Zeit«: Papsthistoriker Gröne. Tatsächlich aber spielte der Römer bei den Entscheidungen des Kaisers so gut wie keine Rolle. Obwohl er volle 22 Jahre »regierte«, weiß man von ihm weniger als von jedem andren Bischof des 4. Jahrhunderts! Um so mehr wußten dann spätere christliche Fiktionen und Fälschungen, denen die Päpste ihren ganzen Staat verdanken. Vom hl. Silvester sind keine echten Schreiben erhalten. Die Überlieferung ist buchstäblich fabelhaft. »Reich umrankt von einem Kranz von Legenden« (Seppelt/Löffler), heilt er den aussätzigen Kaiser, er befreit Rom vom Gifthauch eines Drachen. Und da er vermutlich den Göttern geopfert, betonen die Christenmärchen ausführlich seine Standhaftigkeit. Der Statthalter aber, der ihn zur Preisgabe katholischen Besitztums zwingen will, erstickt an einer Fischgräte. Ja, im Kampf mit den zwölf jüdischen Meistern erweckt Silvester einen vom letzten Meister getöteten Stier wieder zum Leben. »Dein Gott kann töten, meiner aber lebendig machen«. (Und wahrhaftig: am Hochaltar Gregor Ehrhards in Blaubeuren, 1493/94, auch auf zahlreichen späteren Bildern, liegt der Stier zu Füßen Silvesters.) 23

4. Kapitel

Der Kampf um die Bischofsstühle des Ostens im 5. Jahrhundert bis zum Konzil von Chalkedon
    »Kämpfe und Zwiespalt sind auch der römischen Kirche nicht erspart geblieben – ... Aber sie haben niemals den Grad von Leidenschaft und blutiger Wildheit erreicht, der im Osten an der Tagesordnung war«.
    Johannes Haller 1

    »Der Streit um Origenes entwickelte sich zu einem förmlichen Krieg zwischen den beiden Hauptstädten des Ostens und deren mächtigen Bischöfen: Theophilus von Alexandrien und Johannes von Konstantinopel.«
    Jean Steinmann 2

    »Im Bunde mit den Kopten und soweit möglich mit Rom haben Theophilos, Kyrill und Dioskur das Griechentum im Christentum verraten, um die Macht des Patriarchen von Alexandreia zu sichern und zu steigern. Aber es wurden Pyrrhossiege ... Der Untergang des griechischen Christentums in Ägypten war bereits in dem Augenblick da, in dem Theophilos unter dem Zwang der Kopten den Origenisten Ammonios mit den Worten: ›Ketzer, verfluche den Origenes‹, mißhandeln ließ. Das war zugleich das Todesurteil über die Griechen in Ägypten überhaupt«.
    Der Theologe Carl Schneider 3

Kirchenlehrer Hieronymus und Konsorten leisten Theophil »Schergendienste« gegen Kirchenlehrer Johannes

    Einige hundert Mönche flohen 401 aus Ägypten; manche nach Konstantinopel, die meisten nach Palästina, wo freilich jetzt auch Kirchenlehrer Hieronymus die Origenisten bekriegte. Der große Heilige und Patron der Gelehrten, von Altdorfer, Dürer, Leonardo da Vinci verewigt, hatte bisher viel zur Verbreitung des Origenes im lateinischen Westen getan, hatte mehrere seiner Werke begeistert übersetzt, ihn auch schamlos ausgeschrieben, wie so viele, ja, ihn als »größten Lehrer der Kirche seit den Aposteln« gefeiert (I 172), als »unsterbliches Genie«, sich darüber entrüstend, daß man ihn einmal in Rom angriff,
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