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Kriminalgeschichte des Christentums Band 02 - Die Spaetantike

Kriminalgeschichte des Christentums Band 02 - Die Spaetantike

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 02 - Die Spaetantike
Autoren: Karlheinz Deschner
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Unfehlbarkeit in Glaubensfragen und forderte das Recht, den Papst bei Amtsmißbrauch oder Amtsunfähigkeit absetzen zu dürfen. Hierher gehört ferner die »Deklaration des französischen Klerus« (declaratio cleri Gallicani) von 1682, der »Gallikanismus«, der sich in Deutschland unter dem Namen »Febronianismus« verbreitete (nach Justinus Febronius, der in Wirklichkeit Johann Nikolaus von Hontheim hieß, Weihbischof von Trier war, allerdings 1778 widerrufen hat). 79
    Die Ansicht, daß nur die Gesamtheit der Bischöfe (Episkopalismus), nicht der römische Bischof allein (Kurialismus), die Kircheneinheit repräsentiere, wirkte also auch im katholischen Klerus noch in der Neuzeit lange weiter, wo sie freilich 1516 Leo X. als Irrlehre verdammte – ein Papst, nebenbei, der schon vierzehnjährig Kardinal war, auch drei seiner Vettern zu Kardinälen machte, darunter der uneheliche Giulio, der spätere Klemens VII. Nicht zu vergessen auch, daß unter Papst Leo, dem »Sonnengott«, die Zahl der käuflichen Kirchenämter auf zweitausendzweihundert stieg! Auri sacra fames. Ja, der Episkopalismus kulminierte recht eigentlich im 17. und 18. Jahrhundert. Im 19. versetzte ihm allerdings das Erste Vatikanum mit der Definition des päpstlichen Universalepiskopats und der päpstlichen Unfehlbarkeit den Todesstoß.
    Im 20. Jahrhundert aber – »denn überall predigt die Kirche die Wahrheit«, wie der hl. Irenäus lehrt – möchten uns katholische Apologeten weismachen, daß schon zur Zeit »der Bekehrung Konstantins«, also im frühen 4. Jahrhundert, ja, wie aus dem Zitat folgt, noch viel früher, »die Existenz des Papsttums, d.h. die herrschende Stellung des römischen Bischofs längst eine vollendete Tatsache« war (Meffert); daß die Bischöfe Roms, so »Mit oberhirtlicher Druckgenehmigung« Domkapitular Joseph Schielle, »von
jeher
den Primat ausgeübt«; daß sie, so, gleichfalls kirchlich abgesegnet, Nazi-Theologe Lortz, »stets Anspruch auf den Vorrang Roms vor allen Kirchen« erhoben; daß die Primitialgewalt der Päpste, so – mit Imprimatur – Alois Knöpfler, einst Geheimer Hofrat, Erzbischöflicher Geistlicher Rat und Kirchenhistoriker an der Universität München, in der Antike »von der Gesamtkirche in unzähligen [!]
spontanen
Äußerungen nicht bloß anerkannt, sondern nicht selten geradezu herausgefordert ..., der römische Bischof stets [!] als Haupt der Kirche, ausgerüstet mit höherer, göttlicher Autorität, angesehen und geehrt« wurde; daß auch die Zeugnisse »der heiligen
Väter
«, wie die Apologeten Thomas Specht und Georg Lorenz Bauer geltend machen, »einhellig lehren, daß der Bischof von Rom oder die römische Kirche den Primat besitzt«. Kurz, fast die ganze römisch-katholische Theologie behauptet bis tief ins 20. Jahrhundert hinein (und zum großen Teil behauptet sie's noch heute): »
Der Primat des römischen Papstes
wurde von den
Kirchenvätern
und den
Kirchenversammlungen
aller Jahrhunderte einmütig anerkannt« (F.J. Koch/Siebengartner) – eine krasse Lüge. 80
    Tatsache dagegen ist, daß die der Kirchenkonstitution des Zweiten Vatikanums (auf Weisung einer »höheren Autorität«) beigegebene »Nota Praevia« dem Papst eine Machtbefugnis zuspricht, die jedenfalls verbal über das Erste Vatikanum weit hinausgeht, erlaubt sie jenem doch, »seine Vollmacht jederzeit nach Gutdünken (ad placitum)« auszuüben. So konnte Paul VI. 1967 sich auch völlig bewußt sein, »daß der Papst das größte Hindernis auf dem Weg zum Ökumenismus ist« – und zwei Jahre später stolz behaupten: »Wir sind Petrus«. 81
    Schon in der Antike aber war der römische Einfluß auf die bedeutendere Kirche des Ostens äußerst gering und darum bisher kaum zu beachten. Die orientalischen Synoden kannten den späteren Begriff des Papsttums gar nicht – woher auch? Auf dem großen Konzil von Nicaea 325 (I 362 ff) war der »Papst« weder anwesend noch hatte er Gewicht. Nach der Synode von Tyrus (335) beanspruchte er keine besonderen Rechte für seine Cathedra. Auf dem Konzil von Serdica (342. oder 343) mißlang der Versuch, ihn zur Appellationsinstanz in kirchlichen Streitfällen zu machen. Im Gegenteil! Die orientalischen Bischöfe wandten sich nicht nur gegen den hl. »Athanasius und die anderen Verbrecher«, sondern exkommunizierten auch »Julius aus der Stadt Rom, als Anstifter und Führer zum Bösen«. Nicht Julius I. (337–352), sondern Athanasius (I Kap. 8) war der führende Mann der Orthodoxie. 82
    Konnte
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