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Kriminalgeschichte des Christentums Band 02 - Die Spaetantike

Kriminalgeschichte des Christentums Band 02 - Die Spaetantike

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 02 - Die Spaetantike
Autoren: Karlheinz Deschner
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ein Name, von dem die welthistorische Bezeichnung »Katharer« und das deutsche Lehnwort »Ketzer« stammen.
    Im 4. und 5. Jahrhundert bekämpften die christlichen Kaiser der Reichseinheit wegen gewöhnlich die Novatianer. Honorius und Theodosius II. gingen streng gegen sie vor. Die Päpste Innozenz I. und Coelestin I. raubten ihre Kirchen, so daß ihr Bischof Rusticula den Gottesdienst in Privathäusern abhalten mußte (– oder hätte ich von Coelestin sagen sollen, er führte vermutlich den Introitus in die Messe ein? Vgl. I 12 f). Auch der hl. Kyrill von Alexandrien nahm den Novatianern ihre Kirchen samt Inventar, ja, ließ noch das Privatvermögen ihres Bischofs Theopemptos in seinen Taschen verschwinden (S. 197). Gelegentlich wurden ihre Gotteshäuser sogar zerstört, wie durch den Bischof Eleusios von Kyzikos am Hellespont. Und von den Schriften, die der philosophisch geschulte Novatian als erster römischer Theologe in Latein publizierte, blieb wohl nicht von ungefähr wenig übrig. Kaum Zufall auch, daß die Novatianer gerade auf gebildetere Christen anziehend wirkten. 19
    Die beiden einzigen Gelehrten, die das christliche Rom im 3. Jahrhundert hatte, waren Gegenpäpste; der eine, so schon Haller, wurde zeitlebens bekämpft, der andere exkommuniziert. 20

Der »Marschall Gottes« und »Patron des Hornviehs«

    Kornelius aber (häufig mit Trinkhorn dargestellt) lief seinem Konkurrenten nicht nur den Rang ab. Er wurde populär. Als rechtmäßiger »Papst«, als echter Heiliger (Fest: 16. September) und falscher »Märtyrer« avancierte er zu einem der sogenannten vier Marschälle, »Hofmarschälle Gottes«, »himmlischen Sachwalter«, die man allgemein bei pestartigen Seuchen anruft, im katholischen Rheinland aber auch als besondere Nothelfer, als Ergänzung der vierzehn Nothelfer, verehrt (»wegen ihrer einzig dastehenden Verdienste u. täglichen Hülfe«: Kölner Urkunde von 1479); den Einsiedler Antonius vor allem in Wesel, Bischof Hubert in den Ardennen, den Tribun Quirinus in Neuss, und Kornelius in Selikum, St. Severin (Köln) oder in Kornelimünster bei Aachen. Das überaus reiche, 1802 säkularisierte Benediktinerkloster wurde 1310 von den Aachenern zwar zerstört, mußte aber voll ersetzt werden. Und erlosch auch seit der Aufklärung die Verehrung der »vier Marschälle«, so doch nicht die der vier Heiligen. Noch im 20. Jahrhundert sollen am Fest des hl. Kornelius jährlich Tausende nach Kornelimünster pilgern, das sogar – Ziel der Frommen – das »Haupt« des Hofmarschalls a.D., ein silbernes »Büstenreliquiar«, besitzt. (Im Spätmittelalter verehrte man dort als Kapitalstücke unter anderem auch »das Tuch womit sich der Heiland beim Abendmahl umgürtete ... und das Schweißtuch, das unserm Herrn im Grabe auf sein gebenedeites Antlitz gelegt ward«: Beissel SJ). Ferner wurde Kornelius »Patron des Hornviehs«, somit wohl auch aller Hornochsen, wird darüber hinaus aber bei Krämpfen angerufen, Fallsucht (Epilepsie) et cetera; wenn auch der hl. Valentin hier kompetenter ist. 21

Aufruhr, Mord und Lügenkränze. Die Päpste Marcellinus, Marcellus, Miltiades, Silvester und andere

    Die kontroverse Bußfrage führte im frühen 4. Jahrhundert auch unter Marcellus I. und Eusebius zu Auseinandersetzungen. Während der Verfolgung Diokletians zog Papst Marcellinus (296 bis 304?), wie so viele Christen, sein Leben dem Martyrium vor. Er hat, thurificatus und traditor, den Göttern geopfert und »hl. Schriften« ausgeliefert; wenngleich die historische Bezeugung, immerhin durch Christen, Donatisten, nicht unbezweifelt blieb. Doch sah sie selbst Papst Nikolaus für erwiesen an. Nennen ja, vielsagend genug, sogar manche alte Papstkataloge Marcellinus nicht, übten also an dem in der Verfolgung Abgefallenen radikale Justiz, die damnatio memoriae – ein finsteres Kapitel.
    Nach überstandenem Pogrom aber schlugen die Christen, eine strenge, eine laxe Partei, jede mit einem Bischof, einander selber die Köpfe ein. Zweimal nacheinander griff die Regierung durch. Bischof Marcellus, Bischof Eusebius, Heraclius, der Führer der klerikalen Opposition, mußten ins Exil. Dann bestand anscheinend bis 335 ein Doppelbistum. Gegenbischof ist Marcus, ein Mann besonderer »Heiligkeit«. Doch selbst Papst Damasus I. beschwört die Vehemenz des Streits: »furor, odium, discordia, lites, seditio, caedes, bellum, solvuntur foedera pacis«. So lebt noch auf dem Epitaph, das Damasus Marcellus, einem scharfen Rigoristen,
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