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Im Falle einer Falle

Im Falle einer Falle

Titel: Im Falle einer Falle
Autoren: A. A. Fair
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    Es war am Nachmittag gegen halb vier, also genau die Zeit, zu der sich verantwortungslose Drückeberger aus ihren Büros stehlen, in die nächstliegende Imbißstube flitzen und sich Kaffee und Kuchen oder — falls sie gewichtige Probleme haben — ein Sandwich zu Gemüte führen.
    Da mich keine Probleme drückten, verspürte ich Lust auf etwas Süßes und wollte gerade meine Sekretärin Elsie Brand fragen, ob ich sie zu einem Eis einladen durfte, als hinter der Milchglasscheibe meines Büros ein komischer roter flackernder Lichtschein auftauchte.
    Der Türknopf drehte sich.
    Jemand auf der anderen Seite stieß die Tür mit dem Fuß auf, und der komische Lichteffekt entpuppte sich als eine mit brennenden Kerzen verzierte Torte.
    Elsie Brand marschierte mit der Torte herein. Direkt hinter ihr kam Bertha Cool, Seniorpartnerin unserer Privatdetektei — einhundertfünfundsechzig Pfund pöbelhafte, geballte Energie.
    In Berthas Kielwasser folgten die Empfangsdame und die Stenotypistin; letztere erledigt die gewöhnlichen Schreibarbeiten und betätigt sich als Berthas Sekretärin.
    Als die Tür aufschwang, sangen die vier im Chor: »Happy Birthday to you! Happy Birthday to you! Happy Birthday, lieber Donald! Happy Birthday to you!«
    Elsie Brand stellte die Torte auf meinen Schreibtisch, sah mich bedeutungsschwer an und sagte: »Wünschen Sie sich was, Donald, und versuchen Sie die Kerzen auf einmal auszupusten.«
    Ich holte tief Luft und blies alle Kerzen aus — bis auf eine.
    »Sie haben’s nicht geschafft, schade.« Elsies Stimme klang enttäuscht, als hätte sie sich etwas gewünscht, das nun nicht in Erfüllung gehen würde. t
    »Na, so was«, sagte Bertha erstaunt. »Das ist das erstemal, daß der kleine Bastard nicht kriegt, was er sich wünscht.«
    Die Empfangsdame, ein hochgewachsenes, romantisch veranlagtes Mädchen von achtundzwanzig, lachte melodisch. Die Stenotypistin wartete mit einer Kanne Kaffee und Pappbechern auf, und Elsie förderte ein Messer zutage. »Ich hab’ die Torte selbst gebacken, Donald«, sagte sie. »Es ist Ihr Lieblingsrezept.«
    Ich zog die Kerzen heraus, stapelte sie ordentlich in einen Aschenbecher und schnitt die Torte an.
    »Also hier stecken Sie!« sagte eine Männerstimme von der Tür her.
    Wir fuhren herum.
    Der Neuankömmling gab sich liebenswürdig, aber seine Umgänglichkeit wirkte nicht ganz überzeugend. Er war ein großer, breitschultriger, schmalhüftiger Mann mit einem gebräunten Gesicht. Meiner Meinung nach sah er zu sehr wie ein Texaner aus, um einer zu sein. Er hatte Krähenfüße um die Augen wie jemand, der sich oft bei Wind und Wetter im Freien aufhält, eine ziemlich kräftige Nase und zwei tiefe Furchen, die bis zu den Mundwinkeln reichten. Alles in allem war er ein Mann, mit dem schlecht Kirschen essen war, vor allem, wenn ihm irgend etwas gegen den Strich ging.
    »Anscheinend bin ich mitten in die Kaffeepause hereingeplatzt«, sagte er. »Entschuldigen Sie bitte.«
    »Es ist bloß eine kleine Geburtstagsfeier«, erklärte ich. »Ich hab’ nämlich heute Geburtstag, und das Ganze sollte eine Überraschung für mich sein.«
    »Oh!« sagte er.
    Bertha ist hinter jedem Cent her wie der Teufel hinter einer armen Seele, aber sie dachte nicht daran, sich von irgendeinem dahergelaufenen Texaner einschüchtern zu lassen.
    »Man hat nur einmal im Jahr Geburtstag«, bemerkte sie. »Paßt Ihnen das vielleicht nicht?«
    »Aber nein, ganz im Gegenteil. Wenn Sie gestatten, feiere ich sogar mit. Ich hätte gern ein Stück von dieser prachtvollen Torte, und vielleicht könnten wir uns währenddessen über unser Geschäft unterhalten.«
    »Na ja, wir haben hier drin aber nicht genug Stühle«, meinte Bertha. »Es wird also eine Stehparty. Wie möchten Sie Ihren Kaffee — schwarz oder mit Zucker und Sahne?«
    »Mit Zucker und Sahne.«
    Bertha betrachtete seine drahtige Figur und grunzte anerkennend. Sie hat zwar die Durchschlagskraft einer Dampfwalze, von Figur kann bei ihr aber nicht die Rede sein; und um diesem Manko abzuhelfen, macht sie alle nasenlang Abmagerungskuren, die sie aber nie durchhält. Auf das Fasten folgt dann eine Freßperiode, in der sie auf die schlanke Linie pfeift, bis sie wieder das schlechte Gewissen packt.
    Ich schnitt die Torte an.
    Die Stimmung war seltsam gedämpft, seit sich die Büroparty um den ungebetenen Gast vermehrt hatte. Ich gab ihm das erste Stück Torte. Er reichte es galant an Bertha Cool weiter, die den Teller an sich riß, sich eine
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