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Kriminalgeschichte des Christentums Band 02 - Die Spaetantike

Kriminalgeschichte des Christentums Band 02 - Die Spaetantike

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 02 - Die Spaetantike
Autoren: Karlheinz Deschner
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von der Gefahr dieses Irrtums befreit, die ganze Welt frohlocke über seine Siege. 14
    Da Theophil überall gegen die Flüchtlinge eiferte, Briefe an die Oberhirten Palästinas und Cyperns schrieb, an einzelne Bischöfe, an Anastasius von Rom, da er Emissäre gegen die Gehetzten schickte, so daß sie auch Johannes von Jerusalem nicht schützte, flohen sie weiter nach Konstantinopel. Und Johannes Chrysostomos nahm sie auf, trat für sie ein, ja, die Regierung zitierte Theophil vor ein Konzil in der Hauptstadt, wo Johannes das Urteil fällen sollte.
    Doch Theophil verstand es, den Spieß umzudrehen.
    Sosehr Johannes die Massen beherrschte, als Hofbischof war er ganz ungeeignet. Er hatte nicht nur seinen alexandrinischen Rivalen gegen sich, sondern auch viele andere katholische Prälaten. Vor allem Severian von Gabala in Syrien, einen in Konstantinopeler Hofkreisen beliebten Prediger mit ungewöhnlich guten Bibelkenntnissen, der ebenso für den nicaenischen Glauben stritt wie gegen »Ketzer« und Juden. Weiter Bischof Acacius von Beröa (Aleppo), den der syrische Dichter Baläus in fünf Lobliedern besang. Ferner Bischof Antiochus von Ptolemais (Akko in Phönizien) sowie Makarius Magnes, wahrscheinlich identisch mit dem Bischof von Magnesia (in Karien oder Lydien). 15
    Besonders aber wurde Johannes in der reichen, hochzivilisierten Hauptstadt selbst zur persona non grata. Den Millionären war er fatal durch »kommunistische« Predigten, in denen er donnerte, ihre Toiletten aus Gold gälten ihnen mehr als die Bettler vor ihren Villen. Auch schlug er die Einladungen gerade der Vornehmen (áristoi) aus. Sein intransigenter Asketismus, Ursache dauernden Magenleidens, mißfiel den lebensfrohen Damen des Hofes und andern, denen er privat oder öffentlich ihre Verjüngungsversuche vorhielt. »Wozu tragt ihr Puder und Schminke im Gesicht wie die Huren ...?« Zumal Kaiserin Eudoxia, Förderin von Klerus und Kirche, zuerst auch des Chrysostomos, haßte ihn zuletzt. Er hatte sie nach Beschlagnahme eines Grundstücks »Jezabel« geschmäht. Grund genug für Theophil, dem Gegner eine Kriminalklage anzuhängen: laesa maiestas. Viele Geistliche schloß Johannes einfach aus; einen Diakon wegen Ehebruch, einen wegen Mord. Selbst Bischöfe setzte er rigoros an die Luft, die ihre Weihe bei dem Metropoliten von Ephesus, Antonin – er entzog sich durch den Tod –, gegen Gebühren erkauft hatten, nach Jahreseinnahmen gestaffelt; denn Simonie und Habsucht florierten schon im Klerus.
    Unbeliebt war Johannes vielfach auch bei seinen eignen Pfarrern, die einem guten Leben frönten; zuwider vor allem den Huldigern des Syneisaktentums, der Liaison mit einer Gottgeweihten, einer »gynä syneisaktos«, einer »geistlichen Ehefrau«. Die Gemeinschaft, die selbst das – ganz keusche – Zusammensein im Bett einschloß, von ihren Praktizierern, wie fast alles, auch biblisch sich belegen ließ, war tausendfach erprobt und überdauerte einige Jahrhunderte in Ost und West. Chrysostomos mißverstand aber diese hartnäckige Kasteiung, richtete einen geharnischten Doppeltraktat gegen sie und behauptete, »daß es bald besser wäre, es gäbe keine (gottgeweihten) Jungfrauen mehr«. 16
    Schließlich widerstrebten dem Patriarchen gewisse Mönchsgruppen heftig. Unter dem Abt Isaak, einem Syrer, der in Konstantinopel ein Kloster gegründet, formierte sich bereits bei der Stuhlbesteigung des Antiocheners eine Mönchspartei, die ihn jahrelang erbittert abgelehnt, verleumdet hat. Abt Isaak selbst wurde ein leidenschaftlicher Parteigänger des Theophilus und erfolgreicher Ankläger im Prozeß gegen Johannes. 17

Von der Demut eines Kirchenfürsten

    Isaak und sein Anhang hatten den Patriarchen auch hochfahrend geschimpft, stolz, und ihm damit freilich kaum Unrecht getan. Der Heilige, ein Priester des Allerhöchsten, war, wie so viele seinesgleichen, alles andere als bescheiden. Er predigte nicht nur: »deshalb hat er (Gott) uns in die Welt gestellt, daß wir die Sterne seien ... daß wir wie Engel unter den Menschen wandeln ...«; er lehrte nicht nur: »Nichts ist mächtiger als die Kirche, Mensch ... Die Kirche ist stärker als der Himmel ... um der Kirche willen ist der Himmel, nicht wegen des Himmels die Kirche da«! Sondern er nannte selbst den Kaiser »Mitknecht« vor Gott, protzte, der Bischof sei gleichfalls Fürst, und zwar »noch ehrwürdiger als jener (der Kaiser). Denn
auch die Person des Kaisers haben die heiligen Gesetze der (geistlichen) Autorität
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