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Krieg der Sänger

Krieg der Sänger

Titel: Krieg der Sänger
Autoren: Robert Löhr
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Stadt,
der sich ihnen für einige Münzen als Führer und Übersetzer angedient hatte.
Nach einem langen Dankgebet für die vorausschauende und unaussprechliche
Fürsorge Gottes zerriss man die Hühner und aß. Der Böhme hatte Wein dabei und
Schinken, den er sich allem Hunger zum Trotz für den Tag aufgespart hatte, an
dem Akkon wieder in Christenhand fiel.
    Über dem Braten kam man ins Erzählen. Einer der Kärntner berichtete,
dass Herzog Leopold am Vortag schier im Blut der Sarazenen gebadet habe; dass
sein weißer Rock über und über mit Blut bedeckt gewesen sei, sodass, als er den
Schwertgurt abgelegt habe, ein weißer Streifen auf Leibesmitte das Rot geteilt
habe. Der alte Thüringer Zimmermann erklärte, weshalb er nicht mit seinem
Landgrafen in die Heimat zurückgekehrt sei: weil er nämlich gelobt habe, bis
zur Befreiung des Heiligen Grabes in Palästina zu bleiben oder hier zu sterben.
Das Kreuz habe er genommen, um dafür Buße zu tun, dass ein von ihm erbautes Haus
in Erfurt eingestürzt sei, wobei mehr als sechzig Menschen zu Tode gekommen
seien.
    Auf ihre Verbände angesprochen, erzählte Walther, woher seine und
Heinrichs Wunden stammten. Er hatte den österreichischen Belagerungsturm auf
dem Weg nach Akkon eskortiert und war kurz davor gewesen, ihn zu besteigen, als
ein Katapult der Sarazenen eine der so gefürchteten Brandbomben über die Mauer
geschleudert hatte; ein Gefäß aus genagelten Eisenreifen, einem Igel
vergleichbar, gefüllt mit brennendem Naphta. Im Holz der Ebenhöhe hatte sich
das Geschoss festgekrallt und ergoss nun sein flüssiges Feuer über den Turm,
über Ritter und Waffenknechte. Flammen waren Walther auf Helm, Schultern und
Rücken gefallen und daran hängen geblieben.
    Hier riss Heinrich das Wort an sich und erklärte, wie er den
brennenden Kameraden bemerkt habe. Walther habe Schwert und Schild von sich
geworfen und sei wie ein geköpftes Huhn auf und ab gerannt; bemüht, mit den
Handschuhen die Flammen auf seinen Schultern auszuklopfen, worauf auch die Handschuhe
Feuer gefangen hätten. Schon hätten Walthers Ketten zu glühen begonnen, da habe
Heinrich ihn schlechterdings umgerannt und sich auf ihn geworfen, habe mit
beiden Händen Sand auf seinen Rücken gehäuft und ihn so lange auf dem Boden
gewälzt, bis auch die letzte Lohe erstickt war – natürlich nicht, ohne selbst
einigen Schaden durch das byzantinische Feuer zu nehmen. Die anderen
beglückwünschten Walther zu seinem aufopferungsvollen Freund.
    Anschließend kursierten Schauergeschichten über die lange Zeit der
Belagerung. Wie man sich um Brot geprügelt und für ein Ei einen ganzen
Silberdenar bezahlt hatte. Wie manche ihren Pferden und Eseln die Adern
geöffnet hatten, um das Blut zu trinken. Wie andere in die Hände ihrer
Gefährten pissten und dann tranken und wie bei manchen der Durst sogar so groß
und der Stolz so gleichgültig geworden war, dass sie Tücher in die Latrinen
gelegt hätten, um die Flüssigkeit danach in ihren Mund zu wringen.
    Man hatte sich dermaßen in Rage geredet auf die Sarazenen, diese
Söhne des Verderbens, die die Verursacher ihrer Plagen gewesen waren, dass die
Gruppe darin übereinkam, auch ihre Gastgeber für den langen Widerstand Akkons
zu strafen. Mehr noch: Man wollte, man musste die Akkoner zum wahren Glauben
bekehren – oder zumindest zum Abfall vom falschen. Priester hatten sie zwar
nicht dabei, dafür aber drei Dinge, jeden Mohammedaner zu brechen: Wein,
Schwein und ein Kruzifix.
    Walther protestierte und blieb ungehört. Die Türen nach draußen
wurden verriegelt. Der Herr des Hauses, der sich mit seiner Familie im
darüberliegenden Geschoss verkrochen hatte, wurde zu den Christen in die Küche
bestellt, während die Familie im Vorraum zu warten hatte. Heinrich begrüßte ihn
freundlich mit einigen arabischen Worten, die er im Lager gelernt hatte; den
Rest seiner Ausführungen musste ihr Syrer übersetzen. Der Heide solle –
erklärte Heinrich – etwas Schinken essen, ihn dann mit einem Becher Wein
hinunterspülen und zuletzt, Jesus von Nazareth preisend, das Kreuz küssen.
Anschließend habe jedes Mitglied seiner Familie diese Prozedur zu wiederholen.
Wer sich weigere, würde geschunden.
    Schon das Geheule des Muselmanen war grandios. Ein Schwall alberner
Sprache ergoss sich aus dem Mund des Braunen, von dem der Syrer nur jedes
dritte Wort zu übersetzen vermochte. Der Mann warf sich auf den Boden, rang mit
den Händen, kroch von einem Kreuzritter zum anderen und
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