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Kräfte der Comyn - 12

Kräfte der Comyn - 12

Titel: Kräfte der Comyn - 12
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Kennard getan hatte.
Kennard nickte. „Ich mußte das verdammte Ding wieder einrenken, bevor die Muskeln darumherum steif wurden. Sonst hätte es drei Männer erfordert, dich festzuhalten, wenn sie ihn später wieder eingerenkt hätten”, sagte er.
„Woher hast du gewußt…?”
„Tiefensondierung”, sagte Kennard kurz. „Ich kann es nicht immer und auch nicht lange. Aber ich…” Er zögerte, beendete den Satz dann nicht. Larry hörte ihn dennoch: Ich war es dir schuldig. Aber, verdammt, jetzt sind wir beide erschöpft.
„Und wir haben immer noch diese teuflische Ebene zu überwinden”, sagte er laut. Er begann den Gürtel zu öffnen und zog kurz an dem Larrys. Larry sah ihm neugierig zu, wie er sie zusammenband und die Enden um ihre Handgelenke knüpfte.
„Zu dumm, daß du die linke Hand nicht gebrauchen kannst”, sagte er ungeduldig. „Zu dumm, daß sie herausgefunden haben, daß du Linkshänder bist. Nun, gehen wir. Laß mich führen. Dies ist eine schreckliche Stelle für deinen ersten Unterricht im Bergsteigen, aber so ist es nun einmal. Du solltest jedenfalls folgende Dinge stets bedenken: Bewege niemals einen Fuß, ohne daß du mit dem anderen und beiden Händen sicheren Halt hast. Und dasselbe gilt auch für beide Hände.” Auch diesmal war sein unausgesprochener Satz für Larry mühelos verständlich: Unser beider Leben liegt in seinen Händen, weil er der Schwächere ist.
Den Rest seines Lebens erinnerte Larry sich an die schrecklichen anderthalb Stunden, die sie brauchten, um die geröllübersäte Ebene zu überwinden. Es gab Stellen, wo die geringste Bewegung Geröllawinen auslöste; und doch konnten sie nichts anderes tun, als sich festzuklammern und zu hoffen. Über und unter ihnen befand sich die Klippe; dort gab es keinen Weg, und wenn sie zurückwichen, um einen leichteren Weg zu suchen, konnten sie sie niemals überwinden. Ein halbes dutzendmal verlor Larry den Halt, und nur der Gürtel verhinderte, daß er einen Sturz ins scheinbar endlos tiefe Nichts begann. Auf halbem Weg begann dünner Pulverschnee zu fallen, und Kennard fluchte mit Worten, denen Larry nicht einmal entfernt folgen konnte.
„Das hat uns gerade noch gefehlt!” Aber plötzlich schien sich seine Stimmung zu bessern, er bewegte vorsichtig einen Fuß vor. „Nun, Larry, so sieht’s also aus - das Schlimmste ist eingetreten. Nichts Schlimmeres hätte uns passieren können. Nun kann es nur noch besser werden. Komm - diesmal den linken Fuß. Versuch es bei diesem grauen Fels. Sieht hinreichend fest aus.”
Und schließlich befanden sie sich wieder auf festem Boden, ließen sich in den Schnee fallen, wo sie erschöpft und gierig Atem holten, wie Läufer, die gerade ein zehn Meilen langes Rennen überstanden hatten. Kennard, der an die Berge gewöhnt war, erholte sich wie üblich als erster wieder und stand mit frohlockender Stimme auf.
„Ich sagte doch, daß es nur noch besser werden kann! Schau dir das an, Larry!”
Er deutete mit dem Finger nach oben. Dort sahen sie im fahlen Schneelicht den Paß, weniger als hundert Schritte entfernt, der zwischen Felsenklippen hindurchführte - ein natürlicher Durchgang, der tief mit Schnee gefüllt war, aber dafür war er nur schwach geneigt, so daß sie aufrecht gehen konnten.
„Und auf der anderen Seite des Passes, Larry, sind meine Leute - Freunde, die uns helfen werden! Wärme und Essen und Feuer und…” Er verstummte. „Scheint fast zu schön, um wahr zu sein.”
„Mir würden trockene Füße und etwas Warmes zu essen genügen”, sagte Larry, dann erstarrte er, während Kennard immer noch auf den Paß zuging. Die schreckliche innere Anspannung, die er kurz vor ihrer Gefangennahme durch die Waldmenschen verspürt hatte, meldete sich wieder. Sie packte ihn an der Kehle, zwang ihn, hinter Kennard herzulaufen, ihn mit seinem unverletzten Arm festzuhalten. Er konnte nicht sprechen, er konnte kaum atmen, so stark war das Gefühl. Das Wissen um eine schreckliche Gefahr…
Dann war es vorbei, er konnte wieder atmen. Er schrie und hielt sich an Kennard fest und zeigte mit dem Finger, und er hörte auch den anderen Jungen kreischen, aber der Schrei ging im Sirenenruf unter, der in dem Felsenpaß erklang und anschwoll. Über ihnen befand sich ein häßlicher kahler Kopf, ohne Federn, augenlos und suchend, aufwärts gerichtet, gefolgt von einem riesigen Körper, der in einem trüben, phosphoreszierenden Licht erstrahlte. Er kam auf sie zu, unbeholfen, aber mit erschreckender
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