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Korsar und Kavalier

Titel: Korsar und Kavalier
Autoren: Karen Hawkins
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bereitete. Doch im Leben gab es nichts umsonst, diese Lektion hatte er schon vor Langem gelernt.
    Eigentlich hätte es Rochester nicht überraschen dürfen, dass es ans Sterben ging. Schließlich war er über siebzig, ein Umstand, den er vor seinen Zeitgenossen zu verbergen gesucht hatte, indem er sich so lang wie möglich an gepuderte Perücken hielt, an Rouge und eine wahrhaft prächtige Garderobe, welche von den schlaffen Wangen und der zerfurchten Stirn ablenkte.
    Um die Illusion von Jugend noch zu verstärken, hatte er eine Frau geheiratet, die mindestens ein halbes Jahrhundert jünger war als er. Angeblich hatte er die hübsche, aber fade Miss Leticia allein deswegen geheiratet, um seinen Haushalt mit einer schönen Frau zu schmücken - genauso wie man zur Dekoration der Dinnertafel Orchideen kaufte.
    Doch in Wirklichkeit wollte Rochester unbedingt einen Erben. Er hatte gedacht, er würde heiraten und einen Sohn zeugen und auf die Art seine Ländereien, sein Vermögen und seinen Titel sichern. Selbst jetzt noch schauderte ihn ob dieser Geschmacklosigkeit. Der Geschlechtsakt war wie ein Kunstwerk, wenn man ihn zum Vergnügen ausübte. Wenn es aber darum ging, ein greinendes Kind in die Welt zu setzen ... Rochester verzog die Lippen.
    Er hätte nie gedacht, dass er Schwierigkeiten haben könnte, ein Kind zustande zu bringen. Schließlich hatte er schon vor der Ehe ein paar Bastarde gezeugt, wieso sollte er also jetzt Probleme bekommen? Das war auch der Grund, warum er so lange gewartet hatte, ehe er sich an irgendein albernes, forderndes Gänschen band, dem man zweimal sagen musste, dass man tagsüber keine Diamanten trug. Doch sosehr ihm die Vorstellung auch missfiel, er kannte seine Pflichten, und so hatte er widerstrebend geheiratet.
    Leider zeigte das Schicksal einen höchst grausamen Sinn für Humor. Und so stand er jetzt da, mit einem Bein im Grab, verheiratet mit einem Gänschen, das mehr Haare als Verstand besaß, und weit und breit kein ehelicher Sohn, der sein Vermögen oder den Titel erben könnte. Der Titel, auf den er ebenso viel Mühe verwandt hatte wie auf sein Haus, sollte mit ihm aussterben.
    Unwillkürlich krampfte er die Finger um das Blatt Papier, das er in der Hand hielt. Das Rascheln erregte seine Aufmerksamkeit. Ah ja, die Liste. Er lächelte erleichtert. Es gab doch noch eine Hoffnung.
    All seine Fehler würde er wieder in Ordnung bringen. Selbst aus dem Grab heraus würde er noch die Würde des Namens Rochester in Ehren und das Haus in der Familie halten. Es war ein kühner Plan. Aber er war ja auch ein kühner Mann.
    Er lächelte, zuckte dann zusammen, als ihm ein scharfer Schmerz durch die Schultern fuhr. Verdammt, ihm blieb nur noch wenig Zeit. Warum hatte er nur so lange gewartet?
    Die schwere Mahagonitür zu seinem Schlafzimmer öffnete sich, und ein großer, gepflegter Mann trat ein. Wie es einem Butler anstand, trug er Tief schwarz und war von einer Aura der Würde und Ruhe umgeben. Er hielt ein Silbertablett in der Hand, das mit einem Leinentuch bedeckt war.
    Rochester verlangte von seinen Dienstboten stets höchste Eleganz. Doch selbst er musste zugeben, dass sein Butler, der unentbehrliche Reeves, ein veritables Kleinod war. Er strahlte eine erstaunliche Autorität aus, war schlank und distinguiert, und sein dunkles Haar wies über beiden Ohren eine graue Strähne auf. Sein formvollendetes Auftreten war sogar schon Beau Brummei auf gefallen.
    Rochester hatte den weitbesten Butler, und das war dem gesamten ton bekannt. Allein in den letzten zwei Monaten hatte man viermal den Versuch gemacht, Reeves bei ihm abzuwerben, doch Rochester wusste genau, was der Mann wert war, und zahlte ihm ein Vermögen.
    Der Butler stellte das Tablett auf dem Nachttisch ab. Er hob die silberne Haube hoch, worauf ein mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit gefülltes Glas zum Vorschein kam. Rochesters Hoffnungen stiegen. „Brandy?“
    „In der Tat, Mylord.“
    „Aber Letty hat doch behauptet, sie hätte meinen Brandy zum Fenster hinausgeschüttet! “
    „Wenn ich geahnt hätte, was Ihre Ladyschaft zu tun beabsichtigte, hätte ich sie vielleicht zu einer vernünftigeren Herangehensweise überreden können, zum Beispiel, den Brandy auf Ihren Sommersitz zu schicken. Leider kam ich zu spät.“
    „Zum Teufel mit ihr, was mischt sie sich da ein?“
    „Lady Rochester war bekümmert, weil Sie dem Rat des Arztes nicht Folge leisten und lieber weiterhin dem Alkohol frönen wollen. “
    „Ich mag ja
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