Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Korsar und Kavalier

Titel: Korsar und Kavalier
Autoren: Karen Hawkins
Vom Netzwerk:
Butler der Haushälterin erklärte, dass Mutter des Verrats angeklagt war, hatte er gedacht, er hätte sich verhört. Doch dem war nicht so.
    Selbst jetzt kam ihm dieser Tag wie ein furchtbarer Albtraum vor. Mrs. Felts, die Haushälterin, hatte geweint, und Butler Melton hatte bleich und grimmig ausgesehen. Die Knaben hatten es natürlich nicht verstanden. Sie wussten nur das, was Mr. Brooks ihnen erzählte: dass ihre Mutter weg sei, eines Tages aber zurückkommen werde. Dass man die Anklage anfechten, Einwände erheben könne. Doch die Zeit ging ins Land, und die Knaben hörten immer seltener diese tröstenden Worte. Mittlerweile wurde darüber überhaupt nicht mehr gesprochen.
    Direkt nach der Verhaftung ihrer Mutter stellte der Earl die Zahlungen ein. Sie erhielten keinen einzigen Penny mehr. Die Dienstboten waren einer nach dem anderen gegangen, bis am Ende nur noch Mr. Brooks übrig geblieben war.
    Eines Tages war ein ernster, stämmiger Mann zu ihnen gekommen und hatte ein Schild über die Tür genagelt, auf dem zu lesen stand, dass das Anwesen wegen Zahlungsrückständen an die Bank rückübereignet werde.
    Christian wusste nicht genau, was „rückübereignen“ bedeutete, doch kurz darauf packte Brooks alles Silber im Haus auf einen Karren, und dann machten sie sich auf den Weg. Das Familiensilber hielt nicht lange vor. Im Lauf der Wochen sank ihre Lebensqualität immer weiter ab. Sie stiegen nicht mehr in den Gasthöfen in der Mitte des Ortes ab, sondern am Rand. Dort, wo es feucht und schmutzig war und man mit einem Strohsack vorliebnehmen musste. Oder mit dem blanken Boden.
    Inzwischen waren sie bei den letzten beiden Silberleuchtern angelangt. Christian fragte sich, was werden sollte, wenn auch die verkauft waren. Was sollten sie dann tun? Noch wichtiger, was würde Brooks tun?
    Eine Hand legte sich auf seine Schulter. „Schau nicht so“, sagte Tristan. „Mir fällt schon etwas ein.“
    Christian wandte sich zu seinem Bruder um. „Hoffentlich.“
    Tristan drückte ihm die Schulter, fest entschlossen, alles in Ordnung zu bringen. „Wir kommen schon zurecht. Wart nur mal ab.“
    Christian schob sich das Haar aus den Augen. Das Licht fiel auf sein Gesicht, die schmutzige Spitze an seinem Hals und den abgetragenen Samtrock. „Tristan, es gibt da etwas, was du wissen solltest. Gestern auf der Stiege hab ich belauscht, wie Brooks mit einem Mann sprach. Über uns.“
    Tristans Herz begann vor Aufregung schneller zu schlagen. „Was hat er gesagt?“
    „Brooks schuldet dem Mann eine Menge Geld. Der Mann wollte wissen, ob wir kräftig sind. Tristan, er hat gesagt... “, Christian schluckte und riss sich dann sichtlich zusammen, „...er hat gesagt, die letzten beiden Matrosen, die er in den Dienst gepresst hat, sind noch vor dem ersten Landgang gestorben!“
    Tristans Brust brannte. Er bekam kaum noch Luft. Das Leben auf See war hart und gefährlich, deswegen schickten die Schiffe oft Presspatrouillen an Land, die kräftige Männer überwältigten und an Bord schaffen sollten, damit sie dort als Matrosen dienen konnten.
    Tristan wurde die Kehle eng. Hoffentlich blieben ihnen ein paar Tage, um einen Ausweg zu finden. Vielleicht könnten sie die Kerzenhalter an sich nehmen und Brooks entwischen. Ja, genau das sollten sie wohl tun ...
    Tristan versteifte sich. Neben dem Lärm aus der Schankstube glaubte er noch ein anderes Geräusch vernommen zu haben. Da ... da war es wieder. Brooks kam die Stiege heraufgeschlichen, und er war nicht allein. Ihnen blieb keine Zeit mehr. „Christian! Schnell! Aus dem Fenster!“
    „Was ...?“ Sein Bruder riss die Augen auf, als er Brooks’ Stimme vernahm. Christian fuhr zum Fenster herum und begann aufgeregt am Riegel zu zerren.
    Tristan griff zum einzigen und noch dazu wackligen Stuhl im Raum und schob ihn unter den Türknauf. Mehr konnte er nicht tun.
    Laut knarrend gab der Fensterriegel nach. Christian schob das Fenster nach oben und beugte sich hinaus. „Tris, da geht es aber ganz schön weit runter ... “
    Die Tür klapperte. Brooks’ Stimme erhob sich vor Zorn. „Verdammt! Aufmachen!“
    Tristan lief zum Bett und zog ein kleines rotes Bündel hervor. Die Kerzenleuchter klapperten. Noch lauter klapperte die Tür. Am lautesten war Brooks’ Stimme. „Macht die verdammte Tür auf, sonst prügele ich euch windelweich!“
    Eine andere Stimme sagte leise etwas, und Brooks stimmte zu: „Das könnte gehen.“
    Tristan packte das Bündel und rannte zu Christian.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher