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Korrupt (German Edition)

Korrupt (German Edition)

Titel: Korrupt (German Edition)
Autoren: Robert Kviby
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die Luft des Herrenhauses gestarrt. Es schien immer das Bequemste zu sein, den Blick im Nirgendwo ruhen zu lassen.
    Johan Droth musterte jeden Einzelnen, dann hielt sein Blick bei dem Mann inne, der zum ersten Mal dabei war. Das war kein Zufall, Droth kannte alle. Er wusste, was er über jeden wissen wollte. Es gab keine Zufälle.
    «Jan Karlvik, warum sind Sie hier?»
    Jan Karlvik hatte markante Gesichtszüge, dunkelbraunes Haar, Seitenscheitel. Ein Nadelstreifenanzug verbarg einen athletischen Körper. Er war 42  Jahre alt und erst unlängst Direktor des Stahlunternehmens geworden, das im Augenblick am stärksten expandierte. Deutsche Schule, Dolmetscherinstitut des Heeres, Universität Uppsala, Hochschule für Wirtschaft. Alles, was dazugehörte. Elite.
    «Entschuldigung?»
    Johan Droth stand auf und lehnte sich an den Tisch. Er ließ sein Opfer keine Sekunde aus den Augen.
    «Es tut mir leid, aber ich habe die Frage nicht verstanden.»
    «Die Frage war und ist immer noch: Warum sind Sie hier?» Er hob die Stimme: «Was hält mich davon ab, Sie gleich jetzt zu feuern und in das Taxi zu setzen, das mit laufendem Motor vor dem Haus steht? Erklären Sie mir das.»
    Jan Karlvik holte tief Luft. Er hatte bereits davon gehört, wie es auf dem Gut zugehen konnte, war auf die Direktheit der Frage jedoch nicht vorbereitet gewesen. Er trank einen Schluck Wasser, um einen Augenblick nachzudenken, und wandte sich wieder seinem Stammeshäuptling zu.
    «Es gibt sicher mehrere Arten, diese Frage zu beantworten. Die einfachste ist folgende: Ich mache meine Sache gut und werde dem Konzern Werte generieren, wie das nur wenige andere können.»
    «Und welche Eigenschaften, die den anderen hier Anwesenden fehlen, besitzen Sie?»
    Jan Karlvik sah Johan Droth schweigend an. Dann fixierte er den Mann, der ihm gegenübersaß und mit dem er sich am Vormittag unterhalten hatte, von dem er aber plötzlich nicht mehr wusste, wie er hieß und wo er arbeitete.
    «Lassen Sie sich mit Ihrer Antwort nicht allzu viel Zeit, sonst könnte noch der Eindruck entstehen, dass Ihre Ernennung nicht so weise war.»
    «Ich bin rücksichtslos», stieß Karlvik hervor. «Wenn ich mir ein Ziel gesetzt habe, dann arbeite ich unablässig daran, es zu erreichen. Und ich bin schlauer als die meisten.»
    «Also», unterbrach ihn Johan Droth, «Sie behaupten, wenn Sie die hier versammelten Männer betrachten, dass Sie rücksichtsloser und schlauer sind als die meisten von ihnen und dass Sie sich daher besser als Geschäftsführer Ihrer Firma eignen. Richtig?»
    Er schluckte und bemühte sich, den Blicken der anderen auszuweichen. Er überlegte, ob bereits alles entschieden war. «Korrekt», antwortete er schließlich.
    «Gut. So soll es sein. Aber wenn man so vorlaut ist wie Sie, wenn man sich hierher auf das Gut begibt und behauptet, rücksichtsloser und intelligenter als einige der Herren zu sein, die bereits bedeutend länger und mit Erfolg im Konzern arbeiten, dann will ich gerne hören, was Sie im kommenden Jahr mit der Firma vorhaben. Und ich will nicht das normale Geschwätz von Zuwachs und Gewinnmargen hören. Das ist in ihrer Anwesenheit nicht nötig. Fangen Sie an, Ihnen stehen fünf Minuten zur Verfügung, um uns zu überzeugen.»
    Karlvik dachte, jetzt oder nie. Er hatte nichts zu verlieren. Außerdem war er im Recht. Die anderen Männer im Saal würden ohnehin nie enge Freunde werden, dafür war es schon zu spät. Aber immerhin würde er seine Sache vortragen, ehe er sich vom Fahrer dabei helfen ließ, seine Tasche und seine Reisegarderobe mit dem nicht verwendeten Smoking im Kofferraum zu verstauen, um dann seine Frau mit der schlechten Nachricht zu überraschen. Er stand auf und begann. Er sei Geschäftsführer einer kleinen Fabrik in Söderfors unweit von Gimo, wo alles begonnen hätte. Es gebe gute Gründe, sich dies in Erinnerung zu rufen und sich auf die Firmenkultur, die dort geschaffen worden sei, zu besinnen. Er hatte sich die Geschichte der Firma angelesen, ging kurz auf die Höhepunkte ein und kam dann auf eine geplante Fusion der Fabrik in Schweden mit einem ähnlichen Unternehmen in Österreich zu sprechen. Noch ehe jemand fragen konnte, erklärte er, dass sie die Firma in Österreich eigentlich nicht benötigten. Das schwedische Unternehmen käme auch so zurecht, verzeichne große Gewinne, die Liquidität sei phantastisch, und die Synergien mit den Österreichern seien nur begrenzt. Die dortige Leitung würde nichts von Wert beitragen
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