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Kornmond und Dattelwein

Titel: Kornmond und Dattelwein
Autoren: Mary Mackey
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sofort zubeißt. »Hursag ist ein reicher Mann. Du kannst also nicht behaupten, ich hätte dir gegenüber meine Pflichten vernachlässigt.«
    Hursag! Ein alter Mann mit einem Buckel am Rücken und Beinen wie Knotenstöcken! Am liebsten wäre Inanna davongerannt und hätte in den Bergen weitergelebt! Die Vorstellung, sich von Hur-sag berühren lassen zu müssen, bereitete ihr Wut und Übelkeit. Dann kam ihr so plötzlich wie ein Funke, der aus einem Feuer springt, ein Gedanke und füllte sie aus, als hätte sie endlich einmal ausreichend gegessen: Wenn sie Hursag heiratete, konnte sie wieder mit Lilith zusammen sein. Sie würde wieder mit Lilith leben!
     
    Hursag schlurfte unruhig um ihren nackten, zitternden Körper herum, schnalzte mit der Zunge und wackelte unentwegt mit dem Kopf. Sie waren zusammen im Brautzelt. Die wilden Gurken und Äpfel lagen verstreut um ihre nackten Füße herum auf dem Boden. An Inannas Hals hing die bearbeitete Kaurimuschel, die Enshagag ihr widerwillig geschenkt hatte. Was für eine Braut sie war. Sie sah ihre dürren Arme und die vorstehenden Rippen. Sie schämte sich.
    »Wunderbar«, sagte Hursag, »du bist eine ganz wunderbare Frau.« Seine Worte überraschten sie, und sie sah ihm genau ins Gesicht, um festzustellen, ob er sie nicht vielleicht verhöhnte.
    »Als ich noch jung war, hatte ich die Kraft eines Bocks, aber heute...« Er beugte sich vor und nahm sanft eine ihrer Brüste in die Hand. Er fing an, mit dem Zahnfleisch daran zu saugen. Erschrocken fuhr Inanna zurück. Schweißbedeckte Männerkörper, der Ausdruck auf dem Gesicht der wilden Frau... alles stand ihr plötzlich wieder im Bewußtsein. Hursag sah sie amüsiert an. »Ich könnte dir nicht wehtun, Kind, selbst dann nicht, wenn ich es wollte.« Er strich ihr beruhigend über den Arm, zog ihr eine warme Decke um die Schultern und bedeutete ihr, sich neben ihn aufs Bett zu setzen.
    »Also ich bin ein sehr alter Mann, und du bist eine sehr junge Frau.« Er räusperte sich. »Und wir beide müssen zu irgendeiner Übereinkunft finden, wenn wir dasselbe Zelt teilen wollen.«
    »Ja, mein Gatte.« Sie senkte demütig den Blick, aber in ihrem Innern schlug wild das Wolfsherz. Sie war böse und nicht bereit, das Weib von irgendwem zu werden. Heute nacht, wenn alle am Schlafen waren, würde sie davonlaufen.
    »Tu nicht so, als wärst du gehorsam«, sagte Hursag, »denn ich brauche dich nur anzusehen, um zu wissen, daß du ein Teufelsweib bist.« Inanna sah, daß er sie angrinste. Gegen ihren Willen grinste sie zurück. »Dann wollen wir jetzt einmal ein paar Regeln aufstellen : Du melkst meine Ziegen, webst meine Wolle und hilfst deiner Schwester beim Kochen. Und wenn du zu den Wasserlöchern gehst, läßt du dich nicht mit den jungen Burschen ein. Im Gegenzug will ich dich ernähren und dir hübschen Schmuck kaufen, und wenn ich gestorben bin, hinterlasse ich dir genug, um dich reich zu machen. Dann kannst du jeden heiraten, den du begehrst.« Er sah sie verschmitzt an. »Aber erwarte nicht, daß ich schon bald sterbe, denn ich bin ein zäher alter Ziegenbock.« Inanna biß sich auf die Lippen, um nicht lachen zu müssen.
    »Ja, mein Gemahl.« Das grüne Licht in ihren Augen funkelte. Er hatte den Wolf in ihr gesehen, und es gefiel ihm. »Jetzt leg dich hin.« Hursag drückte sie sanft aufs Bett. »Jetzt zeig ich dir, was ein alter Mann noch alles kann.« Inanna blieb liegen und schloß die Augen. Kurz fragte sie sich, ob es genauso sein würde wie bei den Tieren. Davon hatte sie schon genug gesehen, um sich jetzt nicht mehr zu fürchten.
    Hursag fing an, sie sanft mit dem Mund und den Fingern zu berühren. Ihre Brustwarzen wurden hart wie Stein, und ein warmes Gefühl rann langsam durch ihr Rückgrat bis in ihre Beine. Aus irgendeinem Grund stellte sie sich vor, in einem ruhigen Wasser zu schwimmen, und als sie die Augen wieder öffnete, empfand sie Zärtlichkeit für den alten Mann.
    Hursag setzte sich hoch und seufzte. »Du hättest mich erleben sollen, als ich noch zwanzig war«, sagte er. »Da war ich vielleicht ein Mann ...« Er zog Inanna an sich heran und küßte sie auf die Stirn. »Du solltest jetzt einen Schrei ausstoßen, meine Liebe, denn dein Bruder und die anderen warten draußen darauf.« Ich will ihm jetzt keine Schande machen, sagte sich Inanna und schrie so laut, daß ihr die Ohren davon klingelten. Hursag verzog schmerzlich das Gesicht und lachte. »Was für starke Lungen«, sagte er und boxte sie im Spaß
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