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KOR (German Edition)

KOR (German Edition)

Titel: KOR (German Edition)
Autoren: Max Pechmann
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F alls sie die Station überhaupt jemals verlassen ha t ten.
    Die Bilder hätten genauso gut aus einem dieser Horrorfilme stammen kö n nen, die nur mit einer gewöhnlichen Digitalkamera gedreht wurden. Ein Filmfreak hätte wahrscheinlich ständig auf das Buh! gewartet, mit dem i r gendeine Fratze unerwartet in Nahaufnahme vor die Kamera schnellte. N a türlich geschah nichts dergleichen. Doch gerade diese Nüchternheit verlieh dem Ganzen eine gespenstische Atmosphäre.
    Yui betrachtete Chad von der Seite. Seine Stirn lag in Falten. Mit äußerster Konzentration starrte er auf den Fernseher, als könn t e er etwas entdecken, was andere bisher übersehen hatten. Ähnlich wie sein em verstorbene m Vater kam ihm ein feinsinniges Gespür für Zusamme n hänge zugute. Sein Vater hatte als Parapsychologe in einer kleinen Abteilung der Universität von Mon t real gearbeitet. An der Universität waren seine U n tersuchungen nicht ernst genommen worden, was ihn zunehmend verbitterte. Dennoch hatte er Chad ermutigt, sich ebenfalls mit Parapsychologie auseinanderzuse t zen. „Nicht Wirtschaft oder Jura wie all die anderen. Da draußen gibt es noch so viel zu entdecken“, soll er Chad gesagt haben. Neben seinem St u dium hatte sich Chad auch anderen paranormalen Gebieten zugewandt und war in Kontakt mit Wissenschaftlern getreten, die seine Interessen teilten. Obwohl er mit t lerweile unter Grenzwissenschaftlern als Koryphäe gehandelt wurde, betrac h tete er die Akteure innerhalb des wissenschaftlichen Sektors mit krit i schen Augen. Yui erklärte sich seine denkwürdigen Äußerungen über Unive r sitäten, Professoren und deren Mitarbeiter dahin gehend, dass seine Perspe k tive mit dem traurigen Schicksal seines Vaters zusamme n hing, der sich eines Tages aus lauter Gram mit einer Überdosis Schlaftabletten umgebracht hatte. Yui nahm gelegentlich eine u n terschwellige Schwermut an Chad wahr. Ob dies mit dem Tod seines Vaters oder mit anderen Dingen, von denen sie nichts wusste, zu tun hatte, blieb für sie ein Rätsel. Chad sprach nicht gern darüber.
    Die Aufnahmen zeigten nun eines der Labors. Die Geräte standen geordnet an Ort und Stelle, als hätte sie bisher nie jemand benutzt. Yui fragte sich, ob die wissenschaftliche Einrichtung überhaupt jemals verwendet worden war. Ein weiterer Schnitt. Die Kamera schwenkte durch die Garage. Beide Schne e raupen sowie die Schneemobile standen an ihren Plätzen. Nichts gab einen Aufschluss darüber, wohin die Mannschaft von KOR verschwunden war.
    John Arnold räusperte sich. „Wie Sie unschwer erkennen können, scheint sich die Mannschaft buchstäblich in Luft aufgelöst zu haben. Umso erstaunl i cher und eigenartiger erscheint daher der Funkspruch, der von hier stammt. Wer hat ihn abgesendet? Welche Informationen beinhaltet er? Es gibt zwei Möglichkeiten. Entweder ist die Erklärung recht simpel oder schier unb e greiflich. Wir haben bisher keine Anhaltspunkte. Aber wir haben drei Tage, um das Rätsel von KOR zu lösen. So lange wird unser Aufenthalt in der St a tion dauern.“ Mit einem Blick auf Chad fügte er hinzu: „Das Rätsel, mit dem wir es zu tun haben, erklärt zudem die Anwesenheit von Mr. Kruger, falls sich einer von Ihnen mit paranormalen Themen nicht anfreunden kann. Auch wenn die Skepsis gegenüber den Grenzwissenschaften groß ist, so hat der Forscherdrang ihrer Vertreter bisher immer noch dazu geführt, unglaubl i chen Geheimnissen auf die Schliche zu kommen. Und glauben Sie mir, Chad Kruger ist einer der B esten .“
    „Das klingt ja so, als müssten Sie sich für ihn entschuldigen!“
    Erschreckt drehte Yui sich um.
    Julia Whitehead hatte sich von ihrem Platz erhoben und funkelte mürrisch in ihre Richtung. „Sie wissen genau, dass ich Mr. Kruger und dieses Mädchen, das er als seine Assistentin bezeichnet, nicht leiden kann. Sie hätten ohne Umschweife einen anderen Experten aus Ihren Reihen nehmen können.“
    Yui versuchte, das eben Gesagte schnell wieder zu vergessen. Schon öfter hatte Julia Whitehead sie öffentlich gedemütigt, indem sie sie als Flittchen, Hure oder noch Schlimmeres bezeichnet hatte. Jede ihrer Attacken führte bei Yui zu einer Art Krampf, der sie daran hinderte, etwas auf die Diffamieru n gen zu erwidern. Sie wusste nicht, weshalb sie jeder verbale Angriff dieser Frau geistig außer Gefecht setzte. Ihr fielen nie die richtigen Worte ein, die sie hätte entgegnen können. Das Schlimme war, dass Julia Yuis Schweigen jedes Mal als
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