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Kommissar Morry - Der Tod war schneller

Kommissar Morry - Der Tod war schneller

Titel: Kommissar Morry - Der Tod war schneller
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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„Mister Dixon zum Chef." Der Apparat verstummte. Das blaue Licht erlosch. Es war wieder still wie vorher.
    Clark Dixon taumelte benommen vom Schreibtisch auf. Er war völlig verstört. Sein Gesicht wurde grau wie Asche. Was ist los, dachte er entgeistert. Weiß man bereits von meinen Plänen? Hat Jebb Mackolin etwas ausgeplaudert? Will er sich eine Prämie verdienen? Hat er alles verraten? Clark Dixon wußte keine Antwort auf die quälenden Fragen. Er kam kaum vom Fleck. Seine Füße waren schwer wie Blei. Als er die Hand nach der Tür ausstreckte, die ins Zimmer des Direktors führte, waren seine Finger merkwürdig lahm und gefühllos. Zaudernd drückte er die Klinke nieder. Widerstrebend öffnete er die Tür. Er sah Mister Ashley Bienheim, den zweiten Direktor, ruhig und bequem am Schreibtisch sitzen. Sein schmales, kluges Gesicht wirkte freundlich wie immer. Blauer Zigarrenrauch schwebte zu den Fenstern hin.
    „Kommen Sie doch näher, Mister Dixon! Nehmen Sie bitte Platz!"
    Clark Dixon ging schüchtern über den schwellenden Teppich. Scheu streiften seine Blicke durch den luxuriösen Raum. Mit bleichem Gesicht setzte er sich in den ledernen Besuchersessel. Er wollte etwas sagen. Irgendein harmloses, unverfängliches Wort. Aber es wollte ihm einfach nichts einfallen. Er war wie vor den Kopf geschlagen. Aus furchtsamen Augen starrte er auf den Direktor.
    „Sie sind jetzt genau sieben Jahre bei uns, Mister Dixon", begann Ashley Bienheim in freundlichem Plauderton. „Ich freue mich, daß Sie sich so gut bei uns eingearbeitet haben. Mister Banim, Ihr Abteilungsleiter, äußerte sich sehr zufrieden über Ihre Leistungen." Auch jetzt wollte Clark Dixon etwas sagen. Irgendein Wort des Dankes. Aber seine Zunge klebte am Gaumen. Sein Mund war heiß und trocken.
    „Sie sollen ab morgen einen Posten bekommen, der Ihnen noch mehr Verantwortung und Arbeit aufbürdet, Mister Dixon. Natürlich wird diese Arbeit auch besser bezahlt. Sie können also mit einer wesentlichen Gehaltsaufbesserung rechnen, Mister Dixon. Freuen Sie sich darüber?"
    Nein, Clark Dixon freute sich nicht. Er schämte sich. Jetzt, zum ersten Male, wurde ihm die Gemeinheit seines abscheulichen Planes voll bewußt. Er wollte gerade jene ausplündern, die ihm bisher nur Gutes getan hatten. Schamlos mißbrauchte er ihr Vertrauen.
    „Noch etwas", sagte Ashley Bienheim in diesem Moment. „Sie sind heute an der Reihe, die Reservegelder zur Hauptfiliale am Brook Drive zu bringen. Machen Sie sich pünktlich um neun Uhr auf den Weg, Mister Dixon. Ihr Abteilungsleiter wird Ihnen die Tasche aushändigen. Vergessen Sie Ihre Dienstwaffe nicht. Und schließen Sie die Kette gewissenhaft an!"
    Jetzt wäre für Clark Dixon noch immer Zeit gewesen, von seinem schurkischen Plan abzulassen. Er hätte nur zu sagen brauchen, daß er krank wäre und sich nicht wohl fühle. Dann hätte irgendein anderer für ihn diesen Gang erledigt. Aber Clark Dixon glaubte, es wäre schon zu spät, das Verbrechen rückgängig zu machen. Jebb Mackolin und Lucas Turbin standen sicher bereits an der Ecke der Clayton Street. Sie warteten auf ihn. Das Uhrwerk lief bereits. Es ließ sich nicht mehr abstellen.
    „Gut, Sir", würgte Clark Dixon hervor. „Ich werde pünktlich sein. Sie können sich auf mich verlassen." Schwankend und taumelnd erhob er sich aus seinem Sessel. Von dem neuen Posten, den man ihm angetragen hatte, erwähnte er kein Wort. Er hatte keinen anderen Wunsch, als den gütigen Blicken Ashley Bienheims möglichst rasch zu entrinnen. Als er an seinen eigenen Schreibtisch zurückkehrte, setzte er sich in dumpfem Brüten über die angefangene Arbeit. Er konnte keinen Federstrich mehr tun. Sein Hirn war auf einmal leer und ausgebrannt. Mechanisch zählte er die verstreichenden Minuten. Seine Lippen bewegten sich in fortwährendem Murmeln. Klebriger Schweiß stand auf seiner Haut. Fünf Minuten vor neun Uhr nahm er seine Dienstwaffe aus dem Tresor und ließ sie in die Manteltasche gleiten. Anschließend meldete er sich bei dem Abteilungsleiter Lucius Banim. Er bekam eine schwere Geldtasche und die dazugehörigen Schlüssel ausgehändigt. Mr. Banim drückte ihm die prallgefüllte Ledertasche in die Hand und befestigte selbst die Kette am Gelenk.
    „Gehen Sie den vorgeschriebenen Weg, Mister Dixon", sagte er kurz. „Behalten Sie die rechte Hand ständig an der Waffe. Sie wissen ja, daß wir jederzeit mit einem neuen Überfall rechnen müssen."
    Auch jetzt sagte Clark Dixon nichts.
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