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Kommissar Morry - Der Tod war schneller

Kommissar Morry - Der Tod war schneller

Titel: Kommissar Morry - Der Tod war schneller
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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Minuten, in denen ihm zwei unbekannte Täter die kostbare Geldtasche geraubt hatten.
    „Wie sahen sie aus?" fragte Hilfsinspektor May hastig.
    Clark Dixon legte die Stirn in Falten. Er tat, als bereite ihm das Nachdenken ungeheure Anstrengung. Dabei war ihm doch von vornherein klar, daß er eine völlig falsche Personenbeschreibung geben mußte. „Ich konnte nicht viel erkennen", stotterte er mühsam. „Es ging alles viel zu schnell, Sir! Zwei Arme griffen aus dem Dunkel des Torbogens und rissen mich nieder. Wenn ich mich nicht irre, trug der eine Täter eine graue Überjacke. Ich glaube, er war rothaarig. Sein Gesicht . . . sein Gesicht ... ist mir nicht mehr in Erinnerung, Sir! Ich war benommen von dem jähen Sturz . . ."
    „Und der andere?" fragte Hilfsinspektor May ungeduldig. „Wie sah der andere aus?"
    „Ich weiß nicht, Sir", würgte Clark Dixon hervor. „Der Mann blieb im Schatten. Ich hatte keine Zeit, mich nach ihm umzudrehen. Der furchtbare Hieb, der mich mitten ins Gesicht traf . . .“
    „Sie müssen allerhand ausgestanden haben", mischte sich Ashley Bienheim mit seiner freundlichen Stimme ein. „Ich glaube, wir dürfen ihn jetzt nicht länger quälen, Mister May. Er braucht Ruhe." Und zu Clark Dixon gewandt, fuhr er fort: „Die Bank wird Sie für acht Tage beurlauben, lieber Freund. Ich glaube, Sie haben sich diese Ruhepause ehrlich verdient. Über ein Schmerzensgeld wird sich reden lassen. Gute Besserung, Mister Dixon!"
    Fünf Minuten später war Clark Dixon allein. Ein heißer Triumph flutete wie eine glühende Welle durch seine Adern. Es hat geklappt, dachte er grenzenlos erleichtert. Sie haben nicht den Funken eines Verdachts gegen mich. Sie halten mich für völlig unschuldig. Die Täter sind ihnen entkommen, und die Geldtasche ist längst in Sicherheit. Ich aber werde Urlaub nehmen. Heute Nacht um elf Uhr fünfzig geht der Zug nach Schottland . . .
    Er konnte es kaum erwarten, bis man ihn entließ. Seine Nerven flackerten vor Ungeduld. Er dachte wieder an Olga Marat und daran, wie glücklich die Zeit an ihrer Seite werden würde. Alles in ihm drängte zu ihr hin. Er überschlug in Gedanken die Stunden, die ihn noch von ihr trennten. Mit allen Fasern seines Herzens sehnte er das Wiedersehen herbei. Erschreckt horchte er auf, als es an der Tür klopfte. Ruckartig hob er sich aus den Kissen. Seine Augen hefteten sich starr auf das weißlackierte Holz. „Come in", murmelte er mit schwerer Zunge. Er spürte einen harten Stich in der Brust. Mit jedem Herzschlag fürchtete er, ein unvorhergesehener Zwischenfall könnte in letzter Sekunde alle Pläne über den Haufen werfen. Er atmete erleichtert auf, als ein biederer Dienstmann über die Schwelle trat. Er trug einen mächtigen Blumenstrauß in der Rechten.
    „Soll viele Grüße ausrichten, Sir", murmelte er. „Meinen Botenlohn habe ich bereits bekommen. Bei den Blumen liegt ein Brief. Auf Wiedersehen, Sir! Wünsche gute Besserung!"
    Clark Dixon wartete ab, bis der andere die Tür hinter sich geschlossen hatte. Dann wühlte er hastig die Blumen durcheinander. Ein gelbliches Kuvert geriet in seine Hände. Er riß es auf und sah einen Gepäckaufbewahrungsschein. Ein kleiner Zettel lag dabei. „Alles in Ordnung", stand darauf. „Wir warten auf Sie um elf Uhr in der Liverpool Station. So long! J.M."
    Jebb Mackolin, dachte Clark Dixon auf atmend. Er hat tadellos gearbeitet. Er soll auch seinen Anteil haben. Wir werden heute Nacht an Ort und Stelle teilen. Wie entsetzlich langsam doch die Zeit dahinschlich. Es wurde Mittag. Ab und zu kamen ein paar Schwestern, um nach ihm zu sehen.‘Eine Menge Leute meldete sich zu Besuch. Die Reporter der großen Zeitungen, die Kollegen aus der Bank, Nachbarn und Bekannte aus seiner Wohngegend in Clapham. Nur Mary kam nicht. Sie mied ihn, wie sie ihm seit Wochen aus dem Weg gegangen war. Sie ließ ihn deutlich fühlen, wie sehr sie ihn wegen seiner Untreue verachtete. Der Abschied von mir wird ihr nicht schwerfallen, tröstete sich Clark Dixon. Sie verliert nicht viel an mir. Sie kann mich ohnehin nicht mehr ausstehen. Abends gegen sechs Uhr durfte Clark Dixon das Hospital verlassen. Er war zwar noch etwas schwach auf den Beinen, aber die Vorfreude auf die kommende Nacht verlieh ihm eine außergewöhnliche Energie.
    In einem Krankenwagen wurde er nach Hause gefahren. Mary erwartete ihn an der Wohnungstür. Sie stützte ihn fürsorglich und bettete ihn auf ein Ruhesofa im Wohnzimmer. Aber sie sprach kein Wort
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