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Komm wieder zurück: Roman

Komm wieder zurück: Roman

Titel: Komm wieder zurück: Roman
Autoren: Deborah Reed
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Geheimnis herausplatzt.
    »Was? Ganz schön abgedroschen«, sagt sie.
    »Nein, das ist es gar nicht.«
    »Warum grinst du dann so?«
    »Weißt du noch, wie wir immer ›Was wäre wenn?‹ gespielt haben?«
    »Musst du mir den Tag verderben?«, fragt sie.
    »Nein, nein. Hör zu. Ich habe eins für dich.«
    »Ich bin nicht sicher, ob ich es hören will.«
    »Ich bin mir ziemlich sicher.«
    »Na schön. Mach mal. Lass hören.«
    »Okay. Mal sehen … Ach, ich weiß was: Was wäre, wenn Joshua nie weggegangen wäre?«
    Die fluoreszierenden Lichter summen über ihrem Kopf. Plötzlich ist das das Einzige, was sie hört.
    »Was?«
    »Warte«, sagt er. »Oder wie wärs mit dem hier? Was, wenn stattdessen Joshua zurückgekommen wäre?«

FÜNFUNDDREISSIG
    Sonntagmorgen, und das Haus duftet nach gebratenem Speck, Kaffee und
warm buttered biscuits
, ofenwarmen Buttermilch-Brötchen. Die Mutter rührt die Sauce mit einem Holzlöffel um. Sie bückt sich, um die amerikanischen
warm buttered biscuits
und die Croissants, gebacken nach Sidsels Rezepten, im Ofen zu prüfen. Vor zwei Jahren hatte Sidsel Annies Mutter auf deren ausdrücklichen Wunsch die Leitung des Cafés übertragen. Den kürzlichen Energieschub bezeichnete sie nur als frischen Wind. Doch sie wussten alle, dass sie dringend etwas suchte, um sich zu beschäftigen. Sie war verzweifelt darum bemüht, nicht noch einmal den gleichen Fehler zu begehen.
    Ihr rotes Haar ist am Scheitel grau meliert, und die Haut an der Kinnpartie erscheint schlaffer, aber nur ein bisschen. Sie wirkt älter als vor zwei Jahren, obwohl man ihr die fünfundsechzig nicht ansieht.
    Libellen schweben am Fenster vorbei. Die Sommersonne strahlt durch die Virginia-Eiche in die Küche, wo Annie an der Spüle arbeitet.
    »Eigentlich müssten sie schon hier sein«, sagt ihre Mutter.
    Annie schneidet eine Cantaloupe-Melone auf, höhlt mit einem großen Löffel die Kerne heraus und wirft sie in den Kompost. »Diekommen schon noch, keine Sorge. Es dauert etwas, durch den Zoll zu kommen.« Sie hat Calder und Sidsel zweimal besucht, seit sie vor zwei Jahren nach Dänemark gezogen sind. Das zweite Mal war es ein Zwischenstopp, als sie mit Joshua Irland besuchte.
    Sie lässt die Melone los und tätschelt den Arm ihrer Mutter. »Die kommen schon noch.«
    Und nun haben sie sich entschlossen, wieder nach Florida zu ziehen. Calder bat darum, dass alle ihn zu Hause erwarteten. So hatte er sich seine Heimkehr ausgemalt, hier in Annies Haus, mit dem Duft von selbst gekochtem Essen und der ländlichen Stille. Sie glaubt, dass er auch ein bisschen Zeit braucht, um sich wieder einzugewöhnen, da er zum ersten Mal seit seiner Haftentlassung wieder in Florida ist. In einem Punkt sollte der Richter recht behalten. In dem Moment, als Calder freikam, verschwand er mit Sidsel nach Dänemark.
    Annie und ihre Mutter arbeiten schweigend Seite an Seite. Hinter ihnen leuchtet der lange Bauerntisch ihres Vaters, der damals unvollendet geblieben war, unter einer Vase mit roten Amaryllen aus Annies Garten. Vor zwei Jahren hatte sie unter einer staubigen Umzugsdecke die kegelförmigen Beine und die Tischplatte hinten in Onkel Calders Garage gefunden. Da verwandelten Annie und Joshua ihren Schuppen in eine Werkstatt und verarbeiteten das Tigerahornholz zu einem Tisch. Jetzt muss jeder, der die prächtige wellenförmige Maserung sieht, diese unwillkürlich wie ein Fell streicheln.
    Im Wohnzimmer sind die Welpen mittlerweile völlig außer Rand und Band, ihre dünnen Rippen trampeln auf den Hartholzfußboden, sie knurren, zerren und kauen, hoffentlich die Spielsachen, die sie ihnen gekauft hat, denkt Annie, nicht die Teppiche, die Vorhänge, ihre Socken und die Unterwäsche aus dem Korb im Schlafzimmer. Joshua ist ihr da keine große Hilfe. Zweimal im Monat kommt er aus Washington, D. C., herüber. Jetzt ist er gerade seit drei Tagen hier, und trotzdem ist es ihm schon gelungen, die Kleinen zu verwöhnen.
    Ihre Mutter wechselt im Radio zum Country-Oldies-Sender, und in diesen Tagen hört Annie ihn gern. Die Küche füllt sich mitSlide-Gitarren und Geigen, den melancholischen Weisen von Liebe und Verlust. Annie kann quasi die alte Kaffeemaschine gurgeln hören neben dem goldfarbenen Radio in ihrer Küche vor all den Jahren. Das Radio war damals immer eingeschaltet, genau wie ihr Vater.
Hab ich euch eigentlich schon erzählt, wie damals die Seilrolle vom alten Weaver von seinem Abschleppwagen verschwunden ist …
    »Frank kommt bald«,
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