Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kohärenz 02 - Hide*Out

Kohärenz 02 - Hide*Out

Titel: Kohärenz 02 - Hide*Out
Autoren: Andreas Eschbach
Vom Netzwerk:
anzufangen.
    Was für ein Beirat überhaupt? Sie hatte noch nie von einer solchen Institution gehört. Was die wohl für Befugnisse hatten?
    Die beiden Frauen traten ohne weitere Umstände ins Haus, der Mann kam hinterher. Er trug einen schmalen Koffer in der Hand und schloss die Haustür sorgsam hinter sich.
    »Hier entlang, bitte«, sagte Lilian und komplimentierte sie ins Wohnzimmer. »Nehmen Sie Platz. Wollen Sie etwas trinken?«
    »Danke, nein«, sagte die Frau mit dem Pferdegesicht und das galt offenbar für alle.
    In der Küche rasselte der Küchenwecker. Ihre Pizza! Auch das noch.
    »Bitte entschuldigen Sie«, sagte Lilian nervös. »Ich muss nur rasch in die Küche, den Ofen ausmachen. Nehmen Sie einfach schon mal Platz, ja?«
    »Kein Problem«, sagte die Frau. »Wir haben Zeit.«
    Sie hatten Zeit. Auch das noch, dachte Lilian, während sie die Pizza aus dem Ofen holte. Wie gut das roch! Sie musste zusehen, dass sie diese Leute so schnell wie möglich wieder loswurde.
    Was hatte sie noch gegenüber der Schule behauptet? Zuerst natürlich, dass Serenity krank sei. Das war ja erst mal unverdächtig. Dann, dass es ihr zwar besser gehe, der Arzt aber gesagt habe, sie müsse zu Hause bleiben, weil sie noch ansteckend sei. Zum Glück hatte niemand nachgefragt, um was für eine Krankheit es sich dabei handeln sollte; Lilian hatte sich zwar jeden Tag vorgenommen, in den medizinischen Fachbüchern der Bücherei nach einer geeigneten Krankheit zu suchen, aber sie war nie dazu gekommen. Vielleicht auch, weil sie es nicht einsah, sich für die Launen ihrer Tochter und deren Vater auch noch besonders kunstvoll zu entschuldigen. Also wirklich, die beiden würden was zu hören kriegen…
    Eins nach dem anderen. Sie stellte das Blech mit der Pizza auf die heruntergeklappte Ofentür, wo sie warm bleiben würde, atmete noch einmal durch und verließ dann die Küche. Auf in den Kampf.
    »So, ich stehe Ihnen zur Verfü…«
    Sie blieb stehen, als wäre sie auf der Schwelle zu ihrem Wohnzimmer gegen eine unsichtbare Wand gelaufen.
    Einer der Männer hatte den Koffer auf dem Wohnzimmertisch geöffnet. Er hielt ein chromglänzendes Gerät in der Hand, das aussah wie eine Pistole mit einem langen, nicht einmal fingerdicken Lauf. Jeremiah hatte ihr von diesem Instrument erzählt. Es war dazu gedacht, durch das Nasenloch eingeführt zu werden, die dünne Knochenwand an der Rückseite der Nasenhöhle zu durchbohren und einen Chip direkt auf den Riechnerv zu setzen, der mit diesem verwachsen und ihre Nervenimpulse über das Mobilfunknetz mit denen von hunderttausend anderen Menschen verbinden würde.
    Jeremiah hatte die Wahrheit gesagt.
    Lilian hörte Schritte hinter sich. Die Frau mit dem Pferdegesicht war hinter sie getreten, zweifellos, um sie an der Flucht zu hindern.
    »Es stimmt also«, hauchte sie fassungslos. »Damit pflanzen Sie Leuten einen Chip ins Gehirn.«
    »Es tut nicht weh, wenn Sie sich nicht wehren«, sagten die drei im Chor, so, als spräche dieselbe Stimme aus allen drei Mündern. »Und Sie werden sehen, dass es zu Ihrem Besten ist.«

Abwehrmanöver
     
    8 | An diesem Abend beschloss Christophers Vater zum ersten Mal, mit hinauszukommen. »Ich kann ja nicht die ganze Zeit nur schlafen«, meinte er mit eigentümlicher Heiterkeit.
    Wie schwerfällig er geworden ist!, durchzuckte es Christopher, als er beobachtete, wie sich sein Vater mühevoll aufsetzte. Das Feldbett knirschte bedenklich unter seinen Bewegungen. Es sah ohnehin aus, als sei es schon in irgendeinem Krieg zum Einsatz gekommen – einem sehr lange zurückliegenden Krieg. Das Gestell war zerkratzt und angerostet, der Stoff der Bespannung zu einem undefinierbaren Farbton ausgebleicht. Von der Decke, mit der Dad zugedeckt war, ließ sich im Grunde das Gleiche sagen.
    Draußen wurde es schon dunkel. Am Himmel prangte ein dicker, nahezu voller Mond, umrahmt von ein paar zarten Wölkchen, und das Lagerfeuer schimmerte durch die Bäume, aber das Licht reichte nicht, um zu erkennen, wohin man trat. Christopher nahm die Hand seines Vaters, um ihn zu führen, sicherheitshalber. Obwohl er sich selber im Wald ja auch nicht gerade sicher bewegte.
    Der Feuerplatz lag auf einer Kiesbank, die ein Stück in den Fluss ragte. Von einem dreibeinigen Gestell hing ein Topf in die Flammen herab, in dem der Eintopf vor sich hin köchelte. Alle freuten sich, Dad zu sehen. Man bot ihm einen bequemen Platz auf einem der dicken Holzstämme an, die um das Feuer herum lagen. Man
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher