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Kohärenz 02 - Hide*Out

Kohärenz 02 - Hide*Out

Titel: Kohärenz 02 - Hide*Out
Autoren: Andreas Eschbach
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alles nicht nur träume.«
    Serenity musste auflachen. »Du wirst Cloud treffen! Das wird dir auch vorkommen wie ein Traum, oder?«
    »Cloud?« Madonna sah beiseite, wirkte auf einmal traurig. »Daraus wird leider nichts.«
    »Wieso denn nicht? Zack hat doch gesagt – «
    »Sie ist nicht mehr bei Zack. Er hat es gestern erfahren, als er in der Stadt war und mit seinem Büro in Seattle telefoniert hat, wegen dem Sicherheitsdienst, der jetzt sein Haus bewacht. Sein Anwalt hat ihm gesagt, dass Cloud den Vertrag gekündigt hat; erst vor ein paar Tagen. Sie hat sich für irre viel Geld von einem der großen Labels einkaufen lassen.«
    »Das ist ja gemein. Da hat Zack sie berühmt gemacht und dann so was.«
    »Zack ist auch ziemlich enttäuscht. Aber er sagt, es hat keinen Zweck, deswegen Streit anzufangen. Das passiert halt in dem Geschäft.«
    Serenity fasste Madonna bei den Händen. »Er hat jetzt ja dich! Und wenn Cloud weg ist, kann er sich ganz auf dich konzentrieren!«
    Madonna riss die Augen auf. Es war ihr offenbar noch gar nicht in den Sinn gekommen, die Sache so zu sehen. »Stimmt. Dann hätte es ja auch was Gutes.«
    George tauchte auf. Selbst hier in der Eingangshalle brachte er es fertig, wie aus dem Nichts aufzutauchen.
    Immerhin war er nicht mehr ganz so wortkarg. »Wir müssen los«, sagte er zu seiner Schwester. »Die blinde Phase beginnt in fünf Minuten.«
    Die blinde Phase: Diesen Begriff hatte Serenity erst vor Kurzem hier in Hideout gelernt. Einer der Bewohner hatte sich aus irgendwelchen dunklen Quellen die geheimen Bahndaten sämtlicher Erdüberwachungssatelliten besorgt und ein darauf beruhendes Computerprogramm geschrieben, das alle Zeiträume anzeigte, zu denen das Gelände von Hideout von keinem der Satelliten aus in Sicht war: Nur in solchen Zeiträumen, den so genannten blinden Phasen, durften sich Fahrzeuge auf der Strecke zwischen dem Haupteingang der Mine und der etwa eine Meile entfernt verlaufenden Straße bewegen und es fuhr meistens ein Wagen hinterher, der mithilfe einer am Heck befestigten Bürstenvorrichtung eventuelle Fahrspuren beseitigte.
    So umarmten sich die beiden Freundinnen ein letztes Mal, dann stieg Madonna zu den anderen in den Wagen und die vier fuhren unter Winken und Abschiedsrufen hinaus in den blendend hellen Sonnenschein. Serenity sah ihnen nach, bis das Auto die Straße erreichte und außer Sicht kam, dann fuhren die Tore wieder zu.
    Als sie sich umdrehte, stand auf einmal Christopher da. Es sah aus, als habe er sich irgendwo versteckt und gewartet, bis alle fort waren.
    »Du bist zu spät gekommen«, sagte Serenity. »Falls du dich von Madonna und George verabschieden wolltest.«
    »Ist schon okay. Von George hab ich mich heute Morgen verabschiedet.«
    Mehr sagte er nicht. Von Madonna kein Wort. Das war schon irgendwie auffallend.
    »Komisch«, sagte Serenity. »Eine Weile habe ich gedacht, du seist in Madonna verknallt.«
    Die Reaktion war wieder typisch Christopher: Er wurde nicht rot, schüttelte nicht den Kopf – stand nur da und schien in sich hineinzuhorchen.
    Dann sagte er bedächtig: »Sie hat mich gerettet.«
    »Gerettet?« Serenity hob die Augenbrauen.
    »Als der Virus das erste Mal aktiv wurde, hätte mich die Kohärenz um ein Haar gekriegt. Aber genau in dem Moment hat Madonna mir einen Kuss gegeben. Keine Ahnung, wie sie auf die Idee gekommen ist, aber das hat mich gerettet. Es war so… Na ja. Es war das erste Mal, dass mich ein Mädchen geküsst hat, verstehst du? Das hat mich derart durcheinandergebracht, dass der Bann durchbrochen war, den der Chip auf mich ausgeübt hat, zumindest einen Moment lang. Nur deswegen konnte ich ihn wieder unter Kontrolle bringen. Sonst wäre ich jetzt wieder in der Kohärenz«, sagte er und fügte mit einem nachdenklichen Blick hinzu: »Und du wahrscheinlich auch.«
    Serenity musste unwillkürlich schlucken. »Davon hat Madonna mir nie was erzählt. Dass sie dich geküsst hat.«
    »Wahrscheinlich war es für sie keine große Sache.«
    »Ja, wahrscheinlich.«
    »Und eigentlich«, fuhr er nachdenklich fort, »war es das auch nicht. Es war eine Rettungsmaßnahme. So etwas wie Mund-zu-Mund-Beatmung, wie sie dein Bruder in einem Notfall machen würde. Es kommt nicht auf den Kuss an, sondern darauf, was er ausdrückt. Wenn er die Verbindung zwischen zwei Menschen ausdrückt, dann ist es wirklich ein Kuss. Ansonsten sind es nur Lippen, die sich berühren.« Er sah sie an, als habe er gerade einen mathematischen Satz
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