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Kohärenz 02 - Hide*Out

Kohärenz 02 - Hide*Out

Titel: Kohärenz 02 - Hide*Out
Autoren: Andreas Eschbach
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verhindern. Die Luft, die ihnen entgegenwehte, roch so abgestanden, als stiegen sie in eine Gruft hinab.
    Dämmerlicht umfing sie, und als sie unten ankamen, schraken sie alle drei zusammen: Da standen Männer in grauen Anzügen mit dem Rücken zur Wand, reglos wie Palastwachen, und blickten glasig ins Leere. Zwei von ihnen waren die angeblichen Sicherheitsleute, mit denen sie am Hauseingang zu tun gehabt hatten. Wie die anderen Männer waren auch sie geistig völlig weggetreten. Serenity erschauderte.
    »Schnell jetzt«, flüsterte Kyle nervös. »Vorne in den Gang rechts und dann ist es die zweite Tür links – «
    Aus genau dieser Richtung kam in genau diesem Moment plötzlich Lärm, der ihren Herzschlag ein weiteres Mal beschleunigte. Es klang, als würden Stühle umgeworfen, jemand fluchte lautstark, eine Tür knallte zu, dann hörte man rasche Schritte.
    Im nächsten Augenblick kamen zwei Gestalten um die Ecke gerannt: ein untersetzter Mann mit strohigen blonden Haaren und eine Frau, einen guten Kopf größer als er, braun gebrannt und in etwas gekleidet, das wie ein afrikanisches Kleid aussah.
    Als der Mann Kyle erblickte, blieb er abrupt stehen und packte seine Begleiterin am Arm, um sie ebenfalls zu stoppen.
    »Jones!«, rief er. »Sie? Wie zum Teufel sind Sie reingekommen? Haben Sie etwas mit diesen Typen zu tun?«
    Kyle hob die Hände. »Ich kann Ihnen das erklären, Mister van Horn, aber nicht jetzt und hier«, sagte er hastig. »Wir müssen fliehen. So schnell wie möglich.«
    »Fliehen?« Die Augen van Horns irrlichterten wütend. »Ich soll aus meinem eigenen Haus –?«
    Ein Geräusch ließ Serenity und die anderen herumfahren.
    In die drei Männer, die am Treppenabgang Spalier gestanden hatten, war wieder Leben gekommen. Schwerfälligen Schrittes traten sie vor und versperrten ihnen den Rückweg. Ihre Blicke waren immer noch glasig, richteten sich jedoch jetzt eindeutig auf sie.
    Und aus der Richtung, aus der van Horn und seine Frau gekommen waren, näherten sich ebenfalls zwei Männer.
    Kyle riss das Telefon ans Ohr. »Christopher?«, schrie er.
    Er lauschte, ließ das Gerät dann wieder sinken. »Nichts. Er ist nicht mehr in der Leitung.«
    Die Männer hinter ihnen setzten sich in Bewegung.
     
    Christopher wusste kaum noch, wie ihm geschah. Etwas wie ein geistiger Tsunami brach über ihn herein, fegte ihn hinweg, wollte ihn in tausend Stücke zerreißen. Er hatte keine Chance mehr. Er hatte den Bogen überspannt, hatte zu viel gewagt und… verloren.
    Er fand nicht einmal mehr den Rückweg. Alles, was er tun konnte, war, sich abzukapseln und Widerstand zu leisten, solange er es nur aushielt.
    Und Serenity…?
    Madonna? Kyle?
    Er hatte versagt.
    Er hätte sie da sofort herausholen müssen! Es war völlig unnötig gewesen, sie ins Untergeschoss zu schicken. Er hatte die van Horns schon ohne Kyles Hilfe freibekommen; die beiden hätten auf eigene Faust fliehen können…
    Zu spät. Nun hatte er sein Versprechen gebrochen, Serenity vor der Kohärenz zu bewahren.
    Er war selber überrascht, wie viel ihm das ausmachte.
    Serenity!
    Und seltsam… Auf einmal gab ihm irgendetwas Kraft. Auf einmal konnte er sich gegen den Strom stemmen, der ihn zu überwältigen suchte. Es war immer noch, als versuche er, eine schwierige Prüfungsarbeit zu schreiben, während tausend Stimmen auf ihn einschrien, aber aus irgendeinem Grund, den er nicht verstand, vermochte er sich auf einmal dagegen abzuschotten, sich zu konzentrieren, zu handeln.
    Einfluss zu nehmen.
    Kontrolle auszuüben.
    Auf einmal war er wieder der Adler über dem Gefechtsfeld. Nur dass jetzt Sturm herrschte.
    Seit er die Kohärenz verlassen hatte, war er nie auch nur annähernd so lange im Feld gewesen, hatte sich nie so lange behauptet und vor allem war er niemals unerkannt geblieben.
    Wer bist du?, schrien ihnen die hunderttausend Stimmen an, die ein Geist waren. Bist du eine andere Kohärenz?
    Christopher antwortete nicht. Ein paar Minuten lang würde er dem Druck noch standhalten können. Ein paar Minuten, die es zu nutzen galt.
    Eine letzte Botschaft an Kyle, dann ließ er die Kontrolle über das Telefonsystem fahren. Er musste seine verbleibenden Kräfte auf anderes, Wichtigeres konzentrieren.

89 | Die Männer blieben wieder stehen, als hätte sie jemand ausgeschaltet.
    Serenity spürte ihr Herz bis in den Hals schlagen. Sie sah Madonna an. Ihre Freundin zitterte am ganzen Körper. Jemand musste sie an der Hand fassen, um sie zu beruhigen, also
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