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Saga von Dray Prescot 28 - Pandahem-Zyklus 02 - Delia von Vallia

Saga von Dray Prescot 28 - Pandahem-Zyklus 02 - Delia von Vallia

Titel: Saga von Dray Prescot 28 - Pandahem-Zyklus 02 - Delia von Vallia
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    Die Frau, die ausgestreckt im Wüstensand lag, bewegte sich mit der Schlaffheit des kommenden Todes unter den ausgebreiteten Schwingen des Geiers. Der Vogel senkte die steifen schwarzen Flügel, beschrieb einen großen Bogen in der Luft und betrachtete gelassen das Wesen, auf dessen Tod er wartete.
    Behäbig rollte die Frau auf die Seite; Rippasch der Geier schwebte über ihr, und seine beiden Schatten zuckten über den Sand. Die Frau öffnete die Augen.
    Der Vogel stieg höher, und an dem scharfen blanken Schnabel spiegelte sich funkelnd die Sonne. Die Augen der Frau schlossen sich zur Hälfte. Wachsam schwebte Rippasch näher heran. Noch ein letztes Zucken der Gliedmaßen, dann lag sie still. Das war Zeichen genug.
    Der ockerbraune Sand erstreckte sich gleichmäßig bis zum Horizont; die einzige Unebenheit waren die Fußspuren, die vor der Stelle, wo die Frau lag, eine schwankende Linie zogen. Die Doppelsonne stand hoch am Himmel, rot und grün, und füllte das öde Land mit ihrer Hitze. Der Vogel ließ die Flügel zucken und setzte mit vorgestreckten Klauen zur Landung an. Dann legte er den Kopf auf die Seite.
    Die Arme der Frau lagen schlaff da, die linke Hand über die Brüste gestreckt, wo das rotbraune Leder zerrissen war und gebräunte Haut freigab. Die rechte Hand hatte sich um den Griff eines schweren Seemannsmessers geöffnet. Ein Sandhäufchen verdeckte teilweise die breite Klinge.
    Kein Windhauch milderte die kratzenden Klauengeräusche des näher schreitenden Geiers. Der Schnabel war spitz. Die Augen waren halb geöffnet.
    Risse entstellten ihre Lippen, Staub bedeckte ihr Gesicht und ließ es wie eine fleckige Götzenmaske aussehen. Sie atmete nur noch flach und immer langsamer, der Reglosigkeit entgegen. Rippasch stellte die Nackenfedern auf und stolzierte vorwärts.
    Die Frau bewegte sich nicht.
    Beruhigt breitete Rippasch die Flügel aus und hüpfte auf ihren Körper. Die Klauen drückten die braune Haut nieder, doch erzeugten sie noch keine Wunde.
    Zwei Herzschläge lang verweilte der Geier leblos auf dem Oberkörper der Frau, ein schwarzer Keil vor dem grellen Sonnenschein. Nur zwei Herzschläge lang - dann fuhr sein scharfer Schnabel vorwärts, um die Mahlzeit zu beginnen.
    Im gleichen Augenblick zuckte die linke Hand der Frau empor.
    Ihre Finger legten sich um den dünnen nackten Hals des Vogels. Ein angstvolles oder erstauntes Krächzen, das Rippasch vielleicht äußern wollte, wurde erbarmungslos unterdrückt.
    Die rechte Hand der Frau schloß sich. Das Messer blitzte auf seinem flachen tödlichen Weg.
    Der Kopf des Geiers flog zur Seite.
    Augenblicklich wurde der geköpfte Körper umgedreht. Das hervorschießende Blut spritzte der Frau über das Gesicht, lief ihr in den Mund. Gierig fing sie das Blut auf, schluckte es, spürte, wie die Feuchtigkeit ihre ausgetrocknete Haut benetzte - naß, naß!
    Gierig trank sie, stillte ein wenig ihren Durst, verzehrte das Blut wie ein wildes Tier, das sich über seine Beute kauert.
    Und tatsächlich war die Frau in diesem Augenblick ein wildes Tier, ungezähmt und schlau, erfahren in der Kunst des Überlebens, und sie nutzte, was sie mit ihrer Geschicklichkeit erbeutet hatte.
    Zuletzt leckte sie das Seemannsmesser sauber. Die Flüssigkeit mußte bis zum letzten Tropfen ausgekostet werden. Sie steckte das Messer wieder in die Wildlederscheide an der rechten Hüfte, unter die Main-Gauche, die sich ihr ansehnlich an die Hüfte schmiegte. Das dazu passende Rapier - mit einfachem Griff und Steg, schmal, aber nicht zu dünn, keine Spielzeugwaffe - blieb in der Scheide, die an schlichten Stahlringen an der linken Hüfte baumelte. Sie hatte eine enge Taille; die Schnalle des Lestenledergürtels, vom vielen Gebrauch matt geworden, war bis zum vorletzten Loch angezogen.
    Sie stand auf, zog den ausgebluteten Leichnam aus dem Sand hoch und schüttelte ihn. Noch war sie nicht so hungrig, daß sie rohes Fleisch essen mußte. Aber sie würde es tun, wenn es nicht anders ging.
    Sie bedauerte, daß sie sich keine Portion Blut für später aufsparen konnte. Immerhin hatte sie alles in sich aufgenommen. Nur schade, daß der Geier sie nicht erst gegen Abend angegriffen hatte. Jetzt würde sie vielleicht wieder schwitzen - und das wäre die reinste Verschwendung.
    Ihr Blick suchte den abweisenden Horizont.
    Ihr Flugboot war ausgerechnet in der Ockerwüste abgestürzt - allerdings nach dem kurzen, heftigen, unangenehmen Angriff unsäglicher Flutsmänner, mörderischer
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