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Kohärenz 02 - Hide*Out

Kohärenz 02 - Hide*Out

Titel: Kohärenz 02 - Hide*Out
Autoren: Andreas Eschbach
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machte.
    Sie beobachtete Madonna, die van Horn gebannt zuhörte, während dieser erklärte, dass er sich »von diesem Vorfall«, wie er es nannte, nicht vom »eigentlichen Zweck« ihres Treffens ablenken lassen wolle, und dann begann, wortreich ihre Musik zu loben. Ihr grandioser Song. Ihre faszinierende Gesangsstimme. Ihre natürliche Performance und Präsenz. Und so weiter.
    Madonna hing an seinen Lippen. Man würde, dachte Serenity, sie nachher kräftig schütteln müssen, damit sie wieder zu sich kam.
    »Ich hoffe, du hast noch weitere Songs geschrieben?«, erklärte Zack van Horn.
    »So an die zwanzig«, sagte Madonna.
    »Alle genauso gut«, warf Kyle ein, was Serenity total verblüffte. Er war zwar mit seiner Rotkreuz-Gruppe regelmäßig auf Rock- und Popkonzerten aktiv, aber er hatte bisher noch nie irgendwelche besonderen musikalischen Vorlieben zu erkennen gegeben.
    Außerdem übertrieb er, wie es sonst auch nicht seine Art war: Er hatte schließlich bloß die fünf oder sechs Lieder gehört, die Madonna heute Morgen im Auto gesungen hatte.
    »Wunderbar.« Van Horn strahlte. »Dann fangen wir gleich mit einem Album an. Ach übrigens – sagt dir der Name Cloud etwas?«
    »Ob mir der Name etwas sagt?« Madonna riss ungläubig die Augen auf. »Aber hallo. Ich hab alle ihre CDs. Ich hab alles von ihr. Auch die – « Sie räusperte sich. »Also, ich meine, auch die nicht ganz so legalen Sachen. Konzertmitschnitte und so.«
    Van Horn musste schmunzeln. »So, so. Ein wahrer Fan?«
    Madonna nickte nur.
    »Dann wird es dich vielleicht freuen zu hören«, fuhr van Horn fort, »dass Cloud dein Lied in ihr Repertoire aufnehmen will.«
    Madonna starrte ihn ungläubig an. »Cloud? Will No Longer Lonely singen?«
    »Und zwar unbedingt. Sie hat neulich von irgendjemandem eine E-Mail gekriegt, dass sie sich das Video ansehen soll, hat es getan und mich dann sofort angerufen. Sie war sozusagen hin und weg.«
    Madonna schien auf einmal an akuter Atemnot zu leiden. »Das ist ja… unglaublich.«
    »Ich glaube, ihr beide werdet euch gut verstehen.«
    Serenity beobachtete ihre Freundin besorgt. Madonna sah aus, als würde sie demnächst ohnmächtig vom Stuhl rutschen.
    Van Horn beugte sich vor, faltete die Hände. »Ich würde gerne so bald wie möglich einen Vertrag mit dir machen. Aber da du noch minderjährig bist, muss mindestens ein Elternteil mit unterschreiben – das verlangt der Gesetzgeber so.«
    Madonna nickte gefasst. »Ich werde meinen Vater fragen.«
    Serenitys Blick wanderte aus irgendeinem Grund zum Fenster hinaus auf den Parkplatz vor dem Diner. Dämmerung senkte sich herab, tauchte die Stadt in verzaubertes Licht und ließ den Himmel aussehen wie hellrotes Glas. Die Neonreklame an der großen Säule neben der Einfahrt blinkte vor sich hin; mal leuchtete eine grellbunte Riesenpizza auf, dann ein Gigant-Hamburger aus quietschgelbem Plastik.
    Vor der Zufahrt kam gerade ein silbern schimmernder Sattelschlepper mit quietschenden Bremsen zum Stehen. Die Beifahrertür schwang auf, ein Mann kletterte heraus, wechselte noch ein paar Worte mit dem Fahrer, schlug dann die Tür kraftvoll zu und hob zum Abschied die Hand. Der Truck fuhr wieder an, blies zwei schwärzliche Abgaswolken in Richtung des sauber schimmernden Firmaments und rollte davon, während der Mann auf den Eingang zusteuerte.
    Irgendetwas an ihm erschien Serenity seltsam vertraut, aber sie kam nicht darauf, was. Er trug eine unförmige graue Jacke und ging mit schwerem, aber sicherem Schritt. Als er die Treppe erklomm, kam er hinter Werbetafeln und Plastikpflanzen außer Sicht.
    Serenity wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Gespräch am Tisch zu. Kyle und Mr van Horn sprachen darüber, ob die Upgrader die Villa inzwischen verlassen hatten oder ob sie womöglich auf seine Rückkehr lauerten. »Irgendwas muss ich machen«, erklärte der Musikproduzent gerade besorgt. »Ich will jedenfalls keinen Chip in die Nase geschoben kriegen, das könnt ihr mir glauben.«
    Aus den Augenwinkeln bekam Serenity mit, wie der Mann, der wohl per Anhalter mit dem Truck gekommen war, die Tür vom Vorraum ins Restaurant öffnete. Als er an ihrem Tisch stand, sah Madonna auf und rief entgeistert: »Dad?«
    Der Mann war niemand anders als John Two Eagles. Er nickte nur gleichmütig, gerade so, als sei dieses Treffen hier seit Wochen ausgemacht gewesen, und sagte: »Guten Abend.«
    Madonna konnte es einfach nicht fassen. »Wo kommst du denn her?«
    Ihr Vater deutete hinter sich.
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