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Königin für neun Tage

Königin für neun Tage

Titel: Königin für neun Tage
Autoren: Rebecca Michéle
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haben etwas zu feiern.«
Verschwörerisch blinzelte er Antonia zu, während seine Finger leicht über die nackte Haut an ihrem Halsausschnitt strichen. Antonia wagte es nicht, ihn abzuschütteln, und bemühte sich um ein unverbindliches Lächeln.
»Ich kann Euch versichern, Sir Fairbanks, dass mein Mann und ich mit den besten Absichten nach Schottland gekommen sind. Es war Normans Wunsch, seinen Onkel kennen zu lernen.«
Duncan Fairbanks kniff kritisch die Augen zusammen. Er mochte keine Engländer, egal, aus welchen Gründen sie in sein Land eingedrungen waren. Auch wenn diese Lady recht attraktiv war, vielleicht etwas dünn für seinen Geschmack, beschloss er, vor ihnen auf der Hut zu sein. Er konnte es sich nicht verkneifen zu bemerken: »Margaret Tudor kam auch aus England und wurde zu unserer Königin, um den Frieden zwischen den beiden Ländern zu sichern. Es war nur eine Farce, denn nur wenige Jahre später konnte sie ihren Bruder Henry nicht daran hindern, beinahe unseren ganzen Hochadel zu vernichten. Wenn es um Politik, Macht und Besitz geht, werden verwandtschaftliche Bande schnell zur Seite geschoben. Wer sagt uns, dass dieser Neffe wirklich dein Verwandter ist, Laurel? Selbst wenn, was hat er vor? Vielleicht möchte er sich hier nur einnisten, um für England zu spionieren?«
»Duncan, lass es gut sein!« Laurel Mercats Stimme war scharf und bestimmt. Er winkte einem Diener, der ihm einen Becher mit gewürztem Bier reichte. »Hast du schon unser Anisbier gekostet? Nein? Du wirst begeistert sein«, sagte er versöhnlich und reichte den Becher seinem Nachbarn.
Antonia gelang es, sich unbemerkt fortzustehlen. Sie hielt nach Norman Ausschau, konnte ihn jedoch nirgends entdecken. Zu allem Unglück sah sie, wie Lady Douglas den Saum einer Tischdecke zwischen den Fingern hielt und diesen kritisch musterte. Am liebsten wäre Antonia in ihrem Zimmer verschwunden, wusste aber, dass sie heute Abend die Rolle der Gastgeberin spielen musste.
Als sich die Tür öffnete und Norman eintrat, eilte sie ihm erleichtert entgegen. »Gut dass du kommst! Wo hast du so lange gesteckt?«
Norman erkannte, dass sich Antonia ehrlich freute, ihn zu sehen, und sein Herz tat einen Sprung. »Hast du mich vermisst, mein Schatz?«
Sofort verhärteten sich Antonias Gesichtszüge, die eben noch weich und sehr weiblich gewesen waren. »Du brauchst dir keine Mühe zu geben, freundlich zu sein, wenn uns niemand zuhört«, zischte sie. »Ich wollte dir nur sagen, dass du dich vor Duncan Fairbanks in Acht nehmen musst. Er wird versuchen, dich bei Onkel Laurel in Misskredit zu bringen. Er hat einen unbändigen Hass auf alle Engländer.«
Antonia deutete mit dem Kopf auf den grauhaarigen Mann, dem das Bier offenbar schmeckte, denn er leerte bereits den dritten Becher.
»Wenn du nicht mein Schatz sein willst, warum machst du dir dann Gedanken um mein Wohlergehen?«
Die Frage traf Antonia völlig unvorbereitet. »Weil, weil ... ach, lass mich doch in Ruhe!«
Zu Antonias Glück strömten in diesem Moment Diener mit Fleischplatten in die Halle, so dass sich nun alle Gäste an der langen Tafel niedersetzten. Aus den Augenwinkeln sah Antonia jedoch, wie Norman ihr spöttisch nachlächelte.
Nach den ersten vier Gängen zogen sich die Männer zurück, die Frauen kosteten von den kandierten Früchten und den in Honig eingelegten Nüssen. Antonia wurde wieder mit Fragen nach England und dem Hof bestürmt, die sie wahrheitsgemäß beantwortete, wobei sie Fragen, die sich auf Jane und ihren angeblichen Verrat bezogen, geschickt auswich. Die Frauen sollten nicht erfahren, wie eng sie einst mit Jane Grey befreundet gewesen war.
»Es muss für Euch furchtbar gewesen sein, in einem Land zu leben, wo ein Ketzer die Herrschaft hat!«, rief Lady Douglas aus. »Nur gut, dass Ihr Eurem Glauben treu geblieben seid, Lady Powderham.«
Antonia lächelte schwach. Natürlich gingen alle davon aus, dass sie und Norman gläubige Katholiken waren. Warum sonst hätte Laurel Mercat sie in sein Haus aufnehmen sollen?
Die Rückkehr des Lairds enthob Antonia einer weiteren Antwort. Stolz schritt er zu dem Podium an der Stirnseite der Halle, auf dem zwei gepolsterte Stühle standen. Laurel wartete, bis Malcolm Douglas Platz genommen hatte, erst dann setzte er sich und hob die Hand.
»Liebe Gäste, es gibt einen bestimmten Grund für unsere Zusammenkunft. Es war Gottes Wille, mir nach vielen Jahren, in denen ich glaubte, ohne Anverwandte zu sein, meinen Neffen zu schicken. Wenn er
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