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König Mythor

König Mythor

Titel: König Mythor
Autoren: Horst Hoffmann
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immer mehr. Viliala war ein bezauberndes junges Geschöpf, aber Mythors Sinn stand nicht danach, eine Heranwachsende zu ehelichen und sich damit für immer an Leone zu binden. Immer stärker wurde das Gefühl, in einem goldenen Käfig gefangen zu sein.
    Aber der Helm der Gerechten hatte ihm den Weg hierher gewiesen. Gab es also in oder außerhalb Leones einen Fixpunkt des Lichtboten? War es das, was Hapsusch ihm beharrlich verschwieg?
    Mythor hatte nicht die Absicht, noch mehr Zeit mit dem abweisenden Greis zu vergeuden. Andere würden aufgeschlossener für seine Fragen sein. Nur eines wollte er jetzt noch wissen. »Du sagtest, der nächste würdige Edelmann würde zum
    Nachfolger des toten Königs bestimmt werden. Wer also hat mir diesen Leumund ausgestellt?«
    »Dein Barde natürlich, der mit den Flüchtlingen aus Akinlay kam und deine Herkunft als Sohn des Kometen und deine Taten in den höchsten Tönen des Lobes besungen hat«, antwortete Hapsusch.
    »Lamir? Wo ist er?«
    »Er erwartet dich, Mythor.« Wieder vermied der Greis es, das Wort »König« zu gebrauchen. »Im Thronsaal.«
    Hauptmann Nahir stand mit einer Handvoll seiner Männer auf der östlichen Stadtmauer und sah starren Blickes auf die fast menschenleeren Straßen hinab. Die Leoniter hatten ihre Häuser verlassen und drängten sich in den Grünanlagen ängstlich zusammen. Nur die Krieger der Stadtwache warteten in ihren blitzenden Rüstungen auf den nächsten Angriff der Dämonenpflanzen, der, wie Hapsusch angekündigt hatte, unweigerlich erfolgen musste .
    »Die Dinge sind in Bewegung geraten«, hatte der greise Lebensgärtner gesagt, als Nahir seinem König Bericht erstatten wollte und von Hapsusch abgefangen wurde. »Die Pflanzen des Bösen greifen zuerst nach der Stadt, um sie in Besitz zu nehmen und ihre Bewohner zu vertreiben. Dann gilt es, den Lebensbaum zu verteidigen!«
    Stille hatte sich über Leone gesenkt. Es war bitter kalt. Noch stand die Wintersonne am Himmel. Nahir, der viele Kämpfe gegen jene ausgefochten hatte, die es auf den Baum des Lebens abgesehen hatten, hatte Angst vor der Nacht, denn mit ihr würde das Böse kommen.
    Nicht umsonst hatte König Lerreigen gerade Nahir in Leone zurückgelassen, um während seiner Abwesenheit die Stadt zu verteidigen, auch gegen die Caer, die schon mehrere Male versucht hatten, den Baum des Lebens zu erobern. Lerreigen hatte damit gerechnet, dass sie seine Abwesenheit dazu nutzen würden, erneut anzugreifen.
    An ihrer Stelle hatten die Schattenmächte die Pflanzen geschickt. Nahir fürchtete nicht den Kampf Mann gegen Mann, doch was nun seinen Würgegriff um Leone und das Lebensgärtchen legte, war schrecklicher als jeder Kämpfer.
    Die Krieger in den Straßen hatten fast alle ihre Schwerter und die schweren Armbrüste gegen in Pech getränkte Fackeln eingetauscht. Mochten auch die Bolzen der Armbrüste die Stränge durchschlagen wie die Rüstungen früherer Feinde - sie konnten die Dämonenpflanzen nicht vernichten.
    Nur Feuer konnte das. Wer noch seine Armbrust trug, hatte Brandbolzen in seinem Köcher. Die meisten der wartenden Krieger waren um große, fahrbare Blasebälge postiert, die mit der Luft auch ein Gemisch aus ätherischem Öl und explosionsartig verbrennendem Pulver verpusteten, das am Mündungslauf durch einen glimmenden Docht entzündet wurde. Auf diese Weise spien die Blasebälge Flammenlohen von zehn, fünfzehn Mannslängen. König Lerreigen hatte diese Geräte erdacht und damit bei den Erntedank- und Fruchtbarkeitsfesten die Abfälle aus dem Lebensgärtchen feierlich verbrannt, auf dass aus der Asche neues Leben sprießen sollte.
    Nahir ließ seinen Blick schweifen, bis er den eingeäscherten Stadtteil sah, wo noch immer einige der Schlangengewächse ihre Stränge aufrecht in den Himmel streckten. Sie bewegten sich nicht mehr. Wäre es nach Hauptmann Nahir gegangen, so hätten seine Krieger auch sie mit den Feuerwerfern verbrannt. Doch Hapsusch hatte darauf bestanden, sie zu verschonen. »Beobachtet sie gut aus sicherer Entfernung«, waren die Worte des Lebensgärtners gewesen. »Sie werden euch das Zeichen geben.«
    Nahir schätzte es nicht, wenn Hapsusch in Rätseln sprach. Für ihn wurde es höchste Zeit, dass ein anderer die Belange der Stadt in seine Hände nahm. Sicher, Hapsusch war weise und stand als Hüter des Lebensbaums keinem König in Macht und Ansehen nach. Doch die Leoniter liebten ihn nicht. Eher fürchteten sie den alten Mann.
    Stille. Die Krieger unterhielten
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