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König Mythor

König Mythor

Titel: König Mythor
Autoren: Horst Hoffmann
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einzufangen und zurückzuwerfen.
    Der schlanke und doch ungeheuer muskulöse Mann trug Hapsuschs Gewand, das ihm nur bis knapp unter die Knie reichte. Er blickte Mythor an, als könne er kein Wässerchen trüben. Und er lächelte, als er sagte: »Nenn mich Luxon, denn es ist ein Name des Lichtes.«
    Für Augenblicke standen sie sich gegenüber und maßen sich mit Blicken. Mythor versuchte, in den Zügen seines Gegenübers zu lesen. Luxon aber hatte sich in jeder Hinsicht in der Gewalt. Immer noch umspielte ein feines Lächeln seine Lippen, und es war geradezu entwaffnend. Mythor konnte das Schwert nicht gegen ihn erheben.
    Als ihm noch die Erinnerung an sein erstes Zusammentreffen mit diesem Abenteurer kam, der Kalathee offenbar nur durch seine Ausstrahlung verzaubert hatte, sah Mythor den Bogen und den vollen Köcher in Luxons linker Hand.
    Dieser lachte laut auf. »Du kamst zu spät, Mythor. Ja, du hast recht. Diesen Bogen und diesen Köcher fand ich hier. Komm, sieh dir an, was du verloren hast!«
    Luxon hielt beides vor Mythors Augen in die Höhe. Nur einen Herzschlag lang war der Sohn des Kometen unvorsichtig. Zu sehr drängte es ihn zu sehen, was der Lichtbote an diesem Fixpunkt für ihn hinterlassen hatte. Er wollte den Bogen betrachten, den günstigsten Augenblick abwarten, um ihn dem Widersacher zu entwenden, doch Luxons List machte all seinen Hoffnungen ein Ende.
    Nur dieser eine Augenblick, den Mythor arglos war, reichte Luxon aus, um ihm einen gezielten Schlag gegen das Kinn zu versetzen. Mythor schrie auf, warf die Arme in die Höhe und ruderte, um sein Gleichgewicht zu finden. Luxons zweiter Schlag fällte ihn. Mythor schlug hart mit dem Kopf gegen das Holz des Stammes, so unglücklich, dass er den Helm der Gerechten verlor. Seine Beine gaben nach. Luxon lachte und versetzte dem Sohn des Kometen einen letzten Stoß, mit solcher Kraft, dass Mythor mit dem ungeschützten Kopf auf den Boden schlug und augenblicklich die Besinnung verlor.
    Aus einer hässlichen Platzwunde quoll rotes Blut und sickerte in das uralte Holz des Baumes.
    *
    Lamir und Viliala sollten zumindest vorläufig keine Zeit für die Liebe finden. Kaum hatten sie sich aus Decken und Gewändern ein kleines Lager in einer dunklen Ecke des Tempels bereitet und erste, zaghafte Zärtlichkeiten ausgetauscht, als Buruna in der Tür erschien und rief: »Lamir! Viliala! Seid ihr hier?«
    Der Barde legte der Angebeteten die Hand auf den Mund und hielt den Atem an. Vielleicht ging sie wieder, ihr Quälgeist, der ihnen keine zwei Augenblicke dessen gönnte, was sie in Hülle und Fülle genoss .
    Doch Buruna wollte kein Einsehen haben. Sie kam in den Tempel, nahm eine Öllampe von der Wand und leuchtete. »Lamir!« schalt die Liebessklavin, als sie die Turtler erblickte. »Das ist nicht die Zeit für euer Spiel! Mythor ist nicht zurückgekehrt, und es wird bald dunkel!«
    »Wie kannst du von einem Spiel reden!« empörte sich der Barde. »Ausgerechnet du! Was weißt du von der wahren Liebe, zart wie die Knospe einer Rose im Frühjahr, weich wie die Federn einer weißen Taube und brennend wie die .. .«
    »Wie die Feuer, die die Krieger jetzt in ihren Kesseln schüren, damit wir die Nacht überleben«, vollendete Buruna für ihn. »Steht auf, ihr beiden. Wenn Mythor zurück ist, werdet ihr Zeit genug für eure Liebe haben.«
    »Mythor wird zurückkehren, das ist sicher«, versuchte Lamir sie loszuwerden. »Und noch ist es nicht dunkel. Buruna, nur bis zur Dunkelheit .. .« Lamir fuhr in die Höhe, als die dunkelhäutige Schönheit näher kam und nach den Decken griff. »Was tust du da? Nein! Nicht!«
    Mit einem Ruck zog Buruna Decken und Gewänder fort. Viliala schrie schrill und umschlang den Angebeteten, als ob sie ihn erdrücken wolle.
    »He!« schrie der Barde, bemüht, sich loszumachen. »Was tust du jetzt, Buruna? Lass den Kessel stehen! Nein!«
    Das kalte Wasser schwappte über das Lager. Viliala sprang auf, vergaß alle Scheu und war mit einem einzigen Satz bei der Liebessklavin. Buruna bekam eine schallende Ohrfeige und musste sich Lamirs Gezeter anhören, während Viliala schnell in ihre trockenen Kleider schlüpfte. Ohne Buruna eines weiteren Blickes zu würdigen, schritt sie erhobenen Hauptes ins Freie, wo Hapsusch, inzwischen neu eingekleidet, wartete.
    Hinter dem Tempel bereiteten sich die Leoniter auf dessen Verteidigung vor. Der Nebel hatte sich den ganzen Tag über nicht aufgelöst, als sei er von dämonischen Mächten geschickt worden,
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