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König Artus

König Artus

Titel: König Artus
Autoren: John Steinbeck
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der mittelalterlichen Welt vermittelt:

    Schließlich waren die Vorbereitungen für die Vermählung von Artus und Guinevere abgeschlossen, und die Besten, Tapfersten und Schönsten des Reiches strömten in die königliche Stadt Camelot. Die Barone und Ritter versammelten sich samt ihrer Damen in der St-Stephans-Kirche, und dort wurde die Vermählung mit fürstlichem Gepränge und kirchlicher Pracht vollzogen (148).

    Gelegentlich erhält Steinbeck effektvolle Wendungen von Malory oder zitiert ihn wörtlich und erzeugt dadurch mittelalterliches Timbre. Immer wieder ergänzt er Malorys wortkarge Hinweise auf Schauplätze durch malerische Ausstattung, reizvolle Landschaftsbeschreibung, durch Atmosphäre und dramatische Spannung schaffende Schilderungen:

    Der Raum war mit goldenem Tuch, verziert mit mystischen, heiligen Symbolen, ausgekleidet, und das Bett darin mit herrlichen Vorhängen drapiert. Auf dem Bett lag unter einem aus Goldfäden gewirkten Überwurf der vollkommene Körper eines ehrwürdigen Greises, und auf dem goldenen Tisch neben dem Bett stand ein seltsam gearbeiteter Speer mit einem Griff aus Holz, einem schlanken eisernen Schaft und einer kleinen Spitze (126).
    Und auf einem ausgedehnten Moor, über das der Wind fegte, trafen sie auf einen Fremden, gehüllt in einen Mantel (113).

    Steinbecks großes deskriptives Talent, das seine eigenen Romane auszeichnet, manifestiert sich auch hier, z.B. wenn er Lancelots Begegnung mit den Zauberinnen durch die Einfügung einer realistischen Gewitterstimmung wirkungsvoll vorbereitet:

    Die Nachmittagshitze war drückend, der blaue Himmel mit dem milchigen Dunst überzogen. Die hohen, weißen Hauben von Gewitterwolken blickten über die Hügel im Nordosten und murmelten in der Ferne. Die unbewegte, heiße, feuchte Luft zog Fliegen, klebrig und träge, herbei. Ein Geschwader von Krähen tummelte sich dahinsausend und spielerisch Rollen schlagend in der Luft. Sie spornten einander krächzend zu immer neuen Flugkunststücken an. Und als sie das an den Apfelbaum gebundene Pferd sahen, kreisten sie tiefer und inspizierten den schlafenden Ritter, aber da eine Dohle es mit ihnen aufzunehmen versuchte, flogen sie angewidert weg (383).

    Er bewundert Malorys erzählerisches Können, aber er beweist in seiner Bearbeitung auch sein eigenes nicht minder großes Talent, wenn er die Episode des todbringenden Mantels (217) dramatisch detailliert und ermüdend gleichartige Kampfszenen streicht, die nicht relevanten narrativen Ankündigungen und Auflistungen von Namen oder die weniger reizvolle Auseinandersetzung zwischen Artus und dem römischen Kaiser Lucius ausläßt, die verwirrende Darstellung der Battle of Bedgrayne ordnet. Er erleichtert dem Leser die Lektüre durch Ein- und Überleitungen, wie zum Beispiel am Anfang des Gawain-, Ewain-, Marhalt-Buches, wo er auf die Intrige von Morgan Le Fay vorbereitet. Im Lancelot-Buch arrangiert er das Material aus den Kapiteln 13, 14, 16, 17 so um, daß die tiefenpsychologische Schauerhandlung mit dem Erlebnis der Kapelle einen wirkungsvollen Höhepunkt erhält. Aus einigen wenigen Plotvorgaben in Kapitel 18 gestaltet er einen neuen ästhetisch überzeugenden Schluß. Dadurch, daß er hier antizipierend eine Liebesszene zwischen Lancelot und Guinevere einfügt, aber Malorys großen Schlußsatz (»So hatte zu jener Zeit Sir Lancelot den größten Namen von allen Rittern der Welt und ward von hoch und niedrig am meisten geehrt«, 497) bewahrt, wirkt die Neufassung nicht fragmentarisch, sondern suggeriert eine große, ironisch tragische Zukunftsperspektive.
    Folgenschwere Änderungen der Vorlage ergeben sich aus Steinbecks Bedürfnis, die mittelalterlichen Figuren und ihr »unvermitteltes Handeln« im Sinne des modernen psychologischen Romans plausibel zu machen. Vor dem Kindermord, der sich an dem mythischen Muster der Bibel orientiert, erscheint Artus brütend, von seiner Inzestschuld gequält (91–94). Morgan Le Fay, die ursprünglich das Privileg einer Märchenfigur hat, einfach böse zu sein, macht Steinbeck durch eine psychologische Reflexion »verständlich« (217). Der Riese Taulurd, bei Malory nur ein mit Bravura zu beseitigendes Hindernis, wirkt bei Steinbeck wie das Monster in Mary Shelleys Frankenstein sentimentalisiert. Seine grotesken Züge sind ausgemalt, und Marhalt fühlt sich nach dem Sieg, wie ein moderner Held, ganz unheroisch: »Er stieg aufs Pferd und ritt davon, und sein Triumph würgte ihn in der Kehle, ein trauriges
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