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König Artus

König Artus

Titel: König Artus
Autoren: John Steinbeck
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anderen Figuren auf demselben Türbogen bewertet werden. Wie Sie wissen, wurde König Arthur zu unterschiedlichen Zeiten einmal zu den »Neun«, dann zu den »Sieben« und den »Drei« gezählt. Mangels Literatur lassen sich die Beziehungen zwischen diesen Rangveränderungen nur dadurch klären, daß man die Gebäude, an denen diese Gruppen erscheinen, in Relation zueinander datiert.
    Es würde mich freuen, wenn Sie sich weiter mit den sizilianischen Bettüberwürfen beschäftigen und die Figuren darauf nach dem Grad ihrer Bedeutung zueinander in Beziehung setzen könnten. Ich habe den starken Verdacht, daß diese Beziehungen – wie in der symbolischen Volkskunst zumeist – einen Schlüssel oder eine Aussage enthalten, die für uns nur deshalb geheimnisvoll sind, weil wir sie nicht verstehen.
    Alles in allem, Chase, glaube ich, daß Ihre Nachforschungen in Italien, wenn auch nicht vollständig, die Tür zu einem neuen Bereich von Recherchen geöffnet haben, dem Sie sich hoffentlich weiter widmen wollen. Wie bei den meisten Themen gibt es noch weite interessante und wichtige Gebiete, die noch nicht mit dem neuen Auge inspiziert worden sind, mit dem wir sie betrachten können.
    Ich habe die Hoffnung, daß Sie während Ihrer nächsten Reise Gelegenheit haben werden, in Rom in die Vatikanische Bibliothek hineinzukommen. Wie Sie wissen, hat im 15. Jahrhundert der englische Adel bei Kontroversen dieser oder jener Art beinahe jedesmal an den Papst appelliert. Ich habe selbst einiges Malory-Material im Vatikan gefunden und bin sicher, daß noch mehr davon vorhanden ist (Monks Kirby etc.). Um Ihnen künftige Arbeit dieser Art zu erleichtern, habe ich vor, an den Monsignore zu schreiben, der die Oberaufsicht über die Dokumentensammlung des Vatikans führt, damit er eine Besuchserlaubnis für Sie erwirkt und Ihnen bei der Durchsicht der Bestände behilflich ist. Ich habe die vatikanischen Behörden immer sehr hilfsbereit gefunden, bis auf das Heilige Offizium, das aber ohnehin nicht zu unseren Weidegründen gehört.
    Und damit ich es nicht vergesse – meine Gratulation zu Ihren neuen Funden. Es war nicht nur Glück, wie Sie bescheiden beteuern. Es war auch das geschulte Auge, das wußte, wonach es Ausschau zu halten und wie es den Fund, war er gemacht, zu betrachten hatte.
    Ich sehe jetzt Licht am Ende des Tunnels dieser langen, langen Arbeit. Hoffentlich können wir uns bald zusammensetzen und die Aufräumoperation besprechen.
    Jetzt spannen Sie erst einmal ein bißchen aus und schöpfen neue Kraft für künftige Anstrengungen. Für den Wißbegierigen gibt es kein Rasten.

    AN ERO – NEW YORK, 8. JULI 1965
    Ich mühe mich mit der Arthur-Geschichte weiter voran. Ich glaube, ich bin auf eine Idee gekommen, doch zu meinem eigenen Schutz werde ich sie niemandem verraten. Wenn ich dann ein Stück weit damit gearbeitet habe und es kommt mir mißlungen vor, kann ich es einfach vernichten. Doch im Augenblick kommt mir der Einfall nicht schlecht vor. Merkwürdig und anders schon, schlecht aber nicht.

Nachwort

    Die von John Steinbeck übertragenen Geschichten von König Artus und seiner Tafelrunde gehören zu den großen Stoffen der Weltliteratur. Steinbecks unmittelbare Quelle ist Le Morte d’Arthur (Der Tod Arthurs) , eine Sammlung von Prosaerzählungen, die der Raubritter Sir Thomas Malory zwischen 1451 und 1470 im Gefängnis niederschrieb. Malory hat das ursprünglich keltische Material, das ihm aus altfranzösischen und mittelenglischen Versromanen bekannt war, geschickt arrangiert und in einem ganz individuellen Stil nacherzählt. Der Nachwelt wurde sein Werk vor allem in William Caxtons Druckfassung von 1485 überliefert. Steinbeck jedoch empfand – wie andere Kritiker – Caxtons Bearbeitung und den Titel als unbefriedigend, da im Mittelpunkt des Buches, wie er sagt, nicht Arthurs Tod steht, sondern sein Leben und das seiner Ritter. Er griff deshalb auf das 1934 entdeckte Winchester-Manuskript Malorys zurück und gab seiner Nacherzählung den Titel Die Taten des Königs Artus und seiner Ritter.
    Mit diesem Werk, das hier von Christian Spiel dem deutschen Leser in einer gewissenhaften und sensiblen Übersetzung zugänglich gemacht wird, reiht sich Steinbeck in eine lange künstlerische Tradition ein, die Mittelalter und Moderne verbindet. Zu ihr gehören Spensers Faerie Queene und Tennysons Idylls of the King ebenso wie die malerischen und poetischen Gestaltungen der Präraffaeliten und deren geniale Parodie in
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