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Knuddelmuddel

Knuddelmuddel

Titel: Knuddelmuddel
Autoren: Annegret Heinold
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Und zwar richtig leid. Ich habe einen riesengroßen Fehler gemacht. Und wenn ich wüsste, wie ich es wieder gutmachen kann, würde ich versuchen, es wieder gut zu machen.“
    Ich sehe zu João.
    „Du hast mir weh getan“, sage ich.
    „Ich weiß“, sagt João.
    Wir stochern jetzt beide in unserem Bacalhau.
    Schade um das schöne Essen.
    „Warum hast du mich angerufen?“, sagt João nach einer Weile.
    Ja, warum habe ich ihn angerufen. Ich glaube, es war dieser Moment, als ich in der leeren Wohnung stand, nach der Taxifahrt vom Flughafen, die Geschichte vom Senhor do Adeus noch im Ohr. Die Wohnung war leer, aber mir war für einen Moment, als könnte ich Bines und Andreas Lachen hören, ich musste an Evelinas Geschichte von der Kreuzfahrt denken, und an das Bild, wie meine Mutter und Toms Mutter friedlich in meinem Bett schlafen. Ich sah den Stein auf dem Fensterbrett. Den Stein, den der João und ich damals in Figueira da Foz am Strand gefunden haben. Und da hörte ich den Walzer der Amelie. Ich sah auf das Klavier, der Deckel war zugeklappt, die Schachtel mit dem Ring lag auf dem Klavier. Für einen Moment dachte ich, ich höre Geistermusik. Aber dann wurde mir klar: Die Musik kommt aus der Wohnung über mir, aus Evelinas Wohnung. Evelina hörte meine CD, die sie ja immer noch hat. Den Walzer der Amelie. Ich hatte eine ganze Weile nicht mehr an diese CD gedacht, aber eigentlich könnte sie mir die jetzt auch mal zurückgeben.
    „Ich habe dich angerufen“, sage ich, „weil die Nachbarin meine CD gespielt hat.“
    João lacht.
    „Was gibt es denn da zu lachen?“, sage ich.
    „Ach Elke“, sagt João. „Ich liebe deine Art, in Gedanken abzuheben.“
    Ich stocher wieder mit der Gabel im Essen. Der Bacalhau ist jetzt kalt. Hebe ich wirklich so in Gedanken ab? Na ja, vielleicht manchmal.
    „Elke“, sagt João. „Könntest du dir vorstellen, es noch mal mit mir zu versuchen?“
    Könnte ich mir das vorstellen? In diesem Moment wird mir klar: Ja. Ja, ich könnte, denn ich liebe ihn. Ich habe wahrscheinlich nie aufgehört, ihn zu lieben. Ich sehe mich noch auf der Hochzeitsfeier stehen und es brennt mir ein Loch ins Herz, als er Vivian heiratet. Und als Claudio vor mir steht, fliegen alle heimatlosen Emotionen wie freigesetzte Elektronen auf das nächstbeste männliche Objekt. (Subjekt?) Aber kann ich ihm die Sache mit Vivian verzeihen? Na ja, wahrscheinlich irgendwie ja doch ich glaube ja und mit der Zeit schon. Aber vor allen Dingen ist die Frage: Und ich, liebe ich ihn immer noch? Und die Antwort ist: Ja, ich liebe ihn, ja, ich liebe ihn immer noch. Aber was ist mit den Vivians der Welt?
    „Und was ist, wenn wieder eine Vivian deinen Weg kreuzt“, sage ich. „Die Welt ist voller Vivians.“
    „Nicht mehr für mich“, sagt João.
    „Nochmal würde ich das nämlich nicht überleben“, sage ich.
    „Es wird nicht mehr vorkommen“, sagt João. „Versprochen.“
    „Warum ist es überhaupt passiert?“, frage ich. Eine Frage voller – ja, Angst. Wir haben immer so viel Angst. Ich habe immer so viel Angst. Was, wenn er sagt, sie war hübscher als ich. Oder lebendiger. Oder was weiß ich. Besser. Irgendwie.
    „Ein Black-out?“, bietet João an.
    Aber so einfach kommt er mir nicht davon. Noch bin ich voller Skepsis.
    „Nein“, sage ich, das glaube ich nicht. „Das glaube ich nicht.“
    „Panik“, sagt João. „Angst vielleicht. Vor dem Älterwerden, vielleicht. Und da ist es einfach passiert. Ich habe Vivian getroffen und es hat sofort geknistert.“
    Und ja – in der Tat, ich finde es Scheiße, aber ich kann es verstehen. Ich denke an Claudio und an die Treppenhausnacht. An die Magie, die manchmal zwischen zwei Menschen entsteht. Dieses Gefühl, da ist etwas ganz Besonderes. Ich bin doch fast verrückt geworden beim Gedanken an Claudio, als ich auf seinen Anruf wartete ...
    „Elke?“, sagt João.
    „Ja?“, sage ich.
    „Würdest du es nochmal mit mir versuchen“, sagt João. „Könntest du dir das vorstellen? Trotz allem?“
    „Ja“, sage ich. „Das kann ich mir vorstellen.“
    João greift in die Tasche und holt den Ring wieder raus. Er hält ihn einen Moment in der Hand, dann hält er ihn mir hin.
    „Und gibt es jetzt vielleicht die Chance, dass du ihn doch annimmst?“, fragt er.
    „Ist das ein Heiratsantrag?“, frage ich.
    „Ist das ein Ja?“, fragt João.
    In diesem Moment kommt der Kellner und sieht auf die beiden Platten.
    „Hat´s nicht geschmeckt?“, fragt der Kellner
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