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Knuddelmuddel

Knuddelmuddel

Titel: Knuddelmuddel
Autoren: Annegret Heinold
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ich zwar wissen, aber letzten Endes wirklich wichtig ist es nicht.
    „Aber ihr seid verheiratet“, sage ich.
    „Waren“, sagt der João. „Wir haben die Ehe annullieren lassen.“
    „Das geht?“, sage ich.
    Der João nickt und grinst. „Vivians Onkel arbeitet in der amerikanischen Botschaft.“
    „Und das hilft?“, frage ich.
    „Sieht ganz so aus“, sagt João.
    In diesem Moment kommt unser Essen. Der Kellner versucht, das Essen hinzustellen, aber in der Mitte des Tisches liegt der Ring. Der Kellner sieht auf den Ring, die beiden Platten mit unserem Essen in den Händen. Wir sehen auch beide auf den Ring.
    „Dein Ring liegt im Weg“, sagt der João.
    „Nein, deiner“, sage ich. „Es ist dein Ring. Wirklich.“
    „Wenn du meinst“, sagt der João, streckt die Hand aus und nimmt den Ring. Er hält ihn in der Hand, dreht ihn ein-, zweimal und steckt ihn dann in die Tasche seiner Lederjacke. Der Kellner stellt die Platten auf den Tisch.
    „Guten Appetit“, sage ich.
    „Für dich auch“, sagt João, „lass es dir schmecken“.
    „Danke, du auch“, sage ich.
    „Also nochmal, guten Appetit“, sagt João.
    Ich war mal in einer Familie zu Besuch, da waren auch alle so höflich zueinander und als ich zu der Tochter sagte, ihr seid aber höflich miteinander, sagte das Kind: Das kommt, weil wir gestern nicht so höflich zueinander waren. Ich fange an zu essen. Aber ich habe gar keinen Hunger. Ich stochere mit der Gabel im Bacalhau.
    „Schmeckt´s dir nicht?“, fragt João.
    „Doch, es ist ausgezeichnet“, sage ich und in der Tat: Es ist ausgezeichnet. Aber es ist mir plötzlich so, als ob ich alle Bacalhau-Essen mit João parallel sehe. So, als würde alles gleichzeitig existieren. Wie in einem Spiegellabyrinth. Unendliche Elkes und Joãos in unendlichen Restaurants, alle gleich und doch auch anders, sie essen Bacalhau und sie reden und lachen und schweigen. Und manchmal ist es ein trotziges Schweigen und manchmal ist es ein gutes Schweigen.
    Der João und ich in der Algarve, es war kurz, nachdem wir uns kennengelernt haben, da haben wir auch im Bacalhau gestochert, obwohl der Fisch ausgezeichnet war. Aber wir waren furchtbar nervös. Es war einer von diesen Momenten, wo man spürt, jetzt kann sich alles ändern im Leben, hier wird eine Weiche gestellt und man möchte nichts verdaddeln und man hat eine unglaubliche Angst und man hat Angst davor, dass sich was ändern wird und gleichzeitg Angst davor, dass sich nichts ändern wird.
    Der João und ich in der Tasca von Sr Ventura, wir teilen eine Portion Bacalhau, wir haben garnicht nicht viel Hunger und außerdem hatten wir schon Suppe und möchten noch Nachspeise essen und zwar jeder eine, denn Sr Ventura macht den besten Pudim Flan aller Zeiten, genau richtig, mit bitter-süßem Karamell, das er nie kauft, sondern selber aus Zucker und Wasser schmelzen lässt.
    Der João und ich in Figueira da Foz, in dem Restaurant mit Blick auf das Meer und die Wellen. Auf die Felsen. Auf die steigende Flut. An diesem Abend sagt João, ich bin so froh, dass ich dich gefunden habe und ich sage, ich bin so froh, dass ich dich gefunden habe.
    Ein halbes Jahr später lernt er Vivian kennen und ist weg aus meinem Leben. Was ist da passiert? Kann man die Schuld dafür wirklich Vivian mit ihren roten Haaren in die Schuhe schieben?
    „Was ist schief gegangen?“, frage ich.
    „Mit Vivian und mir?“, fragt João.
    „Nein, mit uns“, sage ich. „Was ist passiert, wir haben uns doch geliebt“.
    „Ich liebe dich immer noch“, sagt João.
    Ich sehe ihn an. Hat er das jetzt ernst gemeint und welche Art von Liebe meint er, die Art von: Ich werde dich immer lieben, du bist ein Teil meines Lebens, oder das richtige: Ich werde dich immer lieben, du bist ein Teil meines Lebens, und es ist nicht nur Liebe, es ist auch Leidenschaft und Sehnsucht und Zufriedenheit und Glück. Diese Art von Liebe? Und was ist mit dieser Vivian-Eskapade? Kann man so etwas verzeihen? Der Mann hat mich betrogen. Er hat mich verlassen. An meinem Geburtstag noch dazu. Und das Klavier hat er auch noch mitgenommen.
    „Du hast das Klavier mitgenommen“, sage ich.
    „Das tut mir leid“, sagt João.
    „Und du hast mich wahnsinnig verletzt“, sage ich. „Kannst du dir vorstellen, wie sich das anfühlt, wenn man so verlassen wird? Noch dazu an seinem Geburtstag?“
    „Elke“, sagt João und legt die Gabel hin. Sein Teller ist auch noch voll. Viel hat er auch nicht gegessen. „Es tut mir leid.
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