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Knuddelmuddel

Knuddelmuddel

Titel: Knuddelmuddel
Autoren: Annegret Heinold
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ich. „Das ist er. Sieben Monate und drei Wochen zu spät.“
    „Besser spät als nie?“, sagt Jens vorsichtig.
    „Männer brauchen eben manchmal lange“, sagt Bine. „So sind sie, die Männer, das ist doch bekannt.“
    „Nein“, sage ich. „Es ist wirklich zu spät. Gerade geht es mir gut. Ich habe endlich meine Balance im Leben gefunden, ich fühle mich wohl, dass setze ich doch nicht für eine Affäre mit einem verheirateten Mann aufs Spiel.“
    „Er ist nicht mehr verheiratet“, sagt Vasco. „Rute und Claudio haben sich scheiden lassen, vor einem Monat.“
    „Wirklich?“, sage ich.
    „Ja“, sagt Vasco. „Wirklich. Rute hat es mir neulich erzählt.“
    „Er wohnt in Moskau“, sage ich. „Moskau ist weit weg.“
    „Moskau muss doch nicht für immer sein“, sagt Evelina. „Unis gibt es überall. So ein Job ist eine vorübergehende Sache.“
    „Und er ist zu jung“, sage ich. „Und das ist nicht vorübergehend. Das wird er für immer sein.“
    „Ja, wenn du das als Nachteil siehst“, sagt Andrea. „Ich dachte, ein jüngerer Mann an der Seite ist jetzt in.“
    „Und kein Mensch weiß, was er hier wirklich wollte“, sage ich.
    „Und kein Mensch hat ihn gefragt“, sagt Bine. „Und deswegen werden wir es wahrscheinlich nie erfahren.“
    „Können wir jetzt vielleicht die Nachspeise essen?“, sage ich. „Oder wollen wir meinen Geburtstag im Flur weiterfeiern?“
    Wir gehen alle wieder ins Wohnzimmer. Es gibt Mousse aus weißer und dunkler Schokolade. Also zwei Sorten, Mousse aus weißer und Mousse aus dunkler Schokolade. Mit Sahne und Eierlikör und Streuseln aus Krokant. Es klingelt an der Tür. Alle sehen hoch. Und ohne, dass jetzt einer was sagt, wissen wir alle voneinander, was wir alle denken. Das wird Claudio sein. Er ist zurück.
    Ich stehe auf und gehe zur Tür. Natürlich tut es mir leid, dass ich vorhin so heftig war, aber es hat mich aus den Puschen gehauen, weil ich nicht mit Claudio gerechnet hatte und mit Überraschungen habe ich es ja eh nicht so, ich bin da einfach nicht gut drin. Aber jetzt kann ich es wieder gut machen. Jetzt bin ich darauf vorbereitet. Ich öffne die Tür.
    „Herzlichen Glückwunsch“, sagt Ricky und hält mir einen großen Blumenstrauß hin.
    „Und von mir auch“, sagt Bruno und umarmt mich, was ein bisschen Konfusion gibt, weil beides gleichzeitig passiert und ich will ja nicht den Blumenstrauß zerdrücken.
    „Was ist mit der Bar?“, frage ich.
    „Heute abend geschlossen“, sagt Ricky. „Wir wollten lieber mit dir feiern. Schließlich wird man nur einmal im Leben einundfünfzig.“
    „Pst, nicht so laut“, sage ich, aber eigentlich macht es mir garnichts mehr aus. Einundfünfzig ist ein gutes Alter, finde ich. Und dran ändern kann man eh nichts. Weder mit Botox noch mit positivem Denken. Die Zeit läuft einfach weiter. Da kann Einstein sagen, was er will. Ich gehe mit den beiden ins Wohnzimmer. Die Besetzung aus dem Robertoscope sieht enttäuscht aus.
    „Ist irgendetwas?“, fragt Ricky und guckt irritiert in die Runde.
    „Nein, alles bestens“, sage ich.
    Ich hole Gläser für die beiden. Es ist ein schöner Abend. Alles ist gut. Aber bestens? Ein bisschen was nagt an mir im Hintergrund. Ich versuche es zu ignorieren. Ich werde doch hier nicht umfallen, nur weil sich Claudio einmal an meiner Tür sehen läßsst. Nachher will er nur Hallo sagen und hören, wie es mir geht, und oder schlimmer noch, es wird ein wunderbarer Abend und ich leide hinterher wochenlang, weil er wieder aus meinem Leben verschwindet und nichts mehr von sich hören läßt. Das tue ich mir nicht nochmal an.
    „Was ist eigentlich in dem Päckchen da drin?“, Ricky zeigt auf das Päckchen, das auf einer Ecke des Klaviers steht. Es ist das zauberwürfelgroße Päckchen, dass der Postbote vor Monaten hier abgeliefert hat. Ich wollte es aufmachen, fand es dann sinnlos, weil der João und ich ja nicht mehr zusammen waren, wollte es aber auch nicht zurückschicken. Und so habe ich es auf das Klavier gestellt. Und da stand es als Deko und ich habe mich an die Deko gewöhnt und es in der Tat vergessen.
    „Das ist ein Päckchen vom João“, sage ich.
    „Und was ist drin?“, fragt Andrea.
    „Keine Ahnung“, sage ich. „Ich habe es nie aufgemacht.“
    „Aber du weißt schon, dass Leute, die lange alleine leben, oft skurril werden und dass man da aufpassen muss“, sagt Bine.
    Ich stehe auf und nehme das Päckchen vom Klavier. Bruno streckt die Hand aus, nimmt das
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