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Knockemstiff (German Edition)

Knockemstiff (German Edition)

Titel: Knockemstiff (German Edition)
Autoren: Donald Ray Pollock
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losreißen, und ich sah zu dem Jungen hinüber und entdeckte die Keule, die ihn getötet hatte und neben ihm im Wasser trieb. Er hatte die Augen weit aufgerissen und starrte die bauschigen Wolken an, die am Himmel standen, und das Blut, das ihm aus dem Mund floss, färbte das Wasser zu Wein. Mir wurde klar, was immer ich auch tat, es ließ sich jetzt nicht mehr aufhalten. Das Rad drehte sich ganz von allein, wie damals, als mir diese Burschen in das Schlangennest gefolgt waren. Ich drückte das Mädchen mit einer Hand zu Boden und versuchte, an die Keule zu kommen. Doch das Mädchen war glatt wie ein Aal, und ich hatte Angst, ich würde sie nicht mehr einholen, wenn sie sich losriss. Also packte ich mit beiden Händen ihren Hals und ließ erst los, als da nichts mehr war, nur ihr süßes Gesicht, aufgeblüht wie eine rote Blume, und ein schmaler kleiner Körper, der zu Wachs geworden war.
    Als der andere Soldat in jener Nacht verschwunden war, saß ich oben an der Furche und lauschte, wie sein Kumpel stöhnte und weinte. Ab und zu warf ich einen Stein neben ihn und hörte, wie er wieder von einer der Schlangen angegriffen wurde. Gegen Mitternacht verlor er den Verstand, eine Weile redete er mit seiner Mutter. Er erzählte ihr ein paar Sachen, die er besser nicht hätte erzählen sollen, doch schließlich wurde alles ganz still, und ich wusste, sein Geist war aus ihm gewichen. Am nächsten Morgen kam der andere, der weggelaufen war, mit ein paar Männern in einem großen, tarnfarbenen Laster zurück, und erst nachdem sie wohl vierzig Schuss Schrot in die Flanke der Senke gefeuert hatten, gingen sie hinein und holten die Leiche heraus. Danach ließen sie mich in Ruhe, erst nach dem Krieg kamen sie und holten mich; diesmal ließ ich mich erwischen, denn ich war es leid, mir die ganze Zeit darüber Sorgen zu machen. Ich dachte, sie würden mich hängen oder so was, aber sie steckten mich nur in ein Krankenhaus zu ein paar Kriegsveteranen, die völlig verstört und verrückt waren von dem, was sie im Krieg gesehen hatten. Da gab es Männer, die konnten ihre Pimmel nicht in Ruhe lassen, und andere, die den Fußboden ableckten, bis sie blutige, wunde Zungen hatten. Dort blieb ich zwei Jahre, und eines Tages ließen sie mich einfach gehen und gaben dem jungen Henry Skiver zwanzig Dollar dafür, dass er mich abholte und nach Knockemstiff zurückbrachte.
    Schließlich ließ ich das Mädchen los und stieg das Ufer hinauf. Ich weiß, es klingt komisch, aber als ich wieder zu Atem gekommen war, dachte ich nur daran, wie das Mädchen wohl geheißen hatte. Sie lag mit dem Gesicht nach unten und wurde in dem trüben Wasser weiß wie Schnee; nichts wollte ich mehr, als den Bäumen ihren Namen nennen. Doch obwohl ich ihre Mutter sie dort, wo sie wohnten, zigmal hatte rufen hören, zum Essen oder zur Bettzeit, fiel er mir nicht ein, und dann überfiel es mich und ich musste weinen. Ich weinte sehr lange, ich schätze, das war wohl das erste Mal in meinem Leben, dass ich weinte, und ich weinte noch immer, als ich aufstand und sie durchs Wasser zur gegenüberliegenden Seite des Dynamite Hole schleppte.
    Ich wusste, dass am anderen Ufer eine Höhle lag; die Erde war an der Stelle abgesackt, ich hatte dort oft nach Schildkröten gesucht. Ich drückte das kleine Mädchen unter Wasser, so als wollte ich es taufen, und schob es in das Loch, bis es stecken blieb. Dann ging ich zurück, holte den Jungen und versteckte ihn bei seiner kleinen Schwester unter Wasser, sie hinten, er vorn. Ich fand einen Haufen totes Gestrüpp und schaffte das meiste davon vor die kleine Höhle. Als ich damit fertig war, sammelte ich ihre Kleidung zusammen, die sie in einen Busch gehängt hatten, und versteckte sie in meiner Latzhose, dann schleuderte ich den Knüppel in den Wald. Ich nahm den Kupferkopf, ging über die Weide davon und die Straße entlang. Auf dem Weg die Senke hinauf kam ich direkt am Haus der Mackeys vorbei und sah die Mutter beim Unkrautjäten im Garten.
    Als Erstes goss ich Kerosin über die Kleidung und verbrannte sie hinter dem Schulbus. Dann häutete ich die Schlange und hängte die Haut zum Trocknen auf; am Ende war ich vollkommen erledigt. Ich kroch in den Bus, zog meine Latzhose aus und schlief auf meiner Matratze ein. Als ich aufwachte, sah ich, wie die Sonne gerade hinter der Ebene unterging, und ich beschloss, mir aus der Schlangenhaut einen Gürtel zu machen. Dann schnitt ich eine Dose Bohnen auf, die ich versteckt hatte, und fing
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